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Abermals massgeblich von der Natur geprägt sind die Werke, die Dario Alvarez Basso im Laufe des vergangenen Jahres geschaffen hat. Die abwechslungsreiche Vegetation und Landschaft der Insel ans haben den Künstler zu einer Reihe von Darstellungen inspiriert, in denen eine konsequente Weiterführung der künstlerischen Auseinandersetzung mit der Natur – wie in den vorangegangenen Werkgruppen – erkennbar ist.

Diese vor der galizischen Küste auf der Höhe von Vigo gelegene Insel gehört zu einem Naturschutzgebiet, welches durch das katastrophale Unglück der Prestige im November 2002 stark in Mitleidenschaft gezogen wurde. Der gesamte Küstenbereich Galiziens musste von den dunklen öligen Massen befreit werden, die sich sowohl im Wasser, wie auch an Land verbreitet hatten. Monatelang wimmelte es an den Stränden nur so von Putzequipen in weissen Schutzanzügen. Fotos dieser gemeinsamen Rettungsaktion sowie die Flagge mit der Aufschrift "Nunca Mas" – Nie wieder – waren als Mahnung überall zu sehen.

Die auf diese Weise gerettete Idylle von Ons, die nur mit der Fähre erreichbar ist, bietet eine kontrastreiche Landschaft, die von den kargen Felsformationen der Steilküste auf der atlantischen Seite bis hin zu den von Eukalyptuswäldern und Wacholderbüschen umgebenen Sandstränden auf der dem Festland zugewandten Seite reicht. Das Fehlen von Autos und sogar weitgehend von Elektrizität lassen den Menschen hier auf ganz besondere Weise im Einklang mit der Natur leben. Das Umweltbewusstsein ist in dieser Region seit der Ölkatastrophe merklich angestiegen und hat viele – auch den Künstler selbst – zu Protestaktion auf die Strasse gezogen hat.

Die kleine Insel hat auf Alvarez Basso schon immer einen besonderen Reiz ausgeübt, was ihn bewog, sie in regelmässigen Abständen aufzusuchen. Im vergangenen Sommer wurde ihm darüber hinaus für drei Monate die Kapelle oberhalb des Dorfes zur Verfügung gestellt. Tag für Tag machte sich der Künstler früh morgens auf den Weg in diese selbst gewählte Einsamkeit, wo er die mit der Fähre hertransportierten Leinwände und Farbpigmente zu Landschaftsparaphrasen verarbeitete.

Die Aussicht in Richtung Festland sowie die während der zahlreichen Wanderungen gesammelten Eindrücke fanden ihre Umsetzung in Arbeiten auf Papier und auf Leinwand. Nachmittags verbrachte der Künstler die heissen Stunden am Strand, wo er unermüdlich weiterarbeitete und zahlreiche Aquarelle schuf. Inspirieren liess er sich nicht nur von der umgebenden Landschaft, sondern auch von der Unterwasserfauna und -flora, die er schnorchelnd erkundete. Die dabei entstandenen Unterwasseraufnahmen bilden auch die Grundlage für Werke, bei denen Fotografien mit Aquarell und Lack überarbeitet wurden.

Besonders die Aquarelle veranschaulichen die Entwicklung in dieser Werkgruppe. Unter diesen sind Ansichten von Landschaftsausschnitten in unterschiedlichen Abstraktionsgraden zu finden. Oftmals auch in Abhängigkeit von der Tageszeit und den klimatischen Verhältnisse scheinen in diesen Darstellungen sehr unterschiedliche Impressionen auf. Die stark mit Wasser verdünnten Farben sind im Auftrag nicht klar voneinander abgegrenzt, sie verlaufen ineinander. In diesen Grenzbereichen ergeben sich völlig neue Farbmischungen. Diese weitgehend dem Zufall überlassenen Effekte führen zu immer stärkerer Verfremdung, die besonders die zuletzt entstandenen Werke kennzeichnet.

Dem abstrahierenden Verfahren werden auch die fotografischen Werke unterzogen. Es handelt sich dabei, um vom Künstler selbst gemachte Aufnahmen, zum Teil auch unter Wasser fotografiert, deren Abzüge vom Künstler mit Aquarell und lackfarben übermalt werden, wodurch das ursprünglich naturgetreue Bild verfremdet wird.

Auf besondere Weise ist diese abstrahierende Verfremdung in den Gemälden zu beobachten, an denen der Künstler oft Wochen, oder gar Monate immer wieder arbeitet. In diesen Werken überlagern sich die gesammelten Eindrücke, so dass oftmals der ursprüngliche Gedanke kaum noch wahrnehmbar ist. Nicht nur die wechselnden Gemütszustände des Künstlers, sondern auch die Wechselwirkung mit der Umgebung, die Veränderungen in der Natur schlagen sich in der Ausführung nieder. Diese können geringfügig sein, wie ein Insekt oder eine Eidechse, die sich in der dick aufgetragenen noch feuchten Farbe verfängt, bis hin zu fast vollständigen Änderung und Übermalungen des begonnenen Bildes, weil sich die Quellen der Inspiration überlagerten oder grundsätzlich veränderten.

Von starken Kontrasten gekennzeichnet und einem für Alvarez Basso typischen pastosen Farbauftrag sind diese Werke eine konsequente Weiterentwicklung der bisherigen künstlerischen Äusserungen. So wie der Künstler seine Reise durch den venezuelanischen Regenwald mit einem Tagebuch von Aquarellen begleitete, so hält er weiterhin täglich seine Umgebung auf Papier fest. Dabei kommen immer wieder vorgefundene Materialien zum Einsatz, zum Malen – z. B. Tinte eines soeben aus dem Meer geholten Tintenfisches – aber auch Sand, Erde, Blätter oder Insekten, die den Materialcharakter steigern.

Alvarez Basso löst sich in diesen Werken von der immanenten Einbettung der Natur in seinem Werk. Nicht die Blätter und Blüten bilden hier die Formen, die in den vergangenen Jahren in Farbe getränkt auf der Leinwand klebten. Der Künstler arbeitet weiterhin mit der Natur, lässt sie an der Entstehung des Werkes teilhaben, unternimmt jedoch eine klare Umsetzung.

Eine Übersicht des Gesamtoeuvres von Dario Alvarez Basso gibt zur Zeit eine vom spanischen Aussenministerium organisierte Retrospektive des Künstlers, die seit dem 13. Februar in Caracas zu sehen ist. Weitere Stationen dieser Südamerikatournee sind in Quito/Equador und Rio de Janeiro geplant. Der Katalog zu dieser Ausstellung ist über uns erhältlich.

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Dario Basso
ESPEJO HORIZONTAL