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Die aktuelle Schaufenster-Ausstellung des Museums O stwall ist dem Fluxus-Pionier Ben Patterson, dem zw eiten Preisträger des MO Kunstpreises „Follow me Dada and Fluxus“ gew idmet. Mit dem MO Kunstpreis, der seit 2014 jährlic h vergeben wird, werden Künstlerinnen und Künstler geehrt, die in ihren Werken und Ideen die Bewegung von Dada, F luxus und Konzeptkunst aufgreifen und lebendig halten.
Ben Patterson, 1934 in Pittsburgh, USA, geboren, st udierte bis 1956 Musik mit den Schwerpunkten Kompos ition, Dirigat und Kontrabass an der Universität in Michigan. Dami t ist er einer der wenigen ausgebildeten Musiker im Kreis der Fluxus- Künstlerinnen und Künstler. 1960 experimentierte Pa tterson erstmals mit elektronischer Musik; im selbe n Jahr lernte er in Köln u.a. Nam June Paik und John Cage und somit die zu jener Zeit progressivsten Musik-Künstler in Deu tschland kennen. Zusammen mit George Maciunas organisierte Patterson 1962 die „Internationalen Festspiele Neuester Musi k“ in Wiesbaden, die als erste Fluxus-Veranstaltung in De utschland angesehen wird. Die Werke Ben Pattersons, die hier zu sehen sind, b ezeugen die enge Verbindung von bildender Kunst, Mu sik und Performance innerhalb der Fluxus-Bewegung. Im Zentr um der Ausstellung steht seine Arbeit “Two for violins“ – Patterson,
after “One for violins” - Paik , aus dem Jahr 1991. Patterson arrangierte die Über reste einer Performance, zwei zerbrochene Geigen und zwei Spieluhren auf Holz zu einer Assemblage. Mit seiner Performance wiederholt er Nam June Paiks berühmte Performance One for Violin , bei der dieser im Zeitlupentempo eine Geige über seinen Kopf erhob, um sie dann mit einem Schlag auf dem vor ihm stehenden Tis ch zu zerschmettern. Ben Patterson interpretierte d ie Performance seines Fluxus-Freundes, die Sie in einer Tonaufnahm e hier in der Ausstellung hören können, mehrfach ne u. So ist auf den Schwarz-Weiß-Fotografien von Wolfgang Träger zu seh en, wie Patterson 1992 in Wien eine Geige mit einem gezielten Schlag auf den – mit einem Topf behelmten – Kopf ei nes Mannes zerstört. Pattersons Interesse musikalische Grenzen und Spiel arten in Performances bzw. Handlungsanweisungen aus zuloten, zeigt sich ebenfalls in seiner „Feathered Fantasy“ for solo voice and small ensemb le, part I & II oder der Variation für Kontrabass und Orchester . Dort hat Patterson ein hölzernes Hasenquintett au f einem Wiesbaden-Teller drapiert; dass die bereitliegenden Essstäbchen dazu dienen sollen, ein en oder mehreren der musizierenden Hasen zu entfern en – und damit Variationen in der Spielweise des dahinter montiert en Notenblattes zu erzeugen – scheint naheliegend... Andere Objekte offenbaren die Vorliebe Ben Patterso ns, gewöhnliche Objekte durch die Transformation zu Kunst zu etwas Außergewöhnlichem zu machen. Einen alten Schr ubber und ein Vogelhäuschen montiert er zu einem Fluxus Cello ; seine A Simple History Of 20th Century Art – zusammengesetzt aus Plastikbuchstaben und einer Co llage verschiedener Alltagsmaterialien – würdigt auf humorvolle Weise die in ihren Diszipli nen revolutionären Künstler der Avantgarde wie John Cage, Marcel Duchamp oder Nam June Paik und be tont ebenfalls die wegweisende Rolle des Fluxus in der Kunstgeschichte. Auch seine mehrteilige Collagearbeit Trains of Thought – Gedanken-Züge – beinhaltet allerlei Alltägliches , das in Holzkästen und auf Platten montiert wurde. Wie anei nandergereihte Zug-Waggons hängen diese untereinand er; auch die Bahnstrecken-Schilder auf der jeweils obersten Plat te verstärken diese Assoziation. Bemerkenswerterwei se benutzt Patterson nur Schilder aus Zügen, die nach berühmte n Komponisten benannt wurden – Bach, Mozart oder Be ethoven – und verweist somit auf seine klassisch-musikalische Ausbildung.
Die Busking- Assemblagen von 2011 stellen die aktuellsten Arbeit en Pattersons in dieser Ausstellung dar. Angeregt v on einem Zeitungsartikel, der von einer Rentnerin beri chtet, die sich aufgrund ihrer zu niedrigen Rente a ls Prostituierte Geld dazuverdient, schlägt Patterson in diesen Collagen diverse Tätigkeiten vor, die man tun könne, „wenn d ie Rente nicht reicht“, z.B. Schlangen beschwören, Violine spielen oder Geschichten erzählen. Auch hier erschafft er mit äußert profanen Dingen aus unserem Alltag – Stofftieren, Spielzeuginstrumenten, Plastikfiguren – und pointierten Texten, teils satirische, teils humorvolle Werke, die seine Tipps für Beschäf tigungen als Senior facettenreich illustrieren.
Das gesamte Oeuvre Pattersons, das durch Performanc es, Assemblagen, Collagen, Notationen und Aktionen viele Formen annimmt, macht deutlich: Hinter der Fassade oftmals simpler oder kitschiger Materialien verbergen sich feinsinnige und wohlüberlegte Bedeutungsschichten, die Ben Patterso n dem Publikum am liebsten mit Humor vermittelt.