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CAROLINE ACHAINTRE. DISSOLVER
21.09.2018 - 18.11.2018

Eröffnung: Donnerstag, 20.09.2018 19:00 Uhr
Begrüßung: Marion Edelhoff (Vorsitzende)
Einleitung: Oriane Durand (Künstlerische Leiterin)

Die in London lebende Künstlerin Caroline Achaintre (*1969 in Toulouse, Frankreich) erhält mit dieser Einladung ihre erste institutionelle Einzelausstellung in Deutschland.

Nach einer Ausbildung zur Kunstschmiedin hat sich die in London lebende Künstlerin für das Studium der Bildenden Kunst entschieden; zuerst an der Kunsthochschule in Halle, wo sie sich hauptsächlich mit Metall beschäftigt hat, anschließend studierte sie in London Freie Kunst am Chelsea und am Goldsmiths College. Dies war für sie der Beginn ihrer Auseinandersetzung mit alltäglichen Materialien und dem Aspekt des Handwerklichen – nicht als Technik, sondern als Mittel, um ihre ästhetischen Ziele und Ideen umzusetzen.

Denn bei ihren farbenfrohen Wandteppichen und Keramiken geht es ihr eben nicht darum, technische Perfektion zu erreichen, sondern darum, das Spannungsfeld zwischen dem Figürlichen und der Abstraktion zu erkunden. Ausgangspunkt ihrer Untersuchungen ist ein ausgeprägtes Interesse für das Unheimliche nach Freud sowie für das Ungeheure als Ausdrucksformen psychischer Zustände.

Masken, Tiere, Körperteile, Kleidungsstücke oder Alltagsobjekte fungieren als Leitmotive. Für ihre Arbeiten lässt sich Achaintre von einer Fülle an Bildern inspirieren, deren Ursprung in postmodernem Design, Plattencovern, in der Hoch- und Popkultur sowie Masken aller Art und hinsichtlich der Kunstgeschichte insbesondere im deutschen Expressionismus liegt. Des Öfteren kombiniert sie verschiedene Motive miteinander, wie zum Beispiel ein Tier mit einem Gesicht. In der Arbeit Bat-8 mischen und überlappen sich beispielsweise zwei Tierfiguren – eine Fledermaus und ein Oktopus koexistieren in der Formung des Wandteppichs. Auf dessen pelziger Oberfläche zeichnet sich zudem ein rosafarbener Schädel bzw. ein Schamane mit einer Tierhaube ab. So erinnern diese hybriden Charaktere an Kreaturen des Surrealismus wie die eines Max Ernst, aber auch an Vexierbilder und Rorschachtests.

Die Assoziationen werden auch durch die Unschärfe der Konturen hervorgerufen. Für ihre Wandteppiche nutzt die Künstlerin die Technik des Tuftings, bei der sie mit einer pistolenähnlichen, elektrischen Maschine Wollfäden von hinten durch die Leinwand schießt. Durch die differierende Länge der Fäden und deren Elastizität mischen sich die weichen Fasern und formen sich zu einer reliefartigen Fläche, auf der Linien und Farben ineinanderfließen. Je undeutlicher die Linien, umso schimärischer erscheinen die Arbeiten. Ein Effekt, der im Ausstellungstitel Dissolver (übersetzt: Lösungsmittel) bereits anklingt: Er verweist auf das programmatische Verschwinden der Grenzen.

Die Verwendung von Wolle führt auch in anderer Hinsicht zu Irritation. In ihren Wandteppichen bildet Achaintre organische Formen ab, wodurch die Wolle oft nahezu wesensgleiche Materialien verkörpert: Kopfhaare, Haut, Fell. Die Nutzung von Materialen, die mit dem Dargestellten konvergieren, wodurch Signifikant und Signifikat interferieren, findet sich in allen ausgestellten Wandteppichen wieder. Beispielsweise formt die Wolle in der Arbeit Neptun das Gesicht einer männlichen Figur und wächst dabei wie „echte“ Barthaare aus der Fläche heraus. Man kann sich nie sicher sein, was man genau sieht.

Achaintre spielt also gerne mit Ambivalenzen. Diesen begegnet man auch, wenn man ihre Arbeiten einem Medium zuzuordnen versucht: Sind es mit Fäden gemalte Bilder oder zweidimensionale Skulpturen, die an der Wand hängen, oder gar Reliefs? Das Material der aus dünnen Tonschichten geformten Keramiken, die zugleich geisterhafte Erscheinungen und Kopfbedeckungen darstellen könnten, ist zwar hart, doch wirken sie aufgrund ihrer Formgebung weich. Durch die Materialbehandlung und Gestaltung verwandelt sich tote Materie zu etwas Lebendigem. So verfügen die Arbeiten über einen stark sinnlichen Charakter und verführen uns dazu, sie zu berühren, zu streicheln oder gar sinnbildlich in sie eintauchen zu wollen.

Zwischen Kuscheltier und schwarzer Magie, Geborgenheit und Fremdheit, Einfachheit und Übertreibung schaffen die Arbeiten von Caroline Achaintre eine Welt voller Spannung, in der expressiver Ausdruck keine Scheu und Grenzen kennt.

KALENDER

DI, 18. SEPTEMBER, 18:00 UHR:
WORK IN PROGRESS mit Caroline Achaintre. Für Mitglieder und Förderer des Dortmunder Kunstvereins. In Deutsch.

SA, 22. SEPTEMBER, 16:00 - 23:00 UHR:
18. DORTMUNDER DEW21-MUSEUMSNACHT
„Maskerade“ - Mitmachaktion für Kinder und Erwachsene, Kurzführungen

DO, 4. OKTOBER, UM 18:00 UHR:
KURATORINNENFÜHRUNG
öffentlich, kostenlos

MO, 15. OKTOBER, 10:00 – 16:00 UHR UND DI, 16. OKTOBER 10:00 –13:00 UHR:
KULTURRUCKSACK: WORKSHOP
Gemeinsam mit der Künstlerin Stephanie Brysch erfahren Kinder und Jugendliche zwischen 10 und 14 Jahren Spannendes zur Bedeutung, Verwendung sowie zur eigenen Herstellung von Masken unterschiedlichster Art. Teilnahme kostenlos, Anmeldung hier

MI, 31. OKTOBER, 18:00 UHR:
VORTRAGSREIHE „TOPOS DER FLÄCHE“ in Kooperation mit Prof. Tillmann Damrau vom Institut für Kunst und Materielle Kultur der TU Dortmund. Zu Gast: Dr. Noemi Smolik (Kunstkritikerin, Bonn) über „Malerei als Illusion, die zu realer Erfahrung wird“

FR, 16. NOVEMBER, 18:00 UHR:
KÜNSTLERGESPRÄCH mit Caroline Achaintre und Oriane Durand in deutscher Sprache