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David Thorpes Collagen und Skulpturen zeichnen sich durch die beinahe obsessive Verwendung akribischer, kunsthandwerklicher Techniken sowie durch ihre ausgefallenen, liebevollen Materialkombinationen aus. Zeigten seine ersten Papiercollagen zunächst nächtliche Szenerien in urbanen Landschaften, so veränderten sich diese, beeinflusst von seiner Leidenschaft für utopische Lebensentwürfe, zu seltsamen, zeit- und ortlosen Gegenwelten. In einer weiterentwickelten Collagetechnik, bei der David Thorpe neben Papier nun auch Stoff, Schiefer, farbiges Glas und Baumrinde verwendete, stellte er bizarre Architekturen in der Wildnis dar, die an organische Architekturen eines Bruce Goff inmitten romantischer Landschaften à la Caspar David Friedrich oder Thomas Cole erinnerten.

David Thorpes Interesse an Utopisten, Aussteigern und nach alternativen Gesellschaftsmodellen strebenden, obskuren Gemeinschaften führte ihn nicht zuletzt zur Beschäftigung mit den politischen und religiösen Schriften radikaler, frühsozialistischer Denker aus dem 17. Jahrhundert wie Abiezer Coppe oder Gerard Winstanley. Letzterer war auch Gründer der Diggers, einer Bewegung welche im Namen Gottes die Abschaffung des Privateigentums forderte. Zudem setzte sich Thorpe intensiv mit den Arts and Crafts-Bewegungen des frühen 20. Jahrhunderts auseinander, die nicht nur neue ästhetische Massstäbe setzten, sondern auch nach spiritueller Harmonie strebten und soziale Forderungen stellten, wie dies im utopischen Roman „News from Nowhere“ des Künstlers und Sozialreformers William Morris (eines von Thorpes Lieblingsbüchern) deutlich wird. David Thorpe, der neben seiner künstlerischen Tätigkeit selber Gedichte und Sprechgesänge schreibt, will mit seiner Arbeit allerdings nicht auf Utopien vergangener Epochen zurückgreifen. Vielmehr schaffen seine Arbeiten selbst einen von Unabhängigkeit und Autarkie geprägten Mikrokosmos, der implizit eine Verkündigung zur Verbesserung des Lebens zu beinhalten scheint.

Seit einiger Zeit arbeitet David Thorpe auch in der dritten Dimension. „The Defeated Life Restored“ ist seine bisher ambitionierteste Installation, die er für die Ausstellung im Kunsthaus Glarus – seiner ersten institutionellen Einzelausstellung im deutschsprachigen Raum – geschaffen hat. Riesige, aufwändig geschreinerte Paravents aus Holz und farbigem Glas bilden im Seitenlichtsaal eine einzigartige in sich geschlossene Raumsituation. Auf der Innenseite der Raumteiler ist eine Serie von grossformatigen Aquarellen, eine Art fantastischer botanischer Studien, angebracht. Diese bilden den Hintergrund für drei totemartige, sternförmige Skulpturen, von denen jede mit handgefertigten Mosaiksteinen überzogen ist. Die grossen Raumteiler schirmen die merkwürdigen Objekte von der Aussenwelt ab und machen deutlich, dass David Thorpes bildgewordene Utopien zwar betretbar, aber nicht weniger hermetisch geworden sind.

David Thorpe (*1972, lebt und arbeitet in London) zeigte seine Arbeit in Einzelausstellungen im Worcester Art Museum, Massachusetts, USA (2006) und in der Tate Britain, Art Now Space, London (2004). Er beteiligte sich an unzähligen Gruppenausstellungen, u. a. an “Sleep of Urlo”, (kuratiert von Goshka Macuga), A Foundation, Liverpool (2006); “Blake & Sons – Alternative Lifestyles and Mysticism”, Lewis Gluksman Gallery, Cork (2005); “Wunschwelten”, Schirn Kunsthalle, Frankfurt a.M. (2005); “The British Art Show”, Hayward Gallery / Wanderausstellung (2005); “Drawing Now: Eight Propositions”, MOMA Queens, New York (2002); “Future Perfect: art on how architecture imagined the future” CVA Cardiff (2000) und “Die Young Stay Pretty”, ICA London (1998).

David Thorpes Künstlerbuch, das zu den Ausstellungen in Glarus, London und Kleve erscheint, wird von John and Orna Designs London (www.johnandornadesigns.com.uk) gestaltet und enthält einen Text von Catherine Wood, ein Glossar von Daniel Baumann, Gedichte von David Thorpe, sowie viele Werkabbildungen und Ausstellungsaufnahmen aus dem Kunsthaus Glarus.