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Um in unserer Gesellschaft verborgene und von den Medien produzierte Ideologien, Illusionen und Wunschvorstellungen sichtbar zu machen, verwendet Krippendorff Hollywood-Filme. Von 2002 bis 2005 stellte er eine Werkgruppe fertig, die auf dem Spielfilm Gilda (1945) basiert. Die Gilda-Serie besteht aus den Videos Blame (2002), Sleeping Beauty (2003) und The Beautiful Island (Part 1) (2004), sowie aus mehreren Bildern und Zeichnungen. Gilda, der durch eine für die vierziger Jahre besonders provokante Szene Rita Hayworths berühmt wurde, schrieb im wahrsten Sinne des Wortes Geschichte: Die erste Wasserstoffbombe, die 1946 auf dem Bikini-Atoll gezündet wurde, war auf den Namen "Gilda" getauft worden. In der Ausstellung The Beautiful Island geht es um die Ästhetisierung von Gewalt.

Das Video the Beautiful Island (Part 1) ist hier auf das Format eines 16mm Films reduziert. Dieser schwarz-weiß Film, eine Sequenz aus dem Hollywood-Film Gilda von 1945, zeigt in einer langen Einstellung die ruhige Bewegung der Wellen des unendlichen Ozeans, die durch eine plötzliche Explosion am Ende des Films jäh unterbrochen wird. In dieser Arbeit zitiert Krippendorff direkt das historische Ereignis der Zündung dieser ersten Wasserstoffbombe, die nach dem gleichnamigen Film benannt wurde.

Im selben Raum hängt ein großformatiges Plakat von der Decke und zeigt die weinende Hayworth in zweifacher Ausführung mit dem Satz "pain is weakness leaving the body”, mit dem auch das Video beginnt. David Krippendorff spielt hier auf die Doppelbödigkeit von Statements an: ursprünglich für die Anwerbung von Marines in den USA gedacht, hat der Künstler das Bildmotiv auf dem Oiriginalplakat ausgetauscht - eine weinende Frau anstelle der heldenhaften Darstellung eines durch körperliche Anstrengung gezeichneten Marines.

Der zweite Film der Ausstellung ist The Beautiful Island (Part 2). Hier benutzt Krippendorff als Filmmaterial eine kurze Kampfszene von Rebel Without a Cause mit James Dean in der Hauptrolle aus dem Jahr 1954 (Denn sie wissen nicht was sie tun). Hier werden zwei parallele Erzählstränge zusammengeführt: Der dargestellte Kampf, ein Zweikampf mit dem Messer, ist von Krippendorff so überarbeitet, dass er seiner eigentlichen Gewalttätigkeit enthoben wird und langsam in einen choreographierten Tanz übergeht. Eine Frauenstimme aus dem Off erzählt träumerisch wie sie sich einen idyllischen Ort vorstellt, wo die Natur intakt und man aller Sorgen enthoben ist - ein verlorenes Paradies. Der Wunsch nach einer "besseren Welt”, hier durch Zitate aus Madonnas Hit La Isla Bonita begleitet, verweist auf einen utopistischen Eskapismus, der Hand in Hand mit einer Gewalt geht, wie sie heute in der Pop-Kultur verarbeitet wird.

Beide Filme waren erfolgreiche Produktionen der Hollywood-Industrie und sind Klassiker der amerikanischen Filmgeschichte. Krippendorffs Beschäftigung mit den "Hollywood-Klassikern” resultiert aus der Tatsache, daß sie zum integralen Bestand- teil unseres kulturellen Haushalts und kollektiven Bewußtseins gehören. In seinen aus- gewählten Sequenzen demaskiert er eine Scheinwelt, die im Betrachter die Gier nach einer heilen Welt, verdrängte Sehnsüchte und unerreichbare Wunschvorstellungen wecken, hinter der sich aber auch Gewalt und verlogene Moral verbergen. (Die atmosphärische Dichte beider Videos unterstreicht Krippendorff in dieser Ausstellung durch farbige Räume. Die Handlung von The Beautiful Island (Part 2) spielt im Freien unter strahlend blauem Himmel, der sich im Raum fort setzt. Der s/w Film von The Beautiful Island (Part 1) ist von einer in lichtem Grau gehaltenen Projektionsfläche umrahmt.) Kleinformatige Malereien spielen auf die Verborgenheit von Gewalt an.

The Beautiful Island (Part 1). 2004. Schwarz-weiß. DVD, 6Min.58Sek. The Beautiful Island (Part 2). 2004 Farbe. DVD, 5Min.29Sek.

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