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Die Fotografie ermöglichte die Nahaufnahme, die Vereinzelung und Verabsolutierung von Körperorganen. Die Malerei hat darauf reagiert, besonders im Surrealismus. In der Fotomontage wurden die Organe bzw. Fragmente des Körpers als Elemente möglicher Kombinationen entdeckt. So wie in der Poesie das Anagramm aus der gleichen Buchstabenmenge immer neue Worte entstehen läßt, so sind in der neuen Körperfotografie die einzelnen Organe des Körpers als Bausteine für immer neue Körper interpretiert worden. Hans Bellmer erfand mit seinen Puppen den anagrammatischen Körper. Heute ist dessen Einfluß von Mike Kelley, Gary Hill, Tony Oursler bis Cindy Sherman dominierend. Hier findet die psychoanalytische Theorie der Partialobjekte von Freud bis Lacan ihre Ausformung. Auch die Maler reagierten auf diese Vereinzelung in der Fotografie und malten extreme Nahaufnahmen von Körperteilen oder Transformationen von Körpern bis zum Morphing mit Gegenständen (Maria Lassnig).

Die Fotomontagen der 20er Jahre (John Heartfield, Claude Cahun) oder die Collagetechniken der Wiener Gruppe, der Pop Art oder von John Baldessari sind das Medium schlechthin des anagrammatischen Körpers. Die reale Gestalt des Körpers hat auf das Bild des Körpers reagiert, wie es von den Medien entworfen wurde.

Die digitale Fotografie, die den Körper bloß visuell manipuliert, nimmt die reale Manipulation des Körpers vorweg (z.B. Michael Jackson). Von der Modefotografie bis zu Inez van Lamsweerde sehen wir die Zukunft des Körpers - den virtuellen Körper. Der Körper reagiert in der Wirklichkeit auf das Bild des Körpers. Body Building, Body Styling, Aerobics etc. sind die Technologien der Phantasmen einer obsessiven Körperkultur. Der Körper wird chirurgisch und gentechnologisch so transformiert, daß er den Wunschbildern der Medien oder deren Perversionen entspricht (Helmut Newton, Cher, Orlan). Der anagrammatische Körper nimmt die Gentechnologie vorweg, wie bei den Fotoarbeiten von Aziz + Cucher oder den Körperskulpturen von Dinos & Jake Chapman. Eine Auswahl von Werken von ca. 40 KünstlerInnen zeigt, zum Teil schockierend, ein neues hybrides Körperbild im Zeitalter der Paranoia.

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Der Anagrammatische Körper
Der Körper und seine mediale Konstruktion
Kurator: Peter Weibel

Künstler: Aziz & Cucher, Jordan Baseman, John Baldessari, Hans Bellmer, Anna und Bernhard Blume, Jennifer Bolande, Monica Bonvicini, Candice Breitz, Veronika Bromova, Günter Brus, Nancy Burson, Claude Cahun, Helen Chadwick, Jake & Dinos Chapman, Keith Cottingham, Georgia Creimer, Jiri David, Douglas Davis, Sinje Dillenkofer, VALIE EXPORT, Angus Fairhurst, Dennis del Favero, Thomas Florschuetz, Maria Hahnenkamp, Ilse Haider, Dieter Huber, Birgit Jürgenssen, Massimo Kaufmann, Jürgen Klauke, Inez van Lamsweerde, Maria Lassnig, Lee Bul, Natacha Lesueur, Sarah Lucas, Nadia Magnenat-Thalmann, Petra Maitz, Wendy McMurdo, Lia Menna Barreto, Pierre Molinier, Paloma Navares, Friederike J. Nestler-Rebeau, Yves Netzhammer, Orlan , Tony Oursler, Rona Pondick, Rosangela Renno, Gerhard Rühm, Carolee Schneemann, Anne Schneider, Hannes Schwarz, Cindy Sherman, Laurie Simmons, Janice Sloane, Karel Teige, Herwig Turk, Alba D´Urbano, Peter Weibel, Susanne Widl, Manfred Willmann, Hermione Wiltshire