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Cornelis Bega
Eleganz und raue Sitten
Ein Haarlemer Maler des 17. Jahrhunderts
Kurator: Bernd W. Lindemann

Gemäldegalerie Berlin

Erstmals wird Cornelis Bega (1631/32 -1664) eine umfassende Einzelausstellung gewidmet. Bega, ein angesehener Haarlemer Maler, malte vorwiegend ländliche Genreszenen; er wurde als einer der besten seiner Zeit hoch gelobt. Gezeigt wird auf 200 qm in der Ausstellung am Kulturforum eine repräsentative Auswahl von 70 Gemälden, Zeichnungen und Radierungen, vor allem aus den letzten Schaffensjahren des Künstlers, in denen er begeisternde malerische Eleganz und farbliche Raffinesse erreichte.

In der Ausstellung sind alle Themenbereiche des äußerst vielfältig und virtuos arbeitenden Malers vertreten: Bauern in zwielichtigen Kaschemmen oder sinnliche Paare beim Musizieren ebenso wie Szenen sittsamen Familienlebens sowie obskure Wissenschaftler bei der Arbeit im „Labor“. Zu den Highlights der Ausstellung zählen: „Gebet vor der Mahlzeit“ (Amsterdam, Rijksmuseum); „Der Alchemist“ (Los Angeles, The J. Paul Getty Museum); „Das Duett“ (Paris, Musée du Petit Palais, Musée des Beaux-Arts de la Ville de Paris). In schlichter Schankkate, in dumpfer Stube, erleichtert sich ein als Rükkenfigur wiedergegebener Mann an der Wand – vor ihm sitzt, neben einem rohen, Tischersatz bietendem Fass, eine Frau. Doch was hat sie in der Hand? Ein edles, langstieliges, teures Glas! Und wie hält sie es? Graziös mit Daumen und Zeigefinger ergreift sie es, also ganz und gar nicht nach Bauernart, zumindest nicht nach Art jener Bauern, die uns in den Gemälden Adriaen van Ostades begegnen, jenes Malers, in dessen Atelier Cornelis Bega sich aufgehalten hatte, von dessen Kunst er ausging, bevor er seinen eigenen Stil fand. Das holländische Bauerngenre fußt ebenso wie das ihm zeitlich vorausgehende flämische letztlich auf literarischen Traditionen, die sich bis in die Antike zurückverfolgen lassen – und wie diese literarischen Zeugnisse ist es absolut fiktiv, hat mit der gelebten Wirklichkeit nichts zu tun. Das Landvolk dient dem städtischen Kunstliebhaber als Gegenpol zu seiner eigenen, durch Religion und mannigfache Vorschriften regulierten Welt. Und da dies Bauerngenre so absolut erfunden ist, kann Cornelis Bega ihm eine neue und eigene Facette abgewinnen: in seinen Bildern wird Armut mit Anmut versöhnt. Und so begegnet uns neben den derben Aspekten dieses Genres das Bauernpaar, wie es über seiner abendlichen Suppe betet oder zärtlich das Neugeborene neckt. Die Malerei des Cornelis Bega erschöpft sich jedoch nicht im Bauerngenre. Daneben greift der Maler das Thema des Alchimisten auf oder das des Astrologen; Bilder von Typen im Randbereich zwischen Wissenschaft und Scharlatanerie. Oder er widmet sich dem Thema der Musik, wo er, vor allem bei den beteiligten Damen, den in unserem Titel erwähnten Aspekt der Eleganz ins Spiel bringt.

Was aber immer Cornelis Bega malt: Beeindruckend ist die feinmalerische Qualität seiner Bilder, seine Fähigkeit, die Beschaffenheit unterschiedlicher Oberflächen vorzuführen, sie uns nahezubringen wie zum vermeintlichen Greifen – vor allem bei den Textilien (Kleider, Vorhänge, Teppich…), aber auch bei den üppig eingestreuten stillebenhaften Details (Bücher, Krüge, Musikinstrumente, Wärmeöfchen…). „Tausend Stufen von Grau“: So charakterisiert Peter van den Brink den Zauber der Begaschen Bilder. Und in der Tat meistert der Künstler bravourös die Schwierigkeit, mit reduzierter Palette ein Höchstmaß an Atmosphäre zu schaffen; es entstehen durch seinen Pinsel an Monochromie heranreichende Kostbarkeiten mit gezielt eingestreuten Lokalfarben – ein kühles Blau dort, ein intensives Rot hier. Die Ausstellung zeigt die Bilder zu Gruppen geordnet, um deutlich zu machen, wie Bega mit dem Repertoire seiner Kompositionen spielte, wie er seine Figuren immer wieder zu neuen Konstellationen vereinte. Dieses Repertoire bereitete Bega durch Zeichnungen vor, Studien von weiblichen und männlichen Modellen, bei denen er vor allem die Wirkung der Kostüme erprobte, aber auch bildmäßige Anlagen, in denen er komplette Kompositionen entwarf oder für sein Repertoire festhielt.