press release only in german

Benjamin Badocks Motive seiner großformatigen Holzschnitte sind dem Reservoir einer lakonischen Gegenstandswelt ohne Antlitz entnommen: Plattenbauten, Ecken, Balkone, ein Kaktus, ein Ball; auch Menschen, jedoch Menschen ohne jegliche physiognomische Ausstattung. Was hier zunächst wie eine Überspitzung bestimmter Formprinzipien des sozialistischen Realismus anmutet, die durch Ausschluß von individuellen Merkmalen in eine reine Typenbildung münden, zeigt sich in Badocks unablässigem Spiel mit seriellen Elementen, Modulen, Bausteinen und Elementarformen vielmehr als eine Aufhebung von Typisierung. Aufgehoben wird diese paradoxerweise gerade durch die konsequente Hinführung auf das Prinzip Serialität: Vierzig Formmodule gleichen Formats finden sich in Badocks Druckstockbaukasten, unterschiedliche Farbaufträge erlauben eine unendlich ausweitbare Form-, Farb- und Größenvielfalt der einzelnen Plattenbautypen. Ihre Präsentation in wandfüllenden Reihungen offenbart nun Erstaunliches: Jeder einzelne Plattenbau vermag aus dem gesamten Ensemble hervorzutreten und so ein Gesicht und einen ihm eigenen Ausdruck zu erhalten. Mit einer leisen Ironie führt Badock damit zwei Strömungen der Moderne erneut in die Arena um die Bedeutung von Form und Farbe: Die Lanze einer expressiven Moderne, die sich gern des Holzschnittes bediente um ihre Linienführung mit Ausdruckskraft anzureichern, bricht sich unermüdlich an den (Platten)Bauhauswänden einer konstruktiven Moderne mit ihrer auf geometrische Grundformen reduzierten Sprache. Beide jedoch – so die in Badocks Arbeiten ablesbare Crux – speisen sich aus einem Paradigma der Stilisierung. An dem Punkt jedoch, an welchem die Vertreter einer reduzierten Formensprache Verbindungen herstellen zwischen einem Wesen des Menschen, dessen Bedürfnisstruktur dieser formalen Reduktion analog beschaffen sei, bekommt dies für uns einen Zug des Unheimlichen. Walter Benjamin hatte auch Vertreter der Bauhausarchitektur im Sinn, wenn er anmerkt, dass diese „Räume geschaffen“ haben, „in denen es schwer ist, Spuren zu hinter lassen“. Ein Verlust an Spuren aber gehe einher mit einem Verlust an Aura, ein Verlust an Aura wiederum gehe einher mit einem Verlust an Erfahrungpotentialität. Bekanntlich ist es gerade die Drucktechnik, die bei Walter Benjamin unter Verdacht der Generierung eines Auraverlustes stand. Benjamin Badock fügt nun über den Weg seiner spezifischen Hochdrucktechnik – die ungemein leuchtenden Farben werden dem Druckstock mittels Handabrieb abgenommen – seinen auf den ersten Blick seelenlosen Bildgegenständen wieder Spuren zu, seine Farboberflächen atmen - sind Malerei, seine Plattenbauten, Kamine und menschliche Figuren schreiben sich ein in die Erfahrungs- und Erinnerungswelt des Betrachters.

only in german

Benjamin Badock
Modul-Module