press release only in german

Carlos León Zambrano
Special Effeggs
08.05. – 04.07.2021

Der in Hamburg lebende Künstler Carlos León Zambrano (*1986 Caracas, Venezuela) hinterfragt reale und fiktive Erzählstrukturen und thematisiert mit Ironie und Ernsthaftigkeit Strategien des sozialen Überlebens. Seine konzeptuellen Installationen bestehen meist aus minimalen Eingriffen in den Raum, die aber oft durch eine Geste oder einen magischen Moment eine starke Wirkung entfalten. Ein Großteil seiner Arbeit ist inspiriert von der informellen Sprache, ihren Chiffren und Codes seines Heimatlandes Venezuela.

In seiner ersten institutionellen Einzelausstellung entwickelt Zambrano für das Kunsthaus Hamburg eine prozessbasierte, ephemere Installation. Von der Decke hängend und auf dem Boden verteilt inszeniert er Objekte, die an seltene Naturalien, wissenschaftliche Instrumente und ethnologische Fundstücke aus fremden Welten erinnern. Organische, amorphe und natürliche Formen bewohnen die Ausstellungshalle, die nun als Teil des Szenarios zu einer Art Experimentierfeld umfunktioniert wurde. Technische Apparaturen ergänzen das eigenwillige Sammelsurium von unterschiedlichen Spezies, die sich in Zeit und Raum auf einem evolutionären Grat zwischen Imitation, Tarnung und Mutation bewegen.

Die stilisierten, teilweise übertrieben exotisch wirkenden Skulpturen sind in einer Rätselhaftigkeit verhaftet und muten wie Beweisstücke aus vergangenen Epochen an. So vermischt sich in Zambranos Installation ironisch das Vokabular des zeitgenössischen, künstlich produzierten Warenfetischismus mit dem naturkundlichen Anschauungsobjekt. Das Massenprodukt des globalen Alltags wird dechiffriert und zu paradoxen Symbiosen neu zusammengesetzt. Durch die Kontextverschiebung hinterfragt Zambrano unsere Konsum- und Unterhaltungskultur und somit auch das westliche Wertesystem. Gleichzeitig äußert er unterschwellig Kritik an der kolonialen Perspektive und verdeutlicht durch die Spielarten der Transformationen, dass Geschichte sowohl aus Wirklichkeit als auch aus Klischee und Fiktion konstruiert ist.

Der Faktor Zeit wird relativ mit dem Verweis auf vergangenes Leben und in Bezug auf die technischen Spezialeffekte der Jetztzeit. So stehen sich Evolutionsgeschichte und Schnelllebigkeit der Gegenwart gegenüber. Im Kontext der Vernichtung der Biodiversität erinnert uns der Künstler daran, dass auch das menschliche Verhalten kein Heldentum ist. So hat sich der Homo Sapiens heute zum größten Raubtier und zum entscheidenden Evolutionsfaktor entwickelt, der die Existenz vieler Lebewesen – vor allem aber auch sein eigenes Überleben – auf’s Spiel setzt.

Kuratiert von Anna Nowak

Carlos León Zambrano (*1989 in Caracas, Venezuela) lebt und arbeitet in Hamburg. Er studierte an der Hochschule für Bildende Künste Hamburg (Master of Fine Arts) and erhielt bereits mehrere Stipendien, darunter das Arbeitsstipendium der Behörde für Kultur und Medien Hamburg für bildende Künstler*innen im Jahr 2019. 2017 wurde er für den Hiscox Kunstpreis nominiert.