press release only in german

Ausgangspunkt der Ausstellung The Absent Forms von Charlotte Moth bildet eine Serie von Fotografien einer bis auf ihre exzeptionellen architektonischen Formen nicht weiter definierten Strasse, die durch diverse Requisiten als Buehne inszeniert wurde. Durch das natuerliche und kuenstlich induzierte Changieren der Lichtverhaeltnisse, den Blick verstellende Paravents, durch in der Bewegung fotografisch eingefrorene Objekte sowie durch spiegelnde Oberflaechen immaterialisierte Panele greift Moth Fragen hinsichtlich des Topos der An- und Abwesenheit, der Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit auf. Dabei rekurriert sie in formal-inhaltlicher Verschraenkung auf Ueberlegungen zur Produktion und Rezeption fotografischer Bilder generell.

Wie schon im Rahmen des seit 1999 fortentwickelten Travelogue, einer stetig erweiterten Sammlung von Fotografien der Kuenstlerin, treibt sie die Auseinandersetzung ueber die Moeglichkeiten der Ueberfuehrung von Recherchematerial in eigenstaendige Arbeiten anhand dieser Serie von semantisch uneindeutigen Bildern weiter voran. Als fotografische Serie, als Fotofilm – der mit Textfragmenten des Kurators Francesco Pedraglio unterlegt ist–, als Teil einer Rauminstallation und als Grundlage fuer die Vertonung durch den Kuenstler und Musiker Sean Dower findet das fotografierte Ereignis der entleerten Strasse in Form einer Collage Eingang in die kuenstlerische Praxis von Charlotte Moth, ohne sich damit dauerhaft festzulegen oder eine Erschoepfung zu riskieren.

Im wiederholten Rueckgriff auf dieses medial sowie zeitlich immer weiter verschobene spezifische Ereignis manifestiert sich somit ein Verfahren, das den prozessualen Charakter sowie die moeglichen Manifestationen bzw. Rezeptionsweisen kuenstlerischer Ideen untersucht, sie jedoch nicht als aus dem Nichts geschoepfte, sondern in einer Oekonomie des Austauschs stehend kennzeichnet und in einem Netzwerk aus fortwaehrend gestellten Fragen und Erwiderungen zirkulieren laesst.

Insbesondere das bewusste Ausklammern einer referentiellen Feststellung der Bilder und das Arbeiten in offenen Serien eroeffnet einen Denk- und Freiraum fuer Mutmaßungen und Imaginationen, fuer Momente der Entfaltung, der Zeitlosigkeit und der Dislokation des sich vervielfaeltigenden Ereignisses. Unter direkter Bezugnahme zum spezifischen Ausstellungsort und -kontext wird dieser kognitive Freiraum auf unterschiedliche Weise aktiviert und die Zeit- und Ortlosigkeit des fotografisch festgehaltenen Moments in der jeweiligen Aktualisierung in die Konkretion der spezifischen Zeit der Ausstellung gekippt.

Charlotte Moth (geboren 1978 in Carshalton, UK, lebt in Paris) studierte an der Slade school of Art (UCL), London (UK), am Fine Art department der Jan van Eyck Acadiemie in Maastricht (NL). 2007 war sie Stipendiatin im Pavillon am Palais de Tokyo, Paris (F), 2008 am Irish Museum of Modern Art (IMMA) und 2009 in der Kuenstlerstaette Schloss Bleckede (D). Zu ihren Einzelausstellungen zaehlen 2010 Comma 18 im Bloomberg SPACE, London (UK), remade in der Galerie Marcelle Alix, Paris (F) und The Black Room im Studio Sandra Recio in Genf (CH); 2009 Behind Every Surface There is a Mystery im Projektraum Schaufenster Kunstverein des Kunstvereins Duesseldorf (D); 2008 Potential Narratives im Process Room am Irish Museum of Modern Art. Zu ihren Gruppenausstellungen zaehlen 2010 Associations bei Arcade London (UK), After Architects in der Kunsthalle Basel (CH), Strange comforts (afforded by the profession) in der Kunsthalle Basel (CH), Les Interlocuteurs am Ecole des Beaux-Arts, Toulouse (F) und Une Exposition (du) Sensible im Centre d'art contemporain la Synagoge de Delme (F); 2009 Its not for reading, Its for making bei FormContent, London (UK); 2008 Pavillon 7 am Palais de Tokyo, Paris (F).

Sean Dower (geboren 1965 in Walsall, UK, lebt in London) studierte Architektur und Skulptur bevor er in den fruehen 1990er Jahren am Stipendienprogramm der Rijksakademie van Beeldende Kunsten in Amsterdam (NL) teilnahm. Seit den fruehen 1980er Jahren interessiert er sich fuer experimentelle Musik und Live-Performances, seine bildende Kunst untersucht oft den „Live“-Moment in Beziehung zu Skulptur und Perfomance. Seine Kunstwerke, Filme und Performances wurden an zahlreichen Orten praesentiert, darunter 1997 Matt’s Gallery (UK), 1998 MOMA New York (USA), 2001 W139 Gallery (NL), 2004 Queensland Art Gallery (AUS), 2006 Timothy Taylor Gallery (UK), 2006 Tate Britain (UK), 2007 IKON Gallery (UK) und 2010 Netwerk Centre for Contemporary Art (BE).

Mathieu Copeland (geboren 1977 in Frankreich, lebt in London) hat eine Praxis entwickelt, welche die traditionelle Funktion von Ausstellungen zu unterwandern und unsere Wahrnehmung zu erneuern sucht. Als unabhaengiger Kurator publizierte er 2003 das Perfect Magazine – ein Magazin, das Weiß auf Weiß gedruckt wurde. Er kuratierte u.a. die Ausstellungen Expat-Art Center/EAC, Soundtrack for an Exhibition und initiierte die Wanderausstellung A Spoken Word Exhibition. 2008 kuratierte er die Ausstellung A Choreographed Exhibition in der Kunsthalle St. Gallen (CH) und am Ferme du Buisson in Noisiel (F). 2009 co-kuratierte er die Ausstellung VOIDS, A Retrospective am Centre Pompidou in Paris (F) und in der Kunsthalle Bern (CH). Er ist Mitredakteur des Katalogs Vides/Voids. Im Sommer 2010 kuratierte er Une Exposition (du) Sensible im Centre d'art contemporain la Synagoge de Delme (F). Weiterhin gibt er eine Sammlung von Kuenstlerfilmen auf DVD heraus.

Francesco Pedraglio (geboren 1981 in Como, Italien, lebt in London) ist ein unabhaengiger Kurator und Kritiker. Er ist Mitbegruender des kuratorischen Projektraums FormContent und Herausgeber des vierteljaehrlichen Fanzines zu kuenstlerischen Texten The Mock and other superstitions. Er hat zahlreiche Ausstellungen in und außerhalb Großbritanniens kuratiert, darunter The Plurality of One im MONITOR, Rom (IT), Through Body and Text bei La Galerie, Paris (F) und The Mythology of Everyday Matter im Bilton Center for Contemporary Art, Calgary (CAN). Er ist Gastherausgeber von Book Works fuer das Projekt The Time Machine (drei neu in Auftrag gegebene Buecher werden im Fruehling 2011 herausgegeben).