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13.11.2022 – 29.01.2023
Ausstellungseröffnung am Sonntag, den 13. 11.2022, 11 Uhr

Boris Lurie & Wolf Vostell – Art After the Shoah

Boris Lurie (1924-2008) und Wolf Vostell (1932-1998) lernten sich vermutlich während Vostells ersten Aufenthalts 1964 in New York kennen. Der in Leverkusen geborene, später in Köln, Paris und Berlin tätige Wolf Vostell galt schon zu Beginn seiner Künstlerkarriere als schillernder Vertreter der international auftretenden Fluxus-Bewegung. Bereits seit den 1950er Jahren thematisierte er in Deutschland das ungeliebte Thema der Shoah. Dabei war Vostells Umgang insbesondere mit den neuen Medien und Fortbewegungsmitteln (Fernsehen, Radio, Flugzeug oder Auto) sowohl von Faszination als auch von Ambivalenz geprägt, getragen von der Skepsis angesichts deren psychologischer und sozialer Wirkmacht.

Der in der Sowjetunion geborene Boris Lurie floh bereits in frühen Jahren mit seinen Eltern nach Riga (Lettland). Als dort jedoch 1941 die Truppen der Nationalsozialisten einmarschierten, wurde Boris Luries Familie größtenteils ermordet. Lurie und sein Vater waren bis zur Befreiung durch die Amerikaner in verschiedenen Konzentrationslagern inhaftiert, darunter auch in Buchenwald. 1946 emigrierten Boris Lurie und sein Vater nach New York, wo Lurie künstlerisch tätig wurde und als Überlebender der Shoah die Realität der Nachkriegsgesellschaft immer mehr zu entlarven begann. Im Kreis der New Yorker Exilkünstler stabilisierte Boris Lurie sein Konzept der Antikunst und gründete 1959 zusammen mit den Künstlerkollegen Sam Goodman und Stanley Fisher die „NO!art-Bewegung“ mit dem Ziel, die Realität der Nachkriegsgesellschaft offen und ehrlich darzustellen.

Im Zentrum der künstlerischen Arbeit von Boris Lurie und Wolf Vostell steht die Auseinandersetzung mit der Realität der Massenmedien, die alle kritischen Inhalte aufsaugen und relativieren. Beide Künstler nutzten die Bildtechniken der Printmedien (darunter insbesondere der Zeitschriften, Zeitungen und Plakate) sowie die Kommunikationsstrategien der Rundfunkmedien, um der permanenten Manipulation entgegen zu wirken und politische Entscheidungen demonstrativ zu hinterfragen. Schlimmer als die erlebten Verbrechen war es für sie, die Gleichgültigkeit ihrer Zeitgenossen und den Zynismus der amerikanischen „Affluent Society“ zu ertragen. Beide Künstler entschieden sich für eine die Realität aufbrechende Kunst, die den Betrachter mit Fakten und Phänomenen der Gewalt konfrontiert, ihn ohne Erklärung und Sinnstiftung zurücklässt und ihn so zu einer Stellungnahme zwingt.

Die Ausstellung verdankt sich der maßgeblichen Förderung durch die Boris Lurie Foundation, New York, des Wolf Vostell Estate, Malpartida sowie der Kooperation mit dem Kunstmuseum Den Haag. Sie wird in Koblenz um weitere Leihgaben ergänzt, insbesondere der BLAF. Nach der Präsentation im Kunsthaus Dahlem und dem Ludwig Museum in Koblenz wird sie 2023 im Ludwig Múseum in Budapest gezeigt.