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In unserer heutigen Mediengesellschaft orientiert sich Wahrnehmung oft am medial vermittelten Bild. TV- und Filmbilder prägen das kulturelle Gedächtnis, Hollywood-Stars und Medienikonen sind die neuen Leitbilder einer umfassenden Medienkultur. Die 6-Kanal Installa-tion "Mother" der Künstlerin Candice Breitz thematisiert die Bedeutung der medialen Bilder und hinterfragt kritisch Hollywoodklischees und gängige Medienstrategien. Bekannte Hollywoodfilme liefern das Material, das die Künstlerin digital bearbeitet, nach einem eigenen Drehbuch neu strukturiert und damit in neue Zusammenhänge überführt.

Auf sechs Bildschirmen ist je eine bekannte amerikanische Schauspielerin in einer ihrer Rollen als Mutter zu sehen. Das Spektrum der Rollenmuster zeigt Mutterfiguren verschiedener Generationen und unterschiedlichen Charakters und umfasst eine breite Palette von Darstellerinnen – Meryl Streep, Shirley McLaine, Julia Roberts, Susan Sarandon, Diane Keaton und Faye Dunaway. Die Figuren werden aus dem ursprünglichen Filmkontext herausgelöst und erscheinen in Candice Breitz' Installation vollkommen isoliert vor einem schwarzen Hintergrund. Ihren fiktionalen Dialogen fehlt der Filmpartner, was ihre emotionalen Reaktionen kaum mehr nachvollziehbar macht. Dennoch entsteht eine eindringliche Atmosphäre, in der die Frauen über ihr "Mutter sein" in Beziehung zueinander stehen und scheinbar aufeinander reagieren. Sampling gehört nicht nur zu den digitalen Technologien, sondern ist Teil unseres Lebensstils geworden. Mit der Technik des Found-Footage, der Wiederverwendung vorgefundenen Bild- und Tonmaterials, verweist Candice Breitz auf die Bilder selbst als Produkte einer zunehmend dominierenden Medienindustrie. Die Dekonstruktion, die sie mit Hilfe dieser recycelten Bilder liefert, ermöglicht einen kritischen Zugang zum medialen Gebrauch von Bildern und den ihm zugrunde liegenden Motiven und Methoden.

In Ergänzung zur Installation präsentieren Candice Breitz und das Edith-Ruß-Haus für Medienkunst erstmalig die neu entstandene Arbeit "One Minute of Mother" (Photographic Score, 2005). Einzelbilder aus der ca. 13-minütigen Videoinstallation werden in eine großformatige Fotoinstallation übertragen. Einer Partitur gleich sind die Filmstills in Reihen angeordnet, die ein abstraktes Abbild von Rhythmus und narrativer Struktur des filmischen Materials und gleichsam eine Notation zum Fluss der Bilder und der Sounds aus der Installation darstellen.

Candice Breitz, geboren 1972, ist in Südafrika aufgewachsen und lebt heute in Berlin. Sie studierte Kunst und Kunstgeschichte in Johannesburg, Chicago und New York. Ihre Arbeiten wurden in zahlreichen internationalen Ausstellungen sowie auf den Biennalen in Johannesburg, Sao Paulo, Istanbul, Taipei und Venedig präsentiert. Einzelausstellungen der Künstlerin waren im Centre d'Art contemporain, Genf; New Museum of Contemporary Art, New York; FACT, Liverpool; De Appel Foundation, Amsterdam; Moderna Museet, Stockholm; Palais de Tokyo, Paris; und im Castello di Rivoli, Turin zu sehen. Im Edith-Ruß-Haus für Medienkunst war sie bereits 2002 im Rahmen der Ausstellung "Total überzogen” mit einer Arbeit vertreten.

Zur Ausstellung erscheint eine Publikation bei Revolver - Archiv für aktuelle Kunst, Frankfurt

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