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Ort: Remise
Eröffnung: 9. September 2016, 19 Uhr

Klar und doch kryptisch wirken die Satzfragmente und Wortfetzen, die auf gespannten Textilien in der Ausstellung des französischen Künstlers David Douard prangen und bedeutsame Aussagen suggerieren. In jugendsprachlichem Slang verfasst konfrontieren die Gedichtzeilen anonymer Autoren ihre Leser mit einer ungefilterten, wie dahingespuckten Sprache. Vieles wird angedeutet, ohne explizit zu werden. Sie lassen sich als Signal der Abgrenzung von einer gesellschaftlichen Norm lesen. Eine Haltung, die an verschiedenen Stellen in Douards Werken mitschwingt, und einem nicht zuletzt begegnet, wenn es darum geht, dessen Installationen einzuordnen.

Charakteristisch ist dies auch für die Kommunikation, wie sie im Verborgenen im sogenannten Darknet geführt wird. Über verschlüsselte Verbindungen ermöglicht das Darknet anonyme Bewegungen im Internet. Gilt es dadurch einerseits als Plattform für kriminelle Handlungen, so bot es andererseits etwa im Rahmen der Revolutionsbewegungen in Ägypten oder der Türkei Raum für freie Kommunikation. Tatsächlich speist sich Douards Inspiration unter anderem aus anonymen Konversationen, Gedanken, Fotos und vor allem Gedichten aus dem Darknet. All dies findet seine abstrahierte Übersetzung in hybriden Objekten und Installationselementen, die zwischen organischer und technischer Erscheinungsweise changieren. So dominiert eine kühl anmutende Metallstruktur den Raum, während darin höchst fragile Glasobjekte hängen, die sowohl an Inneneinrichtungsgegenstände als auch an Bildschirme von Überwachungskameras denken lassen.

Douards Werken liegt eine scharfsinnige und kritische Beobachtung der Gesellschaft und ihrer aktuellen Entwicklung zugrunde. Fragen nach der Bedeutung des Individuums in einer Gemeinschaft und der Freizügigkeit im Umgang mit persönlichen Daten stehen im Raum. Der Begriff der Übertragung ist dabei von zentraler wie vielfältiger Bedeutung: nicht nur bezogen auf elektrische Leitfähigkeit, sondern insbesondere bezüglich Sprache, von Wort und Bedeutung.

Für seine erste institutionelle Einzelausstellung in Deutschland entwickelte der Künstler ein Raumkonzept, das Besucherinnen und Besucher in eine bizarre Welt entführt. Narrative Spuren werden gestreut, um sich an anderer Stelle wieder zu verlieren. So unnahbar die einzelnen Werke erscheinen, so intensiv lässt sich die gleichsam nüchterne wie melancholische Atmosphäre erleben, die sie erzeugen. Das Spiel mit der An- und Abwesenheit eines nicht näher auszumachenden Subjekts lässt schließlich einen Eindruck von Beklommenheit zurück.

David Douard (*1983 in Perpignan, Frankreich) lebt und arbeitet in Aubervilliers. 2016 ist er in verschiedenen Gruppenausstellungen u.a. im Rahmen der 72e Biennale d'art contemporain, Rennes, vertreten. 2015 präsentierte Douard Einzelausstellungen in der Galerie Chantal Crousel, Paris („Bat-Breath. Battery“), und in Union Pacific, London, und nahm im Musée d’art Moderne de la Ville, Paris
und im Fridericianum, Kassel an Gruppenausstellungen teil. Das Palais de Tokyo, Paris, widmete ihm 2014 eine Einzelausstellung („Mo'Swallow“).

Zeitgleich zur Braunschweiger Ausstellung sind seine Werke außerdem in einer Einzelpräsentation in der Galerie Konrad Fischer, Berlin sowie in einer Gruppenausstellung in den Kunstsaelen, Berlin, zu sehen.