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Unter dem Titel Variazioni sulla Serie di Fibonacci präsentiert der aus der Nähe von Rimini stammende Serra eine Gruppe von Bildern, die während der vergangenen zwei Jahre entstanden sind. Die für ihn typische absolute technische Perfektion, der Umgang mit den Farben – die vom Künstler selbst im Atelier angemischt werden – sowie die durch die Überlagerung der Farblasuren erzielten transluziden Effekte sind in diesen Werken weiterhin charakteristisch. In dieser Ausstellung soll jedoch die Aufmerksamkeit auf den Aufbau gerichtet sein. Auf ein Konstruktionsverfahren das seinem gesamten Werk zu Grunde liegt.

Die immer wiederkehrenden Motive – Kreis, Quadrat, Rechteck –, die sowohl als Darstellung, wie auch in den Bildabgrenzungen zu finden sind, unterliegen Grundsätzen, welche der Fibonacci Reihe abgeleitet sind. Jede Distanz entspricht entweder einer Zahl dieser Reihe, ihrer Summe oder Multiplikation.

Es stellt sich nun die Frage, worum es sich genau bei der Fibonacci Reihe handelt und warum diese vom Serra derartig konsequent eingesetzt wird. 1202 fasste Leonardo Fibonacci (genannt Pisano), im Liber Abaci die während seiner Reisen in arabische Länder gewonnenen Kenntnisse der Mathematik zusammen. Die darin enthaltene nach ihm benannte Zahlenreihe stellt sich aus einer Folge zusammen, bei der jede Ziffer aus der Summe der beiden vorangehenden besteht: 1, 1, 2, 3, 5, 8, 13, 21, 34, 55, 89 ... Diese finden ihre Anwendung nicht nur in der Mathematik, sondern auch in der Biologie, Architektur, Wirtschaft und Informatik. Noch heute erscheint regelmässig eine Fachzeitschrift, die sich ausschliesslich mit mathematischen Fragen rund um die Fibonacci Reihe befasst. In der Natur zeugen beispielsweise Früchte wie Ananas, Trauben und Tannenzapfen, sowie Sonnenblumen von der Beziehung zu der Zahlenfolge, aber auch die Vermehrung von Hasen kann durch diese berechnet werden. Selbst die Entwicklung der Börse versucht man mit ihrer Hilfe vorherzusagen und die modernen Pentium Prozessoren von Intel enthalten einen Fibonacci heap zur Algorythmenberechnung.

Was hat dies aber mit Kunst und Bildaufbau zu tun? Leonardo da Vinci untersuchte die Idealproportionen des menschlichen Körpers und stiess ebenfalls auf die Fibonacci Reihe und zwar genauer auf den daraus ableitbaren Goldenen Schnitt. Bereits in der ägyptischen und griechischen Architektur nachweisbar, wurde der Goldene Schnitt grundlegend auch für den Bildaufbau der Italienischen Renaissance. Heute noch verweisen viele Künstler in ihrem Werk darauf.

Die intensive Auseinandersetzung mit der Kunst der vergangenen Jahrhunderte, bedingt auch durch die Tätigkeit als Restaurator, haben sicherlich sowohl die seinem Bildaufbau zu Grunde liegenden Prinzipien, wie auch die Technische Ausführung von Serras Werken beieinflusst. Konsequent knüpt er in seinen Werken an die Errungenschaften der Alten Meister an und übersetzt diese in seine ganz eigene Sprache: Wie Fenster öffnen sich seine meist streng monochrom gehaltenen übereinander angeordneten Farbflächen auf Welten, die das einfallende Licht zum Leben erweckt.

Eher eine Hinterfragung des Kunstbegriffs und dessen was ein Kunstwerk ist begleitet das Schaffen von Daniel Spoerri, der 1960 gemeinsam mit Jean Tinguely, Arman, Francis Dufrene, Yves Klein und Pierre Restany den Nouveau Réalisme begründete. Zusammengetragene, mehr oder weniger zufällig vorgefundene Gegenstände finden in den sogenannten Fallenbildern und den daraus entwickelten Werkgruppen Platz. Grundprinzip ist der Zufall, oder der gelenkte Zufall, der auch seiner berühmten Eat-Art zu Grunde liegt. Beendete oder unterbrochene Bankette wurden fixiert und konserviert, um dann von der Horizontalen in die Vertikale gedreht, ihren Platz an Wänden zu finden.

Die Umkehrung der Definitionen fasziniert Spoerri. Das Objekt, der vorgefundene Alltagsgegenstand wird zum Kunstwerk, die Tischplatte zum Tafelbild, die Anordnung dem Zufall überlassen, demzufolge der Künstlerwille nachhaltig in Frage gestellt. Die Grenzen zwischen Alltag und Kunst verwischen immer mehr. Seit 1970 lässt der Künstler von seinen Objektwerken Güsse in Bronze anfertigen, von denen viele heute in dem von ihm angelegten Skulpturengarten Hic terminus haeret – Il giardino di Daniel Spoerri in Seggiano zu sehen sind. Auf einem Gelände von 17 Hektar hat der Künstler seine eigenen, aber mehr noch Werke seiner Künstlerfreunde aufgebaut.

Eine Auswahl dieser durch den Bronzeguss abermals verfremdeten Kombinationen von Fundgegenständen wird einen Einblick in die ironische, oftmals subversive Kunstwelt Spoerris ermöglichen. Aus ihrem eigentlichen Kontext herausgerissen, mit Gegenständen in Verbindung gebracht, die anderen Bereichen angehören, ergeben sich völlig neue Zusammenhänge die es zu erforschen gilt. Allein die unterschiedliche Oberflächen beschaffenheit, die Patinierung, sorgt für die Wahrung der Eigenständigkeit eines jeden Bestandteils, der ansonsten durch den Guss vereinheitlichten disparaten Fundgegenständen.

Pressetexte

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Daniel Spoerri: Bronzen

Paolo Serra: Variazioni sulla Serie di Fibonacci