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Ausstellungseröffnung: 28. August 2008, 18 Uhr

Beat Zoderer, 1955 in Zürich geboren, gilt als ein konkreter Künstler – und ist doch in vieler Hinsicht ganz das Gegenteil davon. Zoderer dekonstruiert und belebt die konkrete, konstruktive Kunst neu, indem er ihre Strenge, ihre Rationalität und ihren Perfektionismus auf subtile Weise aushebelt. Seine Zeichnungen, Bilder, Plastiken und Installationen wurden bereits weltweit in namhaften Institutionen ausgestellt, in der Schweiz sah man sein Werk jedoch bislang nur in Ausschnitten. Das Haus Konstruktiv widmet ihm nun seine schweizweit erste, umfassende Retrospektive und zeigt im Rahmen der über vier Stockwerke angelegten Präsentation Arbeiten von 1984 bis heute. Für den grossen Ausstellungssaal im Erdgeschoss entwickelt Zoderer eine begehbare Installation, die sowohl eine spektakuläre Innen- wie auch Aussenansicht erlaubt.

Zoderers Fähigkeit, seine installativen Arbeiten präzise auf einen Raum hin zu konzipieren, ist vor allem Ausdruck seiner Vorliebe für die radikale Durchmischung von Kunst- und Alltagsraum. Diese Durchmischung erzielt er auch in seinen Bildern. Auf den ersten Blick erscheinen sie häufig streng geometrisch, systematisch aufgebaut, doch auf den zweiten Blick erkennen wir, dass das verwendete Material so gar nicht unseren Erwartungen entspricht. Es sind vielfach Fundstücke oder Materialien aus dem Alltagsleben, die der Künstler sowohl unter ästhetischen wie auch unter inhaltlichen Gesichtspunkten zusammenfügt: Aus Büro- und Lagerwaren, Aktenordnern, Klebebändern, Schaumstoffstreifen und dergleichen generiert Beat Zoderer komplexe farbige Welten, die oft wie ein kritisch-ironischer Reflex auf die von den Konkreten geforderte Materialgerechtigkeit erscheinen. An die Stelle einer streng auf sich selbst bezogenen Kunst, die die Reinheit der Form und die Reinheit der Farbe für sich beansprucht, tritt hier eine Kunst, die sich nichts verbietet und keine Scheu kennt: Nicht vor billigen Materialien, nicht vor einem radikal freien Umgang mit höchst aufgeladenen Themen der Kunst wie Form, Farbe, Raum und Bedeutung. Zoderers Arbeiten überzeugen durch eine starke sinnliche Kraft und durch die subtile intellektuelle Aufforderung, einer konventionellen Sicht auf die Dinge zu misstrauen.

Zur Ausstellung erscheint im Hatje Cantz Verlag die Monographie New Tools for Old Attitudes (224 Seiten, vierfarbig, Text in dt./engl.). Beat Zoderer fasst in diesem Titel zusammen, was ihn am meisten interessiert: unterschiedliche Systeme und Rezeptionsansätze miteinander zu verbinden, um neue und unerwartete Interpretationen zuzulassen.

Die Publikation beginnt 1984, als Zoderer sich noch mit den Symbolen und Legenden aus der Kunstgeschichte beschäftige und zeigt dann chronologisch seine in sich folgerichtige Entwicklung bis zu seinen aktuellen Werken. Nachvollzogen wird diese Entwicklung in einem ausführlichen Gespräch zwischen Beat Zoderer und Dorothea Strauss, in dem Zoderer auf eine entwaffnend unversperrte und zugleich detailgenaue Weise einen einzigartigen Einblick in sein künstlerisches Denken und Handeln erlaubt.

BIOGRAPHIE 1955 geboren in Zürich, lebt und arbeitet in Wettingen und Genua 1971-1978 Lehre und Arbeit in verschiedenen Architekturbüros seit 1979 freischaffender Künstler 1982 Förderungsbeitrag des Kuratoriums des Kantons Aargau 1986 Atelierstipendium der Stadt Zürich in Genua Assistenz bei Prof. Peter Jenny, ETH Zürich 1988 Atelierstipendium der Stadt Zürich in New York 1989/90/91 Bundesstipendium 1991 Stipendium der Stadt Zürich 1994/98 Werkjahr-Stipendium des Kuratoriums des Kantons Aargau 1995 Manor-Kunstpreis des Kantons Aargau 1998 Anerkennungspreis der Max Bill und Georges Vantongerloo-Stiftung, Zumikon/Zürich seit 2000 Stiftungsrat der Camille Graeser-Stiftung, Zürich

EINZELAUSSTELLUNGEN (AUSWAHL) 2007 Beat Zoderer, Ein Haufen Schlaufen, Kunstverein Ulm 2005 Beat Zoderer, Die Linie und ihre Folgen, Wilhelm Hack-Museum, Ludwigshafen 2003 Der doppelte Boden ist tiefer als man denkt, Kunstmuseum Bonn 2002 Kabinettstücke, Museum Liner Appenzell 1999 Bodenübung und andere Wandstücke, Kunstverein Freiburg 1998 Haus Bill, Zumikon/Zürich 1995 Lagerware IX95, Aargauer Kunsthaus Aarau Balloon Frame, Kunsthalle Basel 1992 Richtige Abweichung und falsche Präzision, Helmhaus Zürich 1985 Eine Lanze für A, Kunstmuseum des Kanton Thurgau, Kartause Ittingen

GRUPPENAUSSTELLUNGEN (AUSWAHL) 2006 Light and Shadow, Galerie von Bartha, Basel 2005 SQUARE – Die Sammlung Marli Hoppe-Ritter, Museum Ritter, Waldenbuch 2001 Ein Raum für Robert Ryman, Kunstmuseum Bonn 2000 Carte-de-visite 3: Dada, Revival(s), Kunsthaus Zürich 1998 Sammlung Theo und Elsa Hotz, Museum Jean Tinguely, Basel 1997 Regel und Abweichung, Haus Konstruktiv, Zürich 1996 Am Rande der Malerei, Museum Folkwang, Essen 1992 Frontiera, Forum junger Kunst, Bozen 1991 Kunst Europa – Schweiz, Westfälischer Kunstverein, Münster 1985 5. Biennale der Schweizer Kunst, Kunsthaus Olten