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Am Samstag, den 30. Oktober 2010, wird ab 16 Uhr an der eigens dafür gesperrten Kreuzung Bergertor in Herford die Doppelskulptur „Safety Cones“ von Dennis Oppenheim feierlich enthüllt. Sie bildet den Startpunkt für das Projekt „Fünf Tore / Fünf Orte“, das im Marta Herford entwickelt wurde und die künstlerische Neubelebung der fünf verlorenen Tore des mittelalterlichen Stadtbilds umfasst. Ausschließlich mit privaten Mitteln wird dieses Projekt für Kunst im öffentlichen Raum finanziert, um das große Engagement der regionalen Wirtschaft zu unterstreichen. Zugleich wird das städtische Motto „Mittelalter trifft Moderne“ mit Leben und neuen Inhalten gefüllt. Die westfälische 65.000 Einwohnerstadt mit Hansevergangenheit präsentiert sich damit einmal mehr als weltoffener Standort für gegenwartsbezogene Kunst und Kultur.

Vorausgegangen war dem Projekt aber auch eine intensiv geführte Diskussion um die grundsätzliche Ausrichtung einer zukunftsweisenden Stadtentwicklung. So erwirkte eine Bürgerinitiative im Umfeld der sogenannten „Pylonendiskussion“ zum Werk von Dennis Oppenheim auch den ersten Bürgerentscheid in Nordrhein-Westfalen gegen eine künstlerische Arbeit im Stadtraum. Es fehlte allerdings am Ende dann doch an der notwendigen breiten Ablehnung in der Bevölkerung, sodass nun der vorausgegangene Ratsbeschluss entsprechend umgesetzt werden kann. Unterstützt durch eine weitere Initiative, den sogenannten „Stadttorfreunden“, wird damit auch die schrittweise Fortsetzung des Projekts „Fünf Tore / Fünf Orte“ folgen. Im Abstand von jeweils etwa zwei Jahren sollen die Standorte der ehemals fünf mittelalterlichen Stadttore durch ortsbezogene Skulpturen internationaler Künstler wieder mehr in das öffentliche Bewusstsein zurückgerufen werden. Diese Plätze waren bislang nur noch als Namen der Kreuzungen an den großen Einfallstraßen erhalten geblieben sind. Damit wird die nach wie vor sichtbare und beeindruckende mittelalterliche Gründung und Stadtstruktur von Herford mit zeitgemäßen Mitteln neu akzentuiert und der mit der Errichtung des Frank Gehry-Baus signalisierte Aufbruchswille fortgesetzt – ein ambitioniertes Vorhaben in Kooperation mit Marta Herford. Vergleichbare Projekte gab es in Deutschland bisher noch nicht.

Anlässlich der Feierlichkeiten werden Dennis Oppenheim aus New York, Herfords Bürger-meister Bruno Wollbrink, Martas Gründungsdirektor Jan Hoet, der für Ankauf und Aufstellung der „Safety Cones“ verantwortliche Mäzen Heiner Wemhöner (Wemhöner Stiftung) sowie Roland Nachtigäller, Künstlerischer Direktor von Marta Herford, zugegen sein. Mit einem anschließenden Bürgerfest, organisiert von Pro Herford in Zusammenarbeit mit den „Stadttorfreunden“ (www.stadttorfreunde.de), wird die Skulpturenaufstellung auch für die breite Bevölkerung einen ermutigenden und fröhlichen Abschluss finden.

Resümierende Informationen zum Auftaktprojekt mit Dennis Oppenheim Begleittexte der Dokumentation im Marta Forum März 2010

Fünf verlorene Stadttore

Fünf Tore führten im Mittelalter in die Stadt Herford. Verbunden durch eine geschlossene Stadtmauer dienten sie einst dazu, die Stadt vor Feinden zu schützen. So wurde jeder Passant genau kontrolliert. Zugleich markierten sie aber auch die Struktur und die Lage einer Stadt, denn in der Regel führten sie in unterschiedliche Himmelsrichtungen auf geradem Wege zur nächstgelegenen Ansiedlung.

Mit der Zeit verloren die Stadttore schließlich ihre Bedeutung. Die Grenzen verliefen nun nicht mehr um den Stadtkern, sondern verlagerten sich weiter nach außen, so dass die Stadtmauern bald zu eng wurden. In vielen Städten sind heute nur noch Fragmente davon erhalten, die späteren Generationen nach wie vor sichtbar in Erinnerung rufen, wie ihre Stadt früher organisiert war und wie sie sich seitdem weiter entwickelt hat. In Herford allerdings überdauerte keines der fünf historischen Stadttore bis in die heutige Zeit. Stadtentwicklung und Verkehr forderten ihren Tribut und auch das Bewusstsein der Bewohner war auf andere Dinge ausgerichtet als auf den Erhalt „ruinöser“ Zeitzeugen. Vor allem in den 1950erbis 1970er-Jahren führten großräumige Straßenprojekte dazu, dass heute von den fünf Herforder Stadttoren nur noch die Namen erhalten geblieben sind. An ihrer Stelle findet der Besucher nun große Verkehrskreuzungen (Berger- und Lübbertor), kleinere Brücken (Stein- und Deichtor) oder eine Fussgaängerunterführung (Renntor).

„Fünf Tore / Fünf Orte“

Fünf Jahre nach der Eröffnung des ebenso ungewöhnlichen wie einmaligen Museums Marta Herford werden die positiven Impulse dieses mutigen Engagements an vielen Stellen in der Stadt sichtbar. Die Goebenstraße hat sich nachhaltig verändert, Initiativen wie „Kiosk 24“ oder „Leere X Vision“ bezeugen ein lebendiges zeitgenössisches Kunstinteresse, das sich auch im städtischen Leitspruch „Mittelalter trifft Moderne“ widerspiegelt.

Bereits seit 2006 liegt das im Marta Herford unter der Leitung von Gründungsdirektor Jan Hoet ausgearbeitete Konzept „Fünf Tore / Fünf Orte“ vor, das sich mit zeitgenössischen Mitteln den „verlorenen“ Stadttoren annimmt. Grundgedanke ist die Einladung fünf hochrangiger internationaler Künstlerinnen und Künstler, über einen Zeitraum von etwa zehn Jahren für je ein ehemaliges Stadttor ein neues Skulpturenprojekt zu entwickeln. So wie einst die Stadttore Anfangs- und Endpunkt eines Weges zur Nachbarsiedlung waren, stehen die fünf eingeladenen Künstler mit ihrer Herkunft für jeweils ein Land oder einen Kontinent, die mit Herford in wirtschaftlicher Verbindung stehen. Damit besitzt das Projekt auch einen hohen symbolischen Wert für die Zukunft dieser Stadt.

Mit international bekannten und geschätzten Künstlernamen besäße dieses Kunst-im-öffentlichen-Raum-Projekt eine überregionale Strahlkraft und würde zusammen mit dem Marta das zeitgenössische Engagement weiter unterstreichen. Herford würde seine Ambition als zukunftsorientierte Stadt mit großer Geschichte weiter hervorheben und zugleich die historische Struktur des Zentrums auch für auswärtige Besucher deutlich in Erinnerung rufen. Die fünf neuen „Orte“ an den ehemaligen Stadttoren wären eine der vielen Visitenkarten, mit denen sich die Stadt ihren Gästen präsentiert.

Der erste Schritt

Im Sommer 2009 präsentierte Marta Herford mit „Dennis Oppenheim – Electric Kisses“ eine vielbeachtete Ausstellung von Modellen und Skulpturen aus dem fast vierzigjährigen Schaffen des berühmten amerikanischen Land Art-Künstlers. Gerade noch rechtzeitig auch wurden die beiden „Safety Cones“ fertiggestellt und spektakulär im zentralen Ausstellungsraum installiert. Sie gehen zurück auf zwei Besuche Oppenheims im Jahr zuvor, bei denen er sich mit der Idee „Fünf Tore / Fünf Orte“ vertraut machte und sich spontan für eine Beteiligung begeistern ließ. Zur allgemeinen Überraschung wählte er für einen möglichen Beitrag ausgerechnet den unwirtlichsten der fünf Orte, die große Verkehrskreuzung am Bergertor. Schon in den ersten Gesprächen wurde klar, dass Dennis Oppenheim mit seiner Arbeit nicht den idyllischen Ort sucht, sondern den direkten Kommentar zu städtebaulich problematischen Strukturen. Dafür griff er auf eine Idee zurück, die ihren Ausgangspunkt 2006 in einer temporären Installation im Olympiapark in Seattle (USA) nahm. Die Skulpturen, die anschließend vom Nam June Paik Center in Seoul (Korea) für die Museumssammlung erworben wurden, basieren auf der Vergrößerung von Verkehrswarnhütchen, wie sie normalerweise zur Absicherung von Baustellen im Straßenverkehr verwendet werden.

Für Herford sollte es aber noch einen Schritt weiter gehen: Die „Safety Cones“ markieren in heiteren Farbigkeit nicht nur die „geistige Baustelle“ einer verlorenen historischen Struktur. Sie berühren mit den blauen, nachts beleuchteten Fenstern auch Fragen von Architektur und Wohnen in der Stadt. In wechselndem Licht entstehen so Assoziationen zwischen Hochhausbebauung, Notunterkunft und märchenhaftem Zufluchtsort. Oppenheims Skulpturen sind damit weit mehr als ein farbiger Akzent an einer rasch passierten Kreuzung: Mit einem Blick erfassbar stellen sie – nicht ohne Augenzwinkern – weiterführende Fragen danach, wie und wo man in einer Stadt leben kann und möchte …

Die Finanzierung

Es liegt auf der Hand, dass eine Bereicherung der Stadt mit Kunst im öffentlichen Raum, die symbolisch auch die Wirtschaftsbeziehungen Herfords in die Welt aufgreift, mit Hilfe lokaler Förderer realisiert werden sollte. Es war daher von Beginn an Bestandteil der Konzeption „Fünf Tore / Fünf Orte“, für jedes Skulpturenprojekt eine Art Paten zu suchen, der aus seinem wirtschaftlichen Engagement für Herford heraus die Finanzierung übernimmt.

Ziel ist es, angesichts einer angespannten Haushaltslage diese Initiative kostenneutral zu realisieren. So soll auch ein Signal dafür gesetzt werden, dass in Krisenzeiten eben nicht Alles zum Stillstand verdammt ist, sondern noch immer genug Raum für Entwicklungen und neue Perspektiven bleibt. Schon früh fand sich ein erster „Pate“ für das Auftaktprojekt, der über die lange Vorbereitungszeit bis heute zu seinem Wort steht. Im Sog dieser Starteuphorie stieg auch ein zweiter regionaler Unternehmer auf die Idee ein und sicherte seine finanzielle Unterstützung für die Fortsetzung zu – vorausgesetzt der Auftakt gelingt. Auch mit den Eigentümern „Straßen.NRW“ wurden alle sicherheitstechnischen und rechtlichen Fragen geklärt.

Als von Oktober bis November 2009 die „Safety Cones“ für das Bergertor in den verschiedenen Gremien diskutiert wurden, legten die Mitglieder von Ausschüssen und Rat darauf Wert, dass tatsächlich keine Folgekosten auf die Stadt zukommen. Der engagierte Förderer dieses Auftaktprojekts erklärte sich somit auch noch bereit, die zu erwartenden Stromkosten für die Innenbeleuchtung (geschätzte 275 Euro pro Jahr) und die anfallenden Reinigungskosten (voraussichtlich zweimal jährlich) zu übernehmen. Den Künstlerischen Direktor von Marta Herford, Roland Nachtigäller, der sich für die Realisierung stark gemacht hatte, beauftragte der Rat zudem, gemeinsam mit dem Künstler Dennis Oppenheim eine vorläufige zeitliche Befristung der Aufstellung auf zehn Jahre vereinbaren.

Die „Safety Cones“

Künstler: Dennis Oppenheim Biografie: Geb. 1938 in Electric City / Washington (USA) lebt in New York Titel: „Safety Cones“ zweiteilig Entstehungsjahr: 2009 (Ausgangspunkt der Idee 2006) Material: – Objektkörper aus dickwandigem Fiberglas – Trägerstruktur im Innern aus Stahl – Oberfläche aus orangefarbenem Acryllack – Fenster aus Stahl und blauem Acrylglas – Innenbeleuchtung Maße: – Sockel: je 274 x 274 cm – Höhe: je 550 cm

Dennis Oppenheim

Er zählt zu den Schlüsselfiguren der amerikanischen Konzeptkunst. Sein Werk umfasst das weite Spektrum von Earth und Body Art, Videokunst und Performance bis hin zu Skulpturen und großformatigen Arbeiten für den öffentlichen Raum. Als Pionier der Land Art realisiert Oppenheim sein erstes Projekt bereits in den 1960er Jahren.

Indem er sich hinaus in die Landschaft begibt, überschreitet er gezielt die Grenzen des Ausstellungsraums. Er präsentiert seine Land Art-Projekte vornehmlich mit Modellen, Fotografien und Videos und fordert damit die Gewohnheiten der Kunstbetrachtung seiner Zeit heraus. Seine Grenzen überschreitenden Arbeiten wecken früh internationale Aufmerksamkeit: 1968 eröffnet eine erste Einzelausstellung in der John Gibson Gallery in New York, 1969 in der Pariser Galerie Yvon Lambert. Seit Mitte der 1990er Jahre entwickelt Oppenheim zunehmend Großskulpturen für den öffentlichen Raum. Mit diesen Arbeiten knüpft er direkt an sein Frühwerk an, indem er erneut den Raum außerhalb der Museen und Galerien aufsucht. Er beteiligt sich an Wettbewerben und geht Kooperationen mit öffentlichen Einrichtungen oder Architekten ein. Damit bezieht er auch zunehmend gesellschaftspolitische Fragen in sein künstlerisches Werk ein. Mit seinen utopischen Entwürfen erforscht Oppenheim auch die Grenzen zwischen Skulptur und Architektur, die sich heute mehr und mehr auflösen.

Dennis Oppenheim wird 1938 in Electric City (USA) geboren, wo sein Vater als Ingenieur tätig ist. Er schließt 1965 sein Studium zuerst mit dem Bachelor of Arts, anschließend mit einem Magister Artium ab. Im Jahr darauf zieht er nach New York, wo er zunächst an Schulen Kunst unterrichtet. Bald jedoch findet er Kontakt zu anderen Künstlern, mit denen er erste Projekte entwickelt. Seit 1984 lebt Oppenheim wechselweise auf Long Island und in New York.

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Dennis Oppenheim
"Safety Cones"
Fünf Tore / Fünf Orte - Ein Kunst im öffentlichen Raum-Projekt für die Stadt Herford
Feierliche Enthüllung der Doppelskulptur „Safety Cones“ von Dennis Oppenheim
Samstag, den 30. Oktober 2010, ab 16 Uhr, Kreuzung Bergertor in Herford