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Ort: Remise

In Spanien macht die Künstlerin Cristina Lucas (geboren 1973 in Jaén, lebt in Madrid) seit einigen Jahren durch ihre politischen Installationen, Filme und Performances auf sich aufmerksam. Focal Distance (dt. Brennweite), ihre erste institutionelle Einzelausstellung in Deutschland, zeigt zwei filmische Arbeiten, die vom archetypischen Traum vom Fliegen handeln und ihr kritisches Potential, wie so oft bei Lucas, auf eine vordergründig leichtfüßige Art entwickeln. Bereits der Titel kündigt die technische Vorgehensweise und den Perspektivenwechsel an, den die Künstlerin vollzieht. Denn die Erfüllung des Traums vom Fliegen zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts erlaubte nicht nur die Erschließung neuer Perspektiven aus der Höhe. Die Eroberung des Himmels bedeutete zugleich das Ende eines Mythos und läutete eine neue Ära der Kriegsführung ein.

Für ihre Video-Arbeit Piper Prometheus (2013) versieht Lucas ein um Badalona kreisendes Flugzeug, eine katalonische Stadt, der eine wichtige Rolle in der Industrialisierungszeit Spaniens zugeschrieben wird, mit einem langen, weißen Banner. So wird in natura die darauf aufgedruckte weltverändernde Auftriebsfor-mel (L = (1/2) d v2 s CL) veranschaulicht. In From the Sky Down (2013) fokussiert Lucas hingegen auf die destruktive Kraft der technologischen Errungenschaft: Ausgangspunkt für die nahezu dreistündige Drei-Kanal-Installation im Hauptraum der Remise sind Cristina Lucas umfangreiche Recherchen zur Geschichte der Luftangriffe. Minutiös verzeichnet und verdichtet die filmische Kartografie alle dokumentierten Bom-beneinschläge mit zivilen Opfern seit 1912. Unterteilt ist das Projekt in drei Kapitel: Der erste Teil reicht von 1912 und bis 1945, mit dem Jahr des ersten Atombombenabwurfs. Das zweite Kapitel führt bis ins Jahr 1989, schließt also mit dem Ende des Kalten Krieges und mit dem Fall des Eisernen Vorhangs. Das noch unvollendete dritte Kapitel, das zum Künstlergespräch fertiggestellt sein wird, umfasst die Zeit da-nach und reicht bis in die Gegenwart, in der militärische Demonstrationen von Macht und Fortschritt im-mer stärker von ferngesteuerten Luftangriffen bestimmt werden.

Häufig verhandelt Cristina Lucas in ihren Arbeiten kulturelle, soziale und politische Machtstrukturen und die individuelle Freiheit einschränkende Mechanismen, die sie produzieren. Dabei schafft Lucas wirkungs-starke Bilder und verwebt sie zu oft ikonoklastischen Erzählungen, die ihre diskursive Kraft aus alltägli-chen, banalen Zusammenhängen schöpfen.

Cristina Lucas studierte an der Universidad Complutense de Madrid und University of California, Irvine. Einzelausstellungen widmeten ihr unter anderem das Centro Andaluz de Arte Contemporáneo (CAAC), das Museo de Arte Contemporanea (MAC) in Santiago de Chile, das Museo Amparo Puebla, Mexikostadt und Stedelijk Museum Schiedam. Zuletzt waren ihre Arbeiten in einer umfassenden Einzelschau im Madrider Matadero zu sehen. Zudem war sie an vielen internationalen Gruppenausstellungen wie in dem Guggen-heim Bilbao, dem Museo Thyssen-Bornemizsa in Madrid oder im Moscow Museum of Modern Art (MMOMA) beteiligt.