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Gütschows Fotos wirken auf den ersten Blick wie technisch perfekte Landschaftspanoramen, sind aber das Ergebnis eines aufwendigen Puzzles aus Fragmenten der Realität. Als Ausgangsmaterial verwendet die Künstlerin analoge Fotografien, die sie digitalisiert und archiviert. Am Computer setzt sie bis zu hundert Einzelaufnahmen zu einem Bild zusammen. An die Stelle des isolierten Wirklichkeitsausschnitts der klassischen Fotografie tritt die freie Komposition, vergleichbar mit den Möglichkeiten in der Malerei. Auch wenn die Landschaftsblicke und Stadtansichten merkwürdig unkonkret wirken, glaubt man, die vorgeführte Situation so oder ähnlich schon einmal gesehen zu haben. Doch die später unter genauer Betrachtung einsetzende Irritation ist umso größer. Die vorgenommene Manipulation blendet die Realität weder aus noch versucht sie, sie zu überbieten; stattdessen konstruiert sie – aus den Fragmenten des Gegenwärtigen – Erkenntnisräume des Vergangenen (Landschaft) oder Aufzeichnungen des Zukünftigen (Stadt). Der komplexe Entstehungsprozess von Gütschows Arbeiten ist stets mitzudenken, hinterfragt die Künstlerin doch durch ihn die Authentizität fotografischer Reproduktionen. Mit den Mitteln der Fotografie bearbeitet sie ideale Projektionen von Natur und Architektur in der Kunstgeschichte, die bereits zu kollektiven Wahrnehmungsmustern und zur Bildkonvention geworden sind. Schon die Landschaftsmalerei des 17. und 18. Jahrhunderts von Claude Lorrain, Nicolas Poussin oder Jacob van Ruisdael bediente eine Fiktion: Die ideale Landschaft wurde nach einem festgelegten Kompostitionschema im Atelier konstruiert. Im Gegensatz zu den arkadischen Landschaften herrscht in Gütschows schwarz-weißen Stadtbilder eine pessimistische Stimmung: Die großformatigen Fotos zeigen unwirtlichliche Gegenden mit heruntergekommenen Gebäuden, modernistische Fragmente fügen sich zusammen zu einer negativen Utopie.

Die Ausstellung zeigt erstmalig Beate Gütschows neue Serie I (Innenräume), zum ersten Mal in Deutschland sind außerdem neue Arbeiten aus der Serie S (Stadtlandschaften) zu sehen. Bekannt wurde Gütschow mit Arbeiten ihrer Serie LS (Landschaft), aus der in Dresden ebenfalls eine Auswahl gezeigt wird. Insgesamt sind 40, teils großformatige, Arbeiten der 1970 in Mainz geborenen Künstlerin ausgestellt.

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Beate Gütschow place(ments)
Eine Ausstellung der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden
Kunsthalle im Lipsiusbau, Brühlsche Terrasse
Kurator: Mathias Wagner