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Die Arbeiten von Christian Philipp Müller beziehen sich auf die Orte, an denen sie stattfinden, in komplexer Weise. Deren Geschichte, ihre mythischen Überlieferungen, ihre geologischen, urbanen, architektonischen und ihre soziologischen Komponenten sind Material und Bühne. Müllers Projekte entstehen durch und aus diesen Gegebenheiten, sie sind “ortsspezifisch”. In vielen Fällen enthalten sie einen performativen, vergänglichen Aspekt. Beide Charakteristika widersprechen der Warenförmigkeit von Kunstwerken, die deren Halt- und Handelbarkeit voraussetzt.

In einer Reihe von Galerienausstellungen ging Christian Philipp Müller ähnlich vor. Resolutions (Galerie Christian Nagel Berlin, 2008) und Berlin, Deutschland und die Welt (Galerie Christian Nagel Berlin, 2005), sowie Imagetransfer (Galerie Christian Nagel Köln, 1998) und Köln – Düsseldorf (Galerie Christian Nagel Köln, 1990) waren Kontext bezogene Ausstellungen, die regionale oder “deutsche” Themen aufgriffen und sich jedenfalls immer auf ein nahe liegendes Umfeld einließen. Man kann Müllers Ausstellungen als Kulturkritik (im Sinne reflexiver künstlerischer Praxis) lesen.

In Umsetzungen geht er weiter. Indem er skulpturale “Umsetzungen” ortsspezifischer Projekte ausstellt, visiert Müller das Format “Galerie”, den Verkaufsraum als Schaltstelle im internationalen Kunstbetrieb, in dem Preislisten ausliegen und Angebote verschickt werden, in grundsätzlicher Weise direkt an. Fünf Volumen, nach außen opake “minimal sculptures”, enthalten in ihrem Inneren die “Umsetzung” als Abstraktion und autonomes Werk. Es geht um folgende Projekte (ausführliche Beschreibung siehe unten):

- Glarus Scraping Ball, Kunsthaus Glarus und Klöntal, Schweiz, 2014 - Swiss Chard Ferry, documenta 13, Kassel, Germany, 2012 - Die Neue Welt, Kloster Melk, Kloster Park, 2006 - Hudson Valley Tastemakers, Campus Bard College, Annandale-on-Hudson, 2003 - Von der Sehnsucht im Einklang mit der Natur zu leben, “Projekt Ansitz Löwengang”, Alois Lageder, Margreid, Bozen, Italien, 2001

Sämtliche Projekte haben Landschaften zum Hintergrund und scheinen von ihren Orten nicht transferierbar. Gerade seine der Objekthaftigkeit und kommerziellen Verwertbarkeit entferntesten Projekte also setzt Müller mit edel wirkenden Materialien (Bronze, Stahl, Glas, etc.) und ohne organische Zusätze in elegante “Kunstwerke” um. In dieser Geste und nicht unbedingt in der Inhaltlichkeit der Skulpturen liegt der Kern dieser Ausstellung. Indem Müller innerhalb des Feldes der Kunst die Formate verschiebt, gelingt es ihm “Ortsspezifität” als Umkehrung auszustellen und gerade damit den “Kunst-Ort” (die Galerie als Verkaufsraum) spezifisch zu thematisieren. Die Inhaltlichkeit ist aber dabei deshalb wichtig, weil sie die Differenzierung ins Feld der Kunst hineinholt und sich nicht, wie in ortsspezifischen Projekten “ersten Grades”, mit der Behauptung eines Außen behilft, das hier erst als schon “transformiertes” zu Müllers Material wird.

Das Eichenholz, aus dem die fünf Volumen gefertigt sind, strahlt Beständigkeit und Würde aus. Müllers Umsetzungen sind skulpturale Verschachtelungen der bürgerlichen Institutionen der Kunst und ihrer Wertesysteme.

Christian Philipp Müller, geboren in Biel, Schweiz, lebt und arbeitet in Berlin. Einzelausstellungen unter anderem im Kunstmuseum Basel, Palais des Beaux Arts (Brüssel), Kunstverein München, Kunstverein Hamburg. Unter seinen vielen internationalen Ausstellungsbeteiligungen sind zu erwähnen: documenta X 1997, documenta XIII 2013, Biennale Venedig 1993. Er ist mit Werken vertreten im: Kunstmuseum Basel / Museum Ludwig, Köln / MOCA, Los Angeles /mumok, Wien.