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Eröffnung: Sonnabend, 27. August 2011 16.00 Uhr Thomas Kratz: Performance Schloß Charlottenhof, Garten, im Park Sanssouci (Bhf. Potsdam Charlottenhof)

Es ist eine ungewöhnliche Künstlerliste, die Hans-Jürgen Hafner, der neue Leiter des Kunstvereins für die Rheinlande und Westfalen in Düsseldorf, für "Bild und Träger" zusammengestellt hat. Die 1968 in Coventry gegründete Konzeptkunstgruppe Art & Language etwa trifft auf Friedrich Wilhelm IV. Michael Dreyers Auseinandersetzung mit dem Ausstellungspavillon wird von einer Performance flankiert, in der Thomas Kratz sich mit dem Pseudonym des Königs auseinandersetzt. Und Karl Friedrich Schinkels Planungen für Sanssouci finden sich unvermittelt neben einem verrückt-zerborstenen Fries des Malers Jens Wolf.

So wird die Ausstellung zu einem Laboratorium aus Geschichte und Gegenwart, in der kein Bild mehr selbstverständlich ist. Mehr noch: Wir sind uns nicht mehr sicher, ob wir eigentlich noch Bilder sehen. Das Publikum trifft auf Werke, die scheinbar gerade noch an Hand ihres Rahmens als Bild identifizierbar werden. Es sieht Wandmalerei, in der sich die Formen und Farben miteinander streiten. Es sieht ein Video, das sich zwei Gemälde Schinkels einverleibt und wird mit einem Transparent konfrontiert, das halb Bild, halb Bühnenvorhang ist. Alle Werke sind irgendwie Bild. Alle Werke aber zeigen die Auflösungserscheinungen, denen Bilder in unserer bilderüberfüllten Gesellschaft unterworfen sind. Die Ausstellung wird zum Schattenkabinett der Bilder, in der wir Werk für Werk erfahren, wie unwirklich, unnatürlich, unbegreifbar Bilder sein können. Wer diese Ausstellung sieht, wird nachher die Ecken und Kanten und Brüche in all den Bildern suchen und sehen, von denen wir in Medien und Ausstellungen umgeben sind.

"Bild und Träger" macht so die notwendige Frage, woraus unsere Bilder zusammengesetzt sind, welche Macht sie über uns haben und wie sie unsere Erwartungen prägen, handfest anschaulich. Hans-Jürgen Hafner setzt zu diesem Zweck finessenreich die preußische Geschichte ein. Er macht einen Entwurf Karl Friedrich Schinkels für die Gartenanlage im Schloss Charlottenhof zum historischen Muster seiner Ausstellung. Schinkels Versuch, dem kunstverliebten Kronprinzen einen neuen Masterplan für Sanssouci zu entwerfen - um einen Pfeiler herum wie mit einem Scharnier altes und neues Preußen zu verbinden und so eine bürgerliche Zukunftsvision für den künftigen Regenten vorzuzeichnen -, wird zum Vergleichsmuster für die Gegenwartskunst, die im Ausstellungspavillon zu sehen ist. Schinkels Wunsch, alle Hoffnungen eines historischen Augenblicks in einem ästhetischen Entwurf zu bündeln und so eine politische Wegweisung zu geben, ist in seiner Ambition auch heute aktuell. Auch wir gewinnen unsere Interpretation der politischen Welt aus Bildern und lesen unsere eigenen Handlungsoptionen orakelhaft an Bildern ab, wie sie uns die Medien liefern.

Die Ausstellung im Brandenburgischen Kunstverein Potsdam fragt deshalb in leisen Tönen, was wir den Bildern und was die Bilder uns zumuten. Die Künstler legen den Schluss nahe, dass wir aktiver, skeptischer, jedenfalls bewusster mit den Bildern umgehen müssen. Auf der Freundschaftsinsel in unmittelbarer Nachbarschaft zur frisch rekonstruierten historischen Mitte Potsdams ist das allemal einen nachdenklichen Gedanken wert.

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Bild und Träger
und ein Pfeiler im Park Sanssouci
Kurator: Hans-Jürgen Hafner

mit Art & Language, Michael Dreyer, Friedrich Wilhelm IV., Reiko Kanazawa, Thomas Kratz, Claudia Kugler, Doris Lasch, Ursula Ponn, David Regehr, Karl Friedrich Schinkel, Jens Wolf