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St. Agnes – Köln
Vernissage am 22. August 2021 um 12:15 Uhr
Ausstellung vom 23. August bis 12. September 2021

BOSCHER THEODOR
DUSK 2 DAWN

Das Motiv der Einladungskarte zu Boscher Theodors Dusk 2 Dawn eröffnet ein weites Bezugsfeld, in dem sich die Ausstellung verortet. Das Foto, das der Künstler Ende der 1990er Jahre im Museo del Prado in Madrid machte, zeigt eine größere Anzahl von Personen vor Originalkunstwerken – ein Privileg, das pandemiebedingt seine scheinbare Selbstverständlichkeit verloren hat. Gegenstand der Betrachtung ist eines der vieldeutigsten und meistdiskutierten Gemälde der Kunstgeschichte, Diego Velásquezʼ Las Meninas (1656) – ein Metabild, dessen Thema die Repräsentation selbst ist und das buchstäblich das Publikum in den Vordergrund stellt, da sich der Blick des an seiner Staffelei dargestellten Malers auf etwas richtet, das außerhalb des Bildraums liegt.

Während das Motiv der Einladungskarte auf das Medium Malerei hindeutet, verweist der Ausstellungstitel auf den Film als Bewegungs-Bild und Licht-Bild. Und so, wie Las Meninas ein Metabild ist, das die Entstehungsbedingungen des Genres „Herrscherporträt“ reflektiert, ist Robert Rodriguezʼ From dusk till dawn (1996) ein Metafilm, der mit Genre-Konventionen – unter anderem des Vampirfilms – spielt und in dem folglich das Licht eine Hauptrolle spielt. Die neue Werkgruppe der Zelluloids, die Boscher Theodor in St. Agnes zeigt, dekonstruiert die Konventionen der Malerei und deren materielle Grundlagen: (Keil-)Rahmen, Trägermaterial, Figur- Grund-Beziehungen, Farbe. Die an zwei Seiten offenen Rahmen sind auf eine horizontale und eine vertikale Leiste reduziert, und die Stelle des bemalten, mehr oder weniger opaken Trägermaterials wird von zumeist transparenten, leicht spiegelnden 16mm- und 35mm-Filmstreifen eingenommen, die in horizontaler und vertikaler Richtung verwoben sind, wobei ihre losen Enden frei herabhängen. Die Rahmenelemente und die Transparenz dieser (De-)Konstruktionen lassen an die historische Auffassung des Gemäldes als Fenster denken, die der Renaissancearchitekt und Humanist Leon Battista Alberti in seinem Traktat De pictura (1435) formulierte. Tatsächlich übernehmen Boscher Theodors Arbeiten im Kontext von St. Agnes auch eine Funktion von Kirchenfenstern. Im Unterschied zu Letzteren handelt es sich bei diesen Arbeiten jedoch um „Bewegungs-Bilder“. Ihr geometrisches, sich an den Rändern auflösendes Raster zitiert ein zentrales Gestaltungsprinzip der Moderne und kann zugleich als Referenz auf den abstrakten Experimentalfilm gelesen werden. Das verwobene, teils auch geschnittene und neu montierte Filmmaterial wurde buchstäblich gerettet, nachdem es durch die zunehmende Digitalisierung des Kinos obsolet geworden ist. Dank der beweglichen Aufhängung der Arbeiten und mithilfe des Luftzugs als Zufallsgenerator – erzeugen sie eine Art abstrakten Film, der in den Kirchenraum projiziert wird. Sie sind weder Malerei noch Film, weder Fenster noch Spiegel, sondern führen vielmehr vor, wie sich deren Möglichkeiten heute durcharbeiten lassen.

Zur Ausstellung erscheint eine nummerierte und signierte Edition des Künstlers in kleiner Auflage.

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ST. AGNES NEUSSER PLATZ 18, 50670 KÖLN

BOSCHER THEODOR

DUSK 2 DAWN
23. AUGUST BIS 12. SEPTEMBER 2021
ERÖFFNUNG: SONNTAG, 22. AUGUST 2021, 12:15 UHR.
ST. AGNES NEUSSER PLATZ 18, 50670 KÖLN

EINFÜHRUNG: PROF. DR. MARTIN SCHULZ MATTHIAS BARTSCH (ORGEL) SPIELT WERKE VON PHILIP GLASS

DONNERSTAG, 26. AUGUST, 20:00 UHR:
„LICHT IM DUNKELN - SCHWARZE LÖCHER, DAS UNIVERSUM UND WIR“
EIN VORTRAG VON PROF. DR. HEINO FALCKE

SONNTAG, 29. AUGUST, 12:15 UHR : FÜHRUNG DURCH DIE AUSSTELLUNG

FREITAG, 3. SEPTEMBER, 22:00 - 24:00 UHR : DJ MARCUS BÄCKER IN ST AGNES