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Zu den Premierentagen 2005 freuen sich Monika Sprüth und Philomene Magers, eine Ausstellung mit frühen Arbeiten von Astrid Klein zu zeigen. Diese Arbeiten entstanden in den späten 70er Jahren, zu der Zeit vor Astrid Kleins erster Einzelausstellung in der Galerie Gugu Ernesto in Köln. Seit Mitte der 70er Jahre ist die Schrift ein bestimmendes Bildelement in ihren Arbeiten. Schriftbilder versteht Astrid Klein als räumliche Gebilde, im Sinne Walter Benjamins, der die Schrift zwischen Linearität des Lesens und der Räumlichkeit ihrer Sichtbarkeit angesiedelt, die Schriftbildlichkeit folglich im Sinne einer zu lesenden Anordnung im Raum rückgebunden sieht. Das Lesen und Entziffern sprachlicher Texturen als ein auf die räumliche Ordnung übertragbares Phänomen wurde ebenfalls von Henri Lefèbvre formuliert. Astrid Kleins künstlerisches Prinzip stellt seit den 70er Jahren eine Form der Montage mit vorgefundenem Bildmaterial in Brüchen und Schichten sowie Text und Schrift als weiterer Bildebene dar. Dieses Procedere hat die Künstlerin bis in ihre jüngsten Pigment-Arbeiten auf Leinwand weiterentwickelt.

Die erstmalig in der Galerie Sprüth/Magers präsentierten großformatigen Bild-Textarbeiten lassen ihr Ursprungsmedium aus Film-, Fernsehausschnitten und Magazinen der 60er und 70er Jahre erkennen. Zum großen Teil handelt es sich um Schwarzweiß-Material aus szenischen Filmstills und Fotomotiven. Astrid Klein verwendet bei den hier gezeigten Arbeiten Text, der in Form von stilisierten Sprechblasen oder Textblöcken als Gedanken oder – gegen die Visualität der Bilder – als eine sich der Sichtbarkeit entziehende Ebene eingefügt wurde. Für Astrid Klein gehören zum Denken ebenso die Bewegung, der Gang entlang der Bilder, wie das Stillstehen der Gedanken. Die nicht betitelten Arbeiten greifen rollenspezifische Dialoge, Klischees und Geschlechter-konstruktionen zwischen Mann und Frau auf. Die Vielfalt der durch die Montagetechnik visuell sichtbar werdenden Brüche – etwa durch Schnitte, Überlagerungen, Rasterung und Vergrößerung – in den frühen Schwarzweiß-Arbeiten Astrid Kleins wird hier zugunsten eines eher einheitlich anmutenden Bildraums aufgegeben. In den hier gezeigten frühen Arbeiten bleiben die Bildinterpretationen durch Affirmation oder Antithese in der Schwebe. Fördert die Sichtbarkeit der verschiedenen verwendeten Bildmedien, überwiegend aus dem Medien-Kontext, im Werk Astrid Kleins eine Reflexion über das Trägermaterial und seine ursprüngliche Funktion, so richtet sich bei den hier gezeigten Arbeiten der Fokus auf die offensichtlich unterschiedlichen Kontexte der Bild- und der Schriftebene.

Das Einladungsmotiv zeigt die Ikone des französischen Films, Brigitte Bardot, posierend als auseinander gerissenes Poster an der Wand über einem Bett. Die Abbildung gibt nur ihr Gesicht und den Unterleib frei, auf dem eine Männerhand ruht. Die Schriftzeile „Zähme mich, liebe mich“ scheint der domestizierten Bardot auf dem Fanposter in den Mund gelegt zu sein. Der Titel ist die deutsche Entlehnung von Phillippe de Brocas 1977 gedrehter Romanverfilmung „Julie pot de colle“, in dem eine Protagonistin ihren männlichen Widerpart erfolgreich manipuliert. Der Blick der Bardot fällt auf die Betrachter als Wahrnehmende und Empfindende zurück und rückt sie als Rezeptionsobjekt ins Zentrum der Wahrnehmung. Diesen Rezeptionsprozess versteht Astrid Klein jedoch nicht im Sinne einer rein gedanklichen Selbstvergewisserung wie bei Descartes, sondern gemäß einer häufig diskutierten, wissenschaftlichen These, die Empfindung, Gefühl und Denken in einem Wahrnehmungsvorgang und einer Handlungsentscheidung verbunden sieht.

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Astrid Klein