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Das Haus des Architekten glüht in Pink und Terracotta. Es liegt in Tacubaya, einem Vorort von Mexico City. Der Architekt ist ein Synoptiker, der Regionalismus und Modernität in unvergleichlicher Weise mit Kunst und Philosophie verbindet. Er ist ein Muster an distinguierter Diskretion. Er hat zwei Obsessionen: die eine sind Schuhe, die andere Schallplatten.

THE CURVES OF THE NEEDLE ist der Titel des Künstlerbuchs (BAWAG FOUNDATION EDITION Band 5) und der Diashow, die im Zentrum der Ausstellung 299,792,458 KM/S von Cerith Wyn Evans stehen wird, die vom 10. März bis 7. Mai 2005 in der BAWAG FOUNDATION zu sehen ist. Dem 1958 geborenen Waliser, der als experimenteller Filmemacher bekannt wurde, Musikvideos hergestellt und über lange Jahre mit Derek Jarman gearbeitet hat, geht es um emotionale Prozesse und Reflexionen über die programmatischen Momente der Kulturgeschichte. Wyn Evans präzise strukturierte Arbeiten sind immer auch Hommagen an die sündigen Kronzeugen intellektueller Strenge und Kompromisslosigkeit: William Blake etwa, Pier Paolo Pasolini, Brian Gysin und Guy Debord.

Hunderte Schallplatten hat der Architekt Luis Barragán gesammelt. In seinem Wohnhaus, der Casa Barragán, die heute zum Weltkulturerbe der UNESCO gehört, hat Cerith Wyn Evans die Platten auf den alten Grammophonen abgespielt, die im ganzen Haus verstreut sind. Die Aufnahmen waren Wyn Evans' Beitrag zur legendären Ausstellung "The Air is Blue", einer Maßarbeit am Genius Loci, für die Kurator Hans Ulrich Obrist im Jahr 2003 eine handverlesene Schar von Künstlern begeistern konnte. Für die Ausstellung in der BAWAG FOUNDATION hat Wyn Evans sein Material zu einer audiovisuellen Meditation verschränkt. Ein Band mit ausgewählten Tracks, immer wieder durchmischt mit dem Ambient Sound im Haus, läuft zu einer Bildstrecke ab, für die Cerith Wyn Evans Motive aus Wohnung, Atelier und Garten Barragáns photographiert hat. Ein komplexes Arrangement aus Bild und Ton, eine parallel geführte Erzählung zur Kunst des Hörens. Sorgfältig legt Cerith Wyn Evans eine Geschichte über die andere und verweist mit Theodor W. Adorno, der im Titel zitiert wird, auf die historische Ebene der Musik am Beginn ihrer technischen Reproduzierbarkeit.

Für den Ausstellungsparcours hat der Künstler, der das Ephemere und das Paradoxe schätzt, eines seiner bekanntesten Werke mitgebracht: "Inverse, Reverse, Perverse", einen Konkavspiegel, in dem BetrachterInnen auf den Kopf gestellt und verzerrt werden, ihre Körperlichkeit relativ erscheint, dann eine Neonskulptur, die Lichtgeschwindigkeit wörtlich nimmt, wie überhaupt Sprache eine wichtige Rolle in diesem Werk spielt: ein riesiger, blinkender Muranoleuchter im Foyer sendet Morsezeichen aus, Texte aus den "M-Writings" von John Cage. Wyn Evans verwendet eine redundante Kommunikationstechnik, um die Notizen Cages zu verschlüsseln. Tag und Nacht werden sie in den Stadtraum gesendet. Nur wenige werden die Botschaften decodieren, für alle anderen aber bleiben sie im Lichtermeer der Stadt verborgen. (Brigitte Huck)

Pressetext

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Cerith Wyn Evans - 299.792,458 km/s
Kuratorin: Christine Kintisch