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Räumliche Strukturen sind Teil gesellschaftlicher Strukturen und ermöglichen Handeln ebenso, wie sie es einschränken. Bauen, Errichten, Vermessen und Markieren sind Aushandlungsprozesse. Die Erlanger Ausstellung Guerre en Forme widmet sich der Konstitution von Räumen und deren Verhandelbarkeit; der herrschenden Ordnung als vorläufigem Ergebnis von Auseinandersetzungen zwischen Kontrahenten. Die brutalste Form von Auseinandersetzung um Raum und Ressourcen ist der Krieg. In der Folge des Dreißigjährigen Kriegs, dessen Chaos konfessioneller Konflikte die Bevölkerung ausblutete, entstand der Kabinettskrieg oder Guerre en Forme. Im Kontrast zum Kampf zwischen Feinden bis zur gegenseitigen Vernichtung basiert der Guerre en Forme auf der Kontroverse zwischen zwei sich anerkennenden Souveränitäten. Es ist ein Krieg nach Regeln, in klaren Formen, in abgegrenzten Gebieten und daher bis zu einem gewissen Grad eingehegt. Nach dem Dreißigjährigen Krieg verödete Erlangen. Einen neuen Impuls gab erst die Gründung der Neustadt 1686, die mit dem zeittypischen Guerre en Forme die abgezirkelte Geometrie und die Überzeugung der Planbarkeit von Prozessen gemein hatte. Das ist die kontextbezogene Folie der Ausstellung, vor der aus Dellbrügge & de Moll Paradigmenwechsel von öffentlichem Raum, sowie Möglichkeiten der Aneignung und Nutzung urbaner Territorien betrachten. Die titelgebende zentrale Arbeit bezieht sich auf den Grundriss der Planstadt Erlangen. Sie nutzt ihn als Feld für choreographische Notationen und zirkelt ein mögliches Spielfeld für Auseinandersetzungen ab. Dellbrügge & de Moll stellen außerdem aktuelle Projekte vor, die sich auf andere Städte beziehen: auf São Paulo und die brasilianische Hauptstadt Brasília, das neue Hafenviertel Bjørvika in Oslo, die Elbinsel Veddel in Hamburg, auf Heterotopien in Kopenhagen und Berlin. Die Künstler entwickeln Planspiele zum Städtebau, Szenarien zur Besetzung von Orten, Strategien der (Um-)Ettikettierung und Umnutzung von Raum und diskutieren die Rollen von Bewohnern und Publikum als Akteuren der polis.

Christiane Dellbrügge (1961 in Moline, Illinois, USA) und Ralf de Moll (1961 in Saarlouis) leben und arbeiten in Berlin.

Ausstellungen (Auswahl) 2009 Berlinische Galerie, 2009 Copan, São Paulo, 2009 Kunstmuseum Bonn, 2009 Galerie der Gegenwart, Hamburger Kunsthalle, 2007 Künstlerhaus Bethanien, 2006 K 21 Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf, 2005 Neues Museum Weimar, 2003 ZKM Karlsruhe, 2001 Haus am Waldsee, Berlin

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Dellbrügge & de Moll: Guerre en forme
Kurator: Claudia Emmert