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Eröffnung: 02.06.09

Das MUMOK zeigt zum ersten Mal in Österreich eine Werkschau des bedeutenden amerkanischen Künstlers Cy Twombly (*1928). Der seit den späten 1950er Jahren in Italien beheimatete Künstler tritt aus dem Umfeld des Abstrakten Expressionismus eines Jackson Pollock, Willem de Kooning und Mark Rothko heraus. Twombly wurde mit einem eigenwilligen, gestischen Stil mit schriftartigen Zeichen, die er auf großformatigen Leinwänden ins Monumentale steigert, berühmt. Seine Beschäftigung mit Lyrik und die Faszination für klassische Mhytologie beeinflussten sein Werk ebenso wie mediterrane Landschaften und Lichtverhältnisse. Die Ausstellung „verwebt“ rund 200 Arbeiten aus allen Schaffensphasen und integriert erstmalig neben Malerei, Skulptur und Zeichnung Twomblys nahezu unbekanntes fotografisches Œuvre.

Cy Twomblys Werk entwickelt sich seit seiner Studienzeit – mit Robert Rauschenberg besuchte er in den 1950er Jahren das legendäre Black Mountain College – parallel in unterschiedlichen Gattungen: Malerei, Skulptur, Fotografie und Zeichnung korrespondieren in einem ständigen Transfer: Twombly zeichnet in seine Gemälde, er verwendet Ölfarbe in seinen Zeichnungen, bemalt seine Skulpturen und nimmt in seinen Fotografien Bezug auf seine Bilder und Objekte. Die Retrospektive im MUMOK zeigt eine Zusammenschau aller Medien, macht deren Gleichzeitigkeit und subtile Verflechtung bewusst und erfahrbar. Sie gliedert sich lose in Themengruppen, wie die Etablierung der Farbe Weiß, die Verwendung von Schrift, die Bedeutung von Collage-Prinzipien und ästhetischer Ausdrucksmittel wie das Herabfließen der pastos aufgetragenen Farbe.

Kaum ein anderer Künstler des 20. Jahrhunderts ließ sich so bedingungslos auf den „Nullpunkt“ der modernen Kunst ein wie Cy Twombly. Schreibübungen von Kindern, gedankenverlorenes Gekritzel und Graffitis auf Hauswänden dienen ihm als zeitgenössische Ausgangspunkte, um den Erfahrungsgehalt mythischer Erzählungen zu aktualisieren und einen Bogen zu den großen Themen der mediterranen Kulturgeschichte zu spannen. Dabei macht gerade der Wechsel zwischen Sensibilität und Vulgarität, filigraner Technik und Expressivität die ungeheure Spannung seiner Arbeiten aus. Die Farbe Weiß, die für Twomblys Bilder und Skulpturen bestimmend ist, bildet gleichsam die Matrix dieses Verwandlungsprozesses: sie registriert die vielfältigen Spuren des Arbeitsprozesses und eröffnet zugleich einen poetischen Möglichkeitsraum, den Twombly suggestiv mit Inschriften, Namen und Verszeilen von DichterInnen wie Rainer Maria Rilke oder Sappho auflädt.

Es ist bisher kaum bekannt, dass sich Twombly seit den frühen 1950er Jahren kontinuierlich mit Fotografie beschäftigt. Sein reiches fotografisches Werk wird erstmals in der Wiener Gesamtschau integriert. Stilmittel wie die bewusst eingesetzte Überbelichtung oder Effekte der Unschärfe lassen sich dabei vielfältig auf Twomblys Verwendung des Weiß oder des „Zerfließen-lassens“ von Farbe und Form beziehen. Nicht zuletzt aber geben die Fotografien – vergleichbar mit den Studio-Fotografien von Künstlern wie Constantin Brancusi – einen Einblick in das für Twomblys Schaffensprozess so wichtige Arbeitsumfeld: sei es in seiner Wahlheimat Rom, seinem nördlich von Rom gelegenen Landhaus in Bassano di Teverina, dem Küstenort Gaeta, oder aber, in jüngster Zeit, wieder in seinem Geburtsort Lexington.

Zur Ausstellung im MUMOK erscheint ein reicht bebildeter Katalog mit Textbeiträgen von Edelbert Köb, Achim Hochdörfer, Johanna Burton, Peter Geimer und Gregor Stemmrich sowie Künstlerbeiträgen von Jeff Wall, Franz West und einer fotografischen Hommage von Tacita Dean.

Kurzbiografie Am 25. April 1928 wurde Cy Twombly in Lexington, Virginia, geboren. Ab 1947 studierte er an der School of the Museum of Fine Arts in Boston und 1949/50 an der Washington and Lee University in Lexington. Der Künstler ging 1950 nach New York und setzte sein Studium an der Art Students League fort. Hier lernte er u.a. Robert Rauschenberg und Jasper Johns kennen. An das Black Mountain College in North Carolina wechselte Twombly ein Jahr später und nahm dort Unterricht bei Robert Motherwell und Franz Kline. Gemeinsam mit Rauschenberg bereiste Twombly 1952 Südamerika, Nordafrika, Spanien und Italien. 1955/56 lehrte Twombly am Southern Seminary and Junior College in Buena Vista, Virginia, um dann 1957 ein zweites Mal nach Rom zu reisen. Er übersiedelte 1959 ganz nach Italien. 1968 eröffnete das Milwaukee Art Center seine erste Retrospektive in den Vereinigten Staaten, gefolgt von großen internationalen Ausstellungen: Die Retrospektive des Kunsthaus Zürich (1987) reiste nach Madrid, London und nach Paris weiter. Jene des Museum of Modern Art in New York (1994) ging nach Houston, Los Angeles und Berlin, gefolgt von einer großen Personale in der Pinakothek der Moderne in München (2006). 1995 wurde die von der Familie de Menil gegründete Cy Twombly Gallery in Houston eröffnet. Die letzte große Retrospektive nahm in der Tate Modern in London (2008) ihren Ausgangspunkt und führte über Bilbao nach Rom.