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„Die Bilder aus Potosí sind die schimmernde Oberfläche einer äußerst gewaltsamen Siedlungspolitik, bei der es in erster Linie um die Reproduktion und Monopolisierung von Arbeitskraft ging. Wir behaupten, dass es Parallelen gibt zwischen der ideologischen Funktion von Kolonialmalerei und der Funktion, die die Kunst heute übernimmt, um die neuen Eliten der Globalisierung mit Legitimität auszustatten.“ Die Kuratoren Alice Creischer, Max Jorge Hinderer und Andreas Siekmann

mit : Sonia Abián, Barcelona / Posadas, Anna Artaker, Wien, Christian von Borries, Berlin, Matthijs de Bruijne, Amsterdam / Beijing, Culture and Arts Museum of Migrant Workers, Beijing, CVA/ TIPPA , London, Chto delat, Moskau / St. Petersburg, Stephan Dillemuth, München / Konstanze Schmitt, Berlin, Ines Doujak, Wien, Elvira Espejo, La Paz, Marcelo Expósito, Barcelona/ Buenos Aires, Harun Farocki, Berlin, León Ferrari, Buenos Aires, María Galindo/ Mujeres Creando, La Paz, Isaías Griñolo, Huelva, Zhao Liang, Beijing, Rogelio López Cuenca, Barcelona, Eduardo Molinari, Buenos Aires, PRPC (Plataforma de Reflexión sobre Políticas Culturales), Sevilla, David Riff / Dmitry Gutov, Moskau Künstler-Gäste: Monika Baer, Berlin, Quirin Bäumler, Berlin, Luis Guaraní, La Paz, Sally Gutiérrez Dewar, Madrid, The Long Memory of Cocaine research group, La Paz/ London / Berlin Korrespondenten: Matthijs de Bruijne, Amsterdam/ Beijing, Anthony Davies, London, David Riff, Moskau

Potosí, die berühmte Silberstadt, Synonym für immensen Reichtum und grenzenlose Ausbeutung, war zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert das Herzstück der Minenindustrie in den Kolonien Lateinamerikas und hat entscheidend zur Entwicklung des europäischen Kapitalismus wie zu den mit ihm verbundenen Migrationsbewegungen beigetragen. Noch heute ist der Ausdruck vale un Potosí – das ist ein Vermögen wert – im Spanischen geläufig.

Mit dieser Ausstellung thematisiert das Haus der Kulturen der Welt eine andere Lesart und vor allem eine kritische Auseinandersetzung mit dem Bicentenario - dem 200. Jahrestag der Unabhängigkeitsbewegungen: Den Zusammenhang von Handels- und Imagetransfers, von Wirtschafts- und Denkstrukturen zwischen Lateinamerika und Europa und ihre gesellschaftlichen Auswirkungen auf den beiden Kontinenten, auch nach den bürgerlichen Revolutionen des 19. Jahrhunderts.

Die in „Das Potosí-Prinzip“ vorgestellten Werke des „andinen Barocks“ belegen, dass kulturelle Hegemonie keine symbolische Größe ist, sondern Gewalt darstellt. Die Ausstellung geht anhand dieser Malerei strukturellen Korrespondenzen zwischen dem die Moderne begründenden Kolonialismus und dem aktuellen globalen Regime des Neoliberalismus nach. Zeitgenössische Künstler antworten auf die barocken Bilder mit eigenen Arbeiten. So stellen sie Bezüge zu aktuellen Themen her, wie beispielsweise die Bedeutung der Frau in der Kolonialgesellschaft oder die Folgen der transnationalen Soja-Monokultur im heutigen Südamerika. In einem Singspiel wird satirisch der Energie-Oligarchie in St.Petersburg auf den Zahn gefühlt, Chinesen werden beim Versuch begleitet ihr Recht auf Einspruch einzuklagen. Ausgelagert im Zentralgebäude der IG Metall, zeigt das „Migrant Worker Museum“ Teile seiner Objekte der Alltagskultur und des Lebens der Wanderarbeiter und schlägt so eine Verbindung von der heutigen zur damaligen Ausbeutung von Arbeitskraft und Ressourcen, die auch im 18. Jahrhundert von Bolivien bis nach China reichte.

Die Ausstellung, die zuvor im Museo Nacional Centro de Arte Reina Sofía in Madrid gezeigt wurde reist anschließend nach La Paz ins Museo Nacional de Arte und ins Museo Nacional de Etnografía y Folklore, lebt von den immer neu installierten künstlerischen Dialogen, die für jeden Ausstellungsort in Spanien, Deutschland und Bolivien unterschiedlich bearbeitet werden. Der Berliner Schwerpunkt liegt auf dem Thema „Kulturnation”.

„Arbeitstage“ am 8.und 9. Oktober geben Künstlern, Korrespondenten und den Kuratoren zusammen mit Theoretikern die Möglichkeit, das Prinzip Potosí weiterführend zu beleuchten. Wie lassen sich mit dem Marx’schen Prinzip der „sogenannten ursprünglichen Akkumulation“ sowohl koloniale als auch heutige globale Zusammenhänge beschreiben?“. (Eintritt frei, Anmeldung erforderlich: www.hkw.de/potosi/arbeitstage)

Zur Ausstellung erscheint ein gleichnamiger Katalog im Verlag der Buchhandlung Walther König in deutscher, englischer und spanischer Ausgabe. Hrsg. Alice Creischer, Max Jorge Hinderer, Andreas Siekmann, 304 Seiten mit Autorentexten und einem umfangreichen Bildteil. ISBN (deutsch) 978-3-86560-897-0. € 29,00 während der Ausstellung, € 34,00 im Buchhandel.

Drei Filme an Sonntagen im November ergänzen den Blick von Potosí auf die Welt: 07.11. 17:00 PETITION, Zhao Liang, China/Frankreich 2009, 124 min, OmE 14.11.,17:00 LA NACIÓN CLANDESTINA, Jorge Sanjinés, Bolivien 1989, 128 min, OmU 21.11. 17:00 THE DUBAI IN ME, Christian von Borries, Deutschland 2010, 78 min, engl.OV

Berlin Haus der Kulturen der Welt: 8.10.2010 - 2.1.2011 Eintritt: € 5,00, ermäßigt € 3,00, Mi – So 11 – 19h, montags Eintritt frei Weitere Informationen: www.hkw.de/potosi

Zentrale der IG Metall Alte Jakobstraße, 8.10.2010 – 2.1.2011, Mo – Fr, 7 – 19h, www.igmetall.de

Weitere Stationen Museo Nacional de Arte und Museo Nacional de Etnografía y Folklore, La Paz: Frühjahr 2011 Museo Nacional Centro de Arte Reina Sofía, Madrid: 12.05.2010- 06.07.2010

„Das Potosí-Prinzip“ Eine Koproduktion von Haus der Kulturen der Welt und Museo Nacional Centro de Arte Reina Sofía, Madrid

Gefördert durch Sociedad Estatal para la Acción Cultural Exterior, Madrid und Kulturstiftung des Bundes

Mit Unterstützung von Embajada de España en Bolivia; Agencia Española de Cooperación Internacional para el Desarrollo (AECID); Ministerio de Culturas República de Bolivia; Fundación Cultural Banco Central de Bolivia, Botschaft von Spanien und Credinform Seguros y Reaseguros In Zusammenarbeit mit IG Metall