press release only in german

Matthias Fritsch setzt sich in der Ausstellung "Credits Without Crisis - Prophetic Appropriations" ironisch mit der Appropriation-Art der 80er Jahre auseinander. Anders als die Künstler der Appropriation-Art bedient sich Fritsch aber nicht aus dem Werkkosmos bekannter Künstler, der Kunstgeschichte oder der Werbung. Stattdessen bezieht er sich auf Arbeiten mit ihm befreundeter, zumeist noch unbekannter Karlsruher Künstler. Nicht der vergangene Ruhm wird hier am Problem der Autorschaft hinterfragt, sondern das Offene des Kommenden.

Zur Finissage von "Credits Without Crisis" am 28. April hat Matthias Fritsch die von ihm imitierten Künstler zu Interventionen in der Ausstellung eingeladen. Die Einzelausstellung wird an diesem Abend somit zu einer performativen Gruppenausstellung in der die, namentlich bereits vertretenen, Künstler dazu aufgerufen sind, Ver-Antwortung für die ihnen zugeschriebenen Arbeiten zu übernehmen. Durch die Interventionen kommt es zum einen zu einem (Wieder)Aneignungsprozess der eigenen künstlerischen Handschrift, der die Frage nach der Autorschaft noch einmal zuspitzt und zum anderen treten die appropriierten Künstler durch ihre Eingriffe auf Fritschs "Prophetic Appropriations" in einen Dialog mit der bestehenden Ausstellungssituation. Die Frage, was dabei Original und was Kommentar ist, bleibt offen.

Die ausgestellten Arbeiten beziehen sich auf folgende Karlsruher Künstler:

Thomas Straub Kevin Matweew Kilian Kretschmer Daniel Fabry Patrizia Roeder Annabel Lange Andreas Lorenschat

Die Ausstellung in der Morgenstraße ist Teil eines Ausstellungsprojekts, bei dem Matthias Fritsch ab Anfang April drei aktuelle Werkgruppen unter dem zusammenfassenden Titel "Art Jockey" zeitgleich an drei unterschiedlichen Ausstellungsorten in Karlsruhe präsentiert:

Im ZKM wird vom 3.4. bis 26.4. die Arbeit "Parallaxe" zu sehen sein, in der Landschaftsszenarien in einem High-Definition-Panaroma begehbar gemacht werden. In der ZKM Reihe "Produced at PanoramaScreen" zeigt Matthias Fritsch vier "natürliche" und vom Tourismus scheinbar unberührte Orte, die Traum und Sehnsucht einer hochtechnisierten Welt reflektieren. Die paradiesisch anmutenden "Naturräume" werden hier als technisch manipulierte Kunsträume begehbar. Die Erfahrung des natürlichen Schönen wird im Anblick der unberührten Natur durch eine Erfahrung des technischen Schönen ersetzt.

Im Badischen Kunstverein ist vom 23.4. bis 14.6. die Arbeit "Music from the Masses" zu sehen, in der Matthias Fritsch das Internet und Userportale wie YouTube als künstlerisches Medium nutzt. "Music from the Masses" besteht aus über 50 Musikvideos, in denen Musiker aus der ganzen Welt verschiedene von Fritsch produzierte Film- und Video-Clips musikalisch interpretiert haben. Fritsch reflektiert und konzentriert hier sowohl die gängige Praxis der Veränderung und Benutzung von Filmen und Videos auf Portalen wie YouTube, als auch Begriffe wie Urheberschaft und Distribution, die für die Wahrnehmung von Kunst von elementarer Bedeutung sind.

Die verschiedenen Ausstellungen selbst werden zudem als offene Plattformen genutzt. Am 26. April wird es im ZKM-Medientheater ein "Open Screening" geben, bei dem Studierende der HFG Karlsruhe den PanoramaScreen nutzen, um eigene Arbeiten vorzustellen. Im Badischen Kunstverein wird der Künstler für einen begrenzten Zeitraum ein Life-Studio einrichten, in dem weitere musikalische Interpretationen der Videos vor Ort produziert und anschließend in die Ausstellung integriert werden können. Außerdem wird es am 29. April ein Künstlergespräch mit Matthias Fritsch zum Thema "Techno Viking: ein Echo aus dem Web 2.0" im Badischen Kunstverein geben.

Der Anspruch, drei Werkgruppen zeitgleich an drei Orten in Karlsruhe zu zeigen, verdeutlicht die komplexen Verknüpfungen der an sich sehr heterogenen Arbeiten von Matthias Fritsch. Fragen nach der kollektiven und technisch gesteuerten Wahrnehmung und Produktion bestimmen die Arbeiten genauso wie das experimentelle Einbeziehen sozialer Netzwerke in die künstlerische Produktion und Distribution.