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Ort: Bundesplatzkino Berlin, Bundesplatz 14, 10715 Berlin   Betina Kuntzsch. LICHTSPIELE
6-Kanal-Monitorinstallation

LICHTSPIELE verwendet Bilder aus Endlosfilmen für Laterna Magica sowie Filmfragmenten, die alle in der Zeit um 1900 bis ca. 1930 entstanden.

Die Videokünstlerin Betina Kuntzsch scannte die originalen 35 mm-Filme einzelbildweise und setzte die Filmschleifen im Computer in Bewegung.

Die Filme sind zerkratzt, eingerissen, fleckig, haben sich verzogen, wurden zerschnitten, geklebt, vernäht. Manche sind nur noch in Fragmenten von drei bis fünf Bildern erhalten. Die Bildschicht beginnt sich vom Trägermaterial zu lösen, bei einem Film sehen wir nur noch die Kratzer auf dem transparenten Material. Die Filmschicht – und mit ihr alle Inhalte – ist zerbröselt und verschwunden.

Die Filme lassen die Entwicklung des Kosmos Kino erahnen – mit Bildern großer Dramen, rauschender Feste, Emotionen und Intrigen, Alltagsszenen und -beobachtungen sowie Trickfilmen, Märchen, Fantasien. Wir sehen in große, schwarzgeschminkte Augen, besuchen eine Tierschau, ein Tanzlokal, sehen Soldaten in den Krieg marschieren, Kinderspiele auf dem Dorf, ein Strandbad, einen Sonnenuntergang. Der Zauberer fliegt auf einem Drachen, Frauen strömen aus der Kirche, eine Trickfilmfamilie tanzt Ringelreihen. Große Wäsche, Zähneziehen, Modenschau. Purzelbaum und Schießübungen, Abschied und Wiedersehen, Rotkäppchen und der Wolf.

In der Installation LICHTSPIELE werden die Sequenzen in unterschiedlichen Geschwindigkeiten gezeigt. Die Filme waren ursprünglich für den Heimgebrauch zur Vorführung mit einer Laterna Magica mit Handkurbel gedacht. Diesen ungleichmäßigen Rhythmus nimmt die Installation auf. So ist es möglich, Einzelbilder genauer und länger zu betrachten. Loops werden mehrfach gezeigt. Schwarzbilder setzen Ruhepunkte.

Über die sechs Monitore hinweg kommunizieren die Filmbilder miteinander und mit dem Publikum. Ausgehend von unserer Kinoerfahrung versuchen wir automatisch, verschiedene Spielhandlungen zu verknüpfen.

Die Loops auf den einzelnen Monitoren sind unterschiedlich lang. Durch diesen einfachen „Zufallsgenerator“ entstehen immer neue Kombinationen von Filmbildern. Jeder Betrachter kann seinen eigenen Film zusammen setzen.

Das Bundesplatz-Kino wurde 1919 in einem Berliner Wohnhaus als „Lichtspiele Kaiserplatz“ eingerichtet und ist mit kurzen Unterbrechungen bis heute im Kinobetrieb. Vielleicht wurde die eine oder andere Filmszene der Installation schon einmal hier oder in den darüber liegenden Wohnzimmern angeschaut.

Gefördert durch den Kulturbeirat Charlottenburg-Wilmersdorf