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  Carl Walter Liner (1914 – 1997) gehört zu den bedeutenden abstrakt arbeitenden Schweizer Künstlern, die in den Jahren und Jahrzehnten nach 1945 – gleichzeitig zum französischen Tachismus, zum amerikanischen Abstrakten Expressionismus, zum deutschen Informel, zur niederländischen Gruppe CoBrA und zur italienischen Gruppo degli Otto – eine Malerei entwickelten, die einerseits als „Veranschaulichung unmittelbarer Lebensimpulse“ (Werner Haftmann) in der Nachfolge des Expressionismus gesehen werden kann und die andererseits unter Berufung auf die Konkrete Kunst der 1930er Jahre die malerischen Mittel selbst (Leinwand, Pigment, Pinselstrich, Farbmischung usw.) zum Thema der Gestaltung erhebt.   Die Ambivalenz zwischen einer subjektiven, an der individuellen Persona orientierten Ausdruckskunst und einer objektiven, an ästhetischen Grundkonstanten arbeitenden universalistischen Bildsprache bestimmt bis heute die besondere Stellung der gestischen Abstrakte in der Kunstgeschichte – sicher auch den Bogen der Rezeption, der noch immer von euphorischer Zustimmung bis zu absoluter Ablehnung der Werke dieser „Schule“, die manche auch nur als zeitgeistige Mode sehen, reicht.    Carl Walter Liner – einer der wenigen Schweizer Künstler, die das Informel kontinuierlich über das Jahr 1965, der historischen Schnittstelle zur pseudorealistischen Popart oder zu den konzeptuell bis performativ agierenden Kunstrichtungen, hinaus weiter entwickelten – bewegte sich mit seinen abstrakten Arbeiten gerade auf der Gratlinie zwischen relativ unkontrollierter, spontaner Malgeste und relativ kontrollierter und kalkulierter Komposition. Die Ausstellung Carl Walter Liner – Rhythmus und Farbe zeigt anhand von über 100 Gemälden und Gouachen aus den Jahren 1950 bis 1975 die beiden Pole der abstrakt-gestischen und abstrakt-geometrischen Malerei des Künstlers. Dabei werden die Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Malbewegungen Liners untersucht. Ein besonderes Augenmerk liegt zugleich auf der Untersuchung der rhythmischen Gestaltungsmethoden Liners, die von der synkopischen Farb- und Formsetzung bis zur syntaktischen Reihung von Farb-Pattern oder Farb-Clustern reichen.   Der Begriff Rhythmus umfasst so die musikalisch-poetischen Akzentmuster, die zeitlichen Gliederungen von malerischen Prozessen, die dramaturgische Abfolge bildnerischer Kompositionselemente wie auch – mehr oder weniger – den biologischen Rhythmus des Künstlers selbst. Mit über 20 Gouachen wird gezeigt, dass der vielschichtige malerische Gestaltungsprozess auch in den eher motivgebundenen Arbeiten auf Papier einen Widerhall findet. Mit dieser Ausstellung führt die Stiftung Liner Appenzell die mit der Eröffnung des Museum Liner 1998 begonnene Reihe monographischer Ausstellungen zum Werk Carl Walter Liners fort. Die Ausstellung Carl Walter Liner – Rhythmus und Farbe stützt sich vornehmlich auf Leihgaben aus einigen privaten Schweizer Sammlungen, die Liners künstlerische Entwicklung mittrugen. Ergänzt wird diese Auswahl um Hauptwerke aus der Museumssammlung.   In der vorliegenden Begleitpublikation zur Ausstellung werden in mehreren Aufsätzen unterschiedliche Gesichtspunkte des künstlerischen Schaffens von Carl Walter Liner beleuchtet. Nicola Fässler, Marc Hoerler, Daniela Mittelholzer und Roland Scotti thematisieren dabei Fundstücke wie das unbeachtete Wandbild Liners in der Kantonsschule St. Gallen (1965/66), Vergleiche und jene strukturellen Momente in der Kunst Liners, die man – mutatis mutandi – in allen abstrakten Werken des Künstlers finden kann. Der Katalog umfasst 120 Seiten, über 100 Abbildungen, macht erstmals Originaltexte Liners in Druckversion öffentlich.

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Carl Walter Liner
Rhythmus und Farbe
Werke aus privaten und eigenen Sammlungen