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Beraten Sie uns, fürhen Sie uns, wir werden fügsam sein: ich werde Ihrer bedürfen, solange ich lebe. Jetzt, da meine Pflichten als Mann beginnen, bedarf ich Ihrer mehr als je. Sie haben die Ihren erfüllt; leiten Sie mich, daß ich es Ihnen nachtun kann; und ruhen Sie aus, es ist Zeit.
Die letzten Zeilen. In: Jean-Jacques Rousseau, Emile oder Über die Erziehung. Dt. v. E. Sckommodau. Stuttgart, Reclam, 1963.

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Eine Enzyklopädie der Möglichkeiten.

So wie Philipp Blom in seinem wunderbaren, überaus gelehrten Buch zu "der Enzyklopädie" (Philipp Blom, Das vernünftige Ungeheuer. Diderot, d’Alembert, de Jaucourt und die Große Enzyklopädie. Ffm, Eichborn, 2005) das Vorgehen und die Welt der Enzyklopädisten beschreibt, so stellt sich das Werk von Birgit Jürgenssen in seinem enzyklopädischen Ansatz und seiner Vielfältigkeit, welche manchmal als Verlust an Stringenz empfunden wurde, leider erst posthum dar.

Birgit Jürgenssen´s literarisches Denken, ihr Rückgriff auf Heroen der Literatur von Flaubert, Rimbaud, Baudelaire, Nerval, Mallarmé über Lewis Carroll bis Italo Calvino, nicht zu vergessen die gesamte surrealistische Literatur, offenbart sich vor allem in ihren noch unveröffentlichten Tage- und Werkbüchern. „Es war für mich unmöglich zu zeichnen ohne ein Stück Literatur im Kopf zu haben,” so Birgit Jürgenssen. Literatur ist Erinnern.

„Ungesehenes“ zeigt eine Auswahl bisher unveröffentlichter Werke aus dem Nachlass von Birgit Jürgenssen. Im Guardian kürzlich als „brillant verstörend“ beschrieben, präsentiert sich das ungesehene Werk von Jürgenssen. Wie sie selbst einmal erwähnte „durch Verschleiern sichtbar machen“, maskieren, verhüllen, den Sehsinn ablenken und damit Ungesehenes sinnfällig machen. Jürgenssens „ungesehene“ Arbeiten vereinen sich trotz ihrer Divergenz an einem Punkt. Birgit Jürgenssen arbeitete im Medium des Sinns.