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CLUB QUARANTINA

Beteiligte Künstler:innen: AICANON & Karen Paulina Biswell, Lena Marie Emrich, Marco Godinho, Constantin Hartenstein, Jil Lahr, Zora Mann, Filip Markiewicz, Simon Mullan, Mary-Audrey Ramirez, Grit Richter, Finja Sander, Eric Schumacher & Wolfgang Tillmans.

Kuratiert von Gilles Neiens

10. April–15. Mai 2021
Die Ausstellung wird voraussichtlich bis Ende Mai verlängert. Eröffnungstag: Freitag, 9. April 2021, 14–21 Uhr

Am 11. März 2020 erklärte die Weltgesundheitsorganisation WHO die Atemwegserkrankung COVID-19 offiziell zu einer Pandemie. Nach und nach schotteten sich immer mehr Länder ab und verhängten Ausgangssperren für ihre Bevölkerung. Die Zeit dieses ersten weltweiten Lockdowns im Frühjahr 2020 wird unweigerlich als Zäsur in die Geschichtsbücher eingehen.

Das komplette System einer globalisierten Gesellschaft wurde für einige Wochen lahmgelegt und fiel darauf wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Es zeigte sich: „ (...) so viel Wissen über unser Nichtwissen und über den Zwang, unter Unsicherheit handeln und leben zu müssen, gab es noch nie.“ Vieles verlagerte sich sehr schnell in den virtuellen Raum, wie beispielsweise die Arbeit, die Schule und sogar der Sport per Video-Live-Schalte. Auch Familien und Freunde trafen sich online und veranstalteten Partys, um den Kontakt nicht zu verlieren. Digitale Clubnächte entstanden, allen voran der queere „CLUB QUARANTINE", von dem der Titel dieser Ausstellung inspiriert ist. „Stay Home“ und „Stay Safe“ wurden zum Mantra einer isolierten Gesellschaft, die „on hold“ war. Arbeits-, Wohn- oder Mobilitätsmuster, Konsum- und Kommunikationsgewohnheiten veränderten sich unaufhaltsam und möglicherweise dauerhaft. Die Pandemie beschleunigte diesen ohnehin schon laufenden Strukturwandel.

Auch Kunst und Kultur mussten in Quarantäne. Für viele der oft in prekären Verhältnissen lebenden Künstler:innen kam dies einem Schock gleich und die finanziellen Einbußen der zahlreichen abgesagten oder verschobenen Ausstellungen, Performances und Konzerte steigen weiterhin. Welche genauen Auswirkungen die Maßnahmen für uns als Gesellschaft und für die internationale Kunstwelt langfristig haben werden, ist in seiner Gänze noch lange nicht abzusehen. Laut einer Ende Januar 2021 veröffentlichten Studie, hat die Kultur in Europa mehr unter der Corona-Krise gelitten als andere europäische Wirtschaftszweige. Dies verheißt nichts Gutes!

Oftmals wird Künstler:innen “ein Gespür für wechselnde Stimmungen, Angst und Zweifel” zugesprochen, weshalb sich die Frage aufdrängt, wie unterschiedlich mit dem Präzedenzfall einer kulturellen Quarantäne umgegangen wird? Folgte auf die anfängliche Schockstarre eine nie dagewesene Produktivität und erschufen die Künstler:innen in ihrer Isolation nun wahre „Meisterwerke über die Krise“ wie Kunstkritiker Jörg Heiser hofft? Oder hatten einige keine Zeit zwischen Hausunterricht und den Bergen an Verwaltungsarbeit? Gab es sogar eine Vorahnung, dass es allgemein und insbesondere in der Kunst nicht mehr so weitergehen konnte wie bisher?

Heute kann aber schon festgehalten werden, dass die Kunstwelt keineswegs untätig blieb. Viele Künstler:innen, Galerist:innen oder Kurator:innen nutzen die neuen digitalen Wege der Kommunikation, um Kunst zu präsentieren. Ob in Viewing-Rooms, bei gestreamten Live-Touren über Instagram, oder in Podcasts: Überall wurde um die Gunst des Kunstpublikums gebuhlt. Einige Ausstellungsformate wurden in Schaufenster oder direkt ins Freie verlegt, um sie ohne Ansteckungsgefahr erleben zu können. Mit anderen Worten: eine neue Kunst-Erfahrung war und ist möglich. Vieles davon wäre wahrscheinlich ohne die Pandemie nicht zustande gekommen.

Die Ausstellung Club Quarantina zeigt nun einen exemplarischen Querschnitt von Kunst und Kunst-Experimenten, die rund um den ersten Lockdown 2020 entstanden sind. Mit dem Abstand von einem Jahr wird der Frage nachgegangen, wie sehr Corona retrospektiv die ausgewählten Künstler:innen und deren Kunst beeinflusst oder gar verändert hat. Für die Betrachter:innen an den verschiedenen Standorten wird dabei zentral sein, die Werke unmittelbar in einem Ausstellungskontext und nicht rein virtuell zu erleben und sich dabei den teils unbequemen Wahrheiten dieser “Lockdown-Kunst” zu stellen. Die Themen sind vielfältig und reagieren auf gesellschaftliche Veränderungen und deren Konsequenzen: Isolation und Sinnsuche, Humor und Eskapismus, sowie apokalyptische Ängste angesichts der radikalen Erfahrung, dass die Welt nach Corona eine andere sein wird.