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Galerie im Helferhaus

Eröffnung: Freitag, 27.02.09 um 18.30 Uhr

Die erste Ausstellung des Jahres 2009 widmet das Backnanger Grafik-Kabinett Daniel N. Chodowiecki (1726 bis 801), der mit seinem umfangreichen druckgrafischen Oeuvre zu einem der wichtigsten Radierer und Illustratoren des 18. Jahrhunderts gehört. 121 Radierungen aus dem Bestand der Ernst-Riecker-Sammlung erlauben einen Überblick über das vielfältige Stichwerk des bereits zu Lebzeiten hochgeschätzten Künstlers. Mit kaufmännischem Geschick und geradezu calvinistischem Arbeitsethos konzentrierte sich Chodowiecki seit den 70er-Jahren des 18. Jahrhunderts auf das Illustrationsgewerbe und fand dort ein breites Sammlerpublikum vor. Seine Radierungen zierten literarische Allmanache, Kalender und Monatsschriften sowie Romane und wissenschaftliche Publikationen. Mit dem Aufstieg der Literatur als wichtiges Medium der bürgerlichen Emanzipation und Aufklärung gewann die Illustration auch in seiner belehrenden Funktion große Bedeutung. Wie kaum ein anderer Künstler wurde Chodowiecki zum Schilderer einer bürgerlichen Lebenswelt, deren Mittelpunkt von Familie, Arbeit und häuslicher Genügsamkeit sowie sittlicher Erziehung bestimmt war. In „Modethorheiten“ und „Occupation des Dames“ verstand er es, die Tugend- und Moralvorstellung seiner Zeit anschaulich und zugleich mit einem ironischen Augenzwinkern darzustellen. Doch kaum ein Werk, für das Chodowiecki Illustrationen schuf, beleuchtet stärker den auf sittliche Besserung gerichteten Zeitgeist der Aufklärung als der satirische Roman von Christoph Nicolai: „Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker“ (1775).

Die häufige Beschäftigung mit Bühnenstücken bekundet wiederum Chodowieckis große Vorliebe für Theater- und Singspiele, die – heute nahezu vergessen – sich wie der „Deserteur von Sedaine“ oder Johannes Ewalds „Fischer“ großen Zuspruchs erfreuten.

Einen seltenen Einblick in Chodowieckis Stechkunst und Themenvielfalt gewährt die Präsentation einer großen Anzahl von Historiendarstellungen, die sich vor allem durch ihre anekdotenhafte und volkstümliche Schilderung auszeichnen. Im Sinne des bürgerlichen Geschmacks nach Sittlichkeit und Maßhaltung bot der Künstler neben vaterländischen auch weltgeschichtliche Ereignisse des Mittelalters und der zeitgeschichtlichen Historie einem gebildeten Leserkreis dar. Das Spektrum reicht von nationalen Identifikationsfiguren wie Hermann der Cherusker und Heinrich am Vogelherd über die Kreuzzüge bis zu den Abenteuern des englischen Seefahrers James Cook.

Neben seiner thematischen Vielfalt verstand es Chodowiecki, ebenso in Einzelblättern wie in druckgrafischen Miniaturen durch seine unnachahmliche Charakteristik der Figuren und lebendige Erzähltreue ein begeistertes Publikum zu gewinnen.

Die Ausstellung wird kuratorisch betreut von Daniela Roberts, die bereits mehrfach als Kuratorin für das Grafik-Kabinett tätig war. Nach mehrjähriger Tätigkeit als wissenschaftliche Volontärin an der Staatsgalerie Stuttgart ist sie seit Oktober 2008 als wissenschaftliche Assistentin an der Universität Leipzig beschäftigt.

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Daniel N. Chodowiecki
Empfindsamkeit und bürgerliche Lebenswelt