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Die Galerie Michael Janssen freut sich, die vierte Einzelausstellung des Düsseldorfer Malers Christoph Steinmeyer ankündigen zu dürfen.

Christoph Steinmeyer (*1967) gehört zu einer Generation von Malern, die Authentizität der Malerei genauso in Frage stellt, wie die Quellen ihrer Bildfindung. Seit Mitte der neunziger Jahre hat sich der Düsseldorfer Künstler einer Art magischem Symbolismus verschrieben, seine Sujets und die Art seiner Malerei erscheinen wie Hybride, die seither eine ebenso gefährliche wie fundierte Liäson eingehen. Im Jahre 2002 entstehen unter diesen Prämissen üppige Interieurs, deren synthetische Oberflächen Steinmeyers Malerei wie unter einem Bunsenbrenner verschmort. Ein Jahr später malt der Künstler gespenstische Porträts, deren streng symmetrische Form sie wie moderne Rorschach-Tests im biotechnologischen Zeitalter erscheinen lässt. Nicht von ungefähr erinnern die Titel dieser Porträts — “Pandora”, “Medusa” oder “Sphinx” — an den Horror und die Hybris eines Pygmalion, dessen Rolle Christoph Steinmeyer an den mediatisierten Idealtypen der von ihm gewählten Models gekonnt durchexerziert.

Auch wenn der Vergleich mit Pygmalion nahe liegt, so überwiegt bei Christoph Steinmeyer doch der Eindruck, er erwecke weniger seine Sujets, als vielmehr die Malerei selbst zu neuem Leben. Das liegt zum einen an dem bereits angesprochenen Umstand, dass Steinmeyer bewusst darauf verzichtet, die Geschichten oder die “Storyline” seiner Werke wichtiger zu nehmen, als sie sind. Zwar sind diese Sujets Substrate der medialen Bildwelt — wie sie etwa durch die Werbe-, Lifestyle- oder Filmindustrie kolportiert werden— tatsächlich aber verweisen Steinmeyers Bilder nie auf eindeutige Quellen, sondern stets auf eine individuelle oder kollektive Vorstellung davon. Deshalb sind Steinmeyers Bilder, zweitens, keine Amalgame, die etwa bloß massenmediale Bilder in Malerei verwandeln. Vielmehr handelt es sich um Versatzstücke medial übermittelter Muster und Modelle, die Steinmeyer über die Malerei in einen neuen — und ebenfalls nur vorgestellten — Idealtypus überführt. Die Erinnerung wird darin über die Vorstellung zu etwas Potenziellem, das mit dem, was man faktisch als Wirklichkeit bezeichnen würde, nichts mehr zu tun hat.

Diese Spielart des magischen Symbolismus findet in der jüngsten Werkgruppe Christoph Steinmeyers eine neuerliche Wendung. Die Vorlagen seiner Bilder stammen aus Filmen, an die lediglich die titelgebenden Namen ihrer Hauptdarstellerinnen erinnern: “Dolores”, “Gilda” oder “Rebecca”. Dabei treten diese Personen selbst nie in Erscheinung und selbst das Filmset, das diesen Charakteren als Bühne gedient haben mochte, lässt sich als solches nicht mehr eindeutig identifizieren. Tatsächlich eignet sich Christoph Steinmeyer motivisch nicht etwa Standbilder eines Filmes an, sondern er montiert Versatzstücke unterschiedlicher Szenen, um diese — im Sinne eines neuen “Plots” — mit zusätzlichen symbolstiftenden Requisiten anzureichern. So wird in “Dolores” ein scheinbar nahtlos historistisches Ambiente durch eine Tischtennisplatte empfindlich gestört; gezielte Bild-im-Bild-Konstellationen brechen das raumzeitliche Kontinuum der Interieurs immer wieder auf. Die Requisiten einer Gitarre oder eines Roulettekessels in “Gilda” entstammen zwar der Filmvorlage, aber sie eröffnen plötzlich ganz andere Handlungsspielräume. Kerze und Kellergewölbe, Maske und Operationsbesteck verschmelzen in “Violet” zu einem trügerischen Stilleben. In “Rebecca” wiederum avanciert die Standuhr zum Indiz, die Initialen auf dem Koffer wirken verräterisch, die unzähligen benutzten Taschentücher hinterlassen eine böse Ahnung.

Diese Aneignung einer filmischen Ikonographie ist doppelt irritierend, denn sie findet in Steinmeyers Malerei ihre überaus sinnfällige Entsprechung. Der scheinbaren Authentizität der filmischen Schwarzweiß-Ära begegnet er mit einer Grisaillemalerei, die erst bei genauerem Hinsehen eine feine und detailreiche Chromatik freilegt. In perestaltischen Wellen durchströmt diese Malerei den schönen Schein dieser Bilder — so, als handle es sich dabei um Traumsequenzen, wie man sie aus Filmen kennt. Und überall Koffer — von der großen Schranktruhe bis zum kleinen Kosmetikköfferchen. Man möchte sie öffnen und doch lieber geschlossen halten. Denn aus ihnen scheint der Geist dieser Malerei entströmt zu sein. Er scheint die Leinwände zu füllen, nur um sich gleich wieder zurückzuziehen. Wie im Film. Wie im Traum. Ganz selten findet man dieses phantastische Potenzial in der Malerei. Bei Christoph Steinmeyer schon.

Pressetext

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Christoph Steinmeyer: Hotel Déjàvu