Städel Museum, Frankfurt

Städelsches Kunstinstitut und Städtische Galerie | Dürerstr. 2
60596 Frankfurt

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Robert Campin, der sogenannte „Meister von Flémalle“, ist momentan in aller Munde. Die höchst spekulative, aber umso romanträchtigere Geschichte um sein Selbstbildnis, das sich angeblich im Ring des zu Anfang der 1430er Jahre entstandenen „Porträts einer Dame“ aus der Londoner National Gallery spiegelt, rückt eine der spannendsten Künstlerpersönlichkeiten der Neuzeit in das Zentrum des Interesses. Ob der Maler, der ein nach den sozialen Regeln seiner Zeit ausschweifendes Leben geführt hat, sich selbst in der nur millimetergroßen Spiegelung des Ringes der jungen Frau überhaupt dargestellt hat, ob er gar deren Geliebter war, der sich vom gehörnten Gatten für das Doppelbildnis der Eheleute auch noch teuer bezahlen ließ, oder ob es sich um gar kein Porträt, sondern lediglich um die Phantasie erhitzende „Farbkleckse“ handelt – die Faszination, die von den Werken des Meisters von Flémalle ausgeht, ist ungebrochen. Ihm und Rogier van der Weyden widmet das Städel Museum in Kooperation mit der Gemäldegalerie der Staatlichen Museen zu Berlin eine große Ausstellung, die sich den bis heute ungelösten Fragen der Kunstgeschichte rund um die „ars nova“, jener revolutionären neuen Malerei in den burgundischen Niederlanden widmen wird, die mit ihrer detailrealistischen Wirklichkeitswiedergabe zu Anfang des 15. Jahrhunderts den Beginn der neuzeitlichen Kunst markiert.

Neben dem Brüderpaar Hubert und Jan van Eyck sind es vor allem der „Meister von Flémalle“, vielfach mit dem Tournaiser Maler Robert Campin gleichgesetzt, und sein zeitweiliger Mitarbeiter, der spätere Brüsseler Stadtmaler Rogier van der Weyden, die für die Entstehung und frühe Entwicklung der altniederländischen Malerei von zentraler Bedeutung sind. Sie stehen für die Entdeckung der sichtbaren Welt, die dank einer raffinierten neuen Maltechnik, der Ölmalerei, in bis dahin ungesehener detailrealistischer Manier geschildert wird: Ein kostbarer Brokatstoff oder die Träne auf der Wange einer trauernden Madonna, die Altersspuren im Gesicht einer alten Frau oder die am fernen Horizont sichtbaren schneebedeckten Alpengipfel, die niederländischen Maler des 15. Jahrhunderts machen Motive bildwürdig, die die europäische Malerei zuvor nicht gekannt hatte. Zugleich werden diese augentäuschend genau wiedergegebenen Details der sichtbaren Welt genutzt, um auf eine transzendente Wirklichkeit jenseits der banalen Alltagsrealität hinzuweisen, ist die Vorstellungswelt der Zeit doch noch zutiefst von religiösen Ideen geprägt.

Auch wenn der „Meister von Flémalle“ alias Robert Campin und Rogier van der Weyden zu den bedeutendsten und innovativsten europäischen Künstlern des 15. Jahrhunderts zählen, auch wenn ihre Gemälde wie der „Merode-Altar“ aus dem Metropolitan Museum of Art, The Cloisters, oder der Marienaltar aus der Gemäldegalerie in Berlin zu den schönsten und populärsten Werken spätmittelalterlicher Kunst gehören – beide Werke werden in Frankfurt zu sehen sein –, so hat es bis heute doch noch keine monographische Ausstellung gegeben, die sich diesen beiden Malern und ihrem Werk gewidmet hat.

Doch der direkte Vergleich der beiden OEuvres – gerade in Fragen der Stilkritik – ist in diesem Fall von besonderer Wichtigkeit. Denn ebenso wie die Gleichsetzung des Meisters von Flémalle mit Campin bis heute umstritten ist, ist auch sein OEuvre in der Abgrenzung zu dem Rogier van der Weydens Gegenstand der Kontroverse. Allein vier monumentale Bücher sind in den letzten Jahren zu beiden Künstlern publiziert worden, die zu teilweise drastisch divergierenden Ergebnissen kommen. In dieser Situation bietet eine Ausstellung, die die Werke beider Künstler z. T. seit Jahrhunderten erstmals wieder vereint, die große Chance, auf der Basis des direkten Vergleichs zu neuen überzeugenden Lösungsvorschlägen zu gelangen. Etwa 50 Meisterwerke beider Künstler werden aus diesem Anlass in der Ausstellung „Der Meister von Flémalle und Rogier van der Weyden. Die Geburt der neuzeitlichen Malerei“ zusammengeführt werden. Sie kommen aus den bedeutendsten Museen der Welt, darunter das Museum voor Schone Kunsten in Antwerpen, die Gemäldegalerie in Berlin, das Groeningemuseum in Brügge, das Art Institute of Chicago, das Cleveland Museum of Art, das Musée des Beaux-Arts in Dijon, das Museum der Bildenden Künste in Leipzig, das Museu Calouste Gulbenkian in Lissabon, die National Gallery in London, das J. Paul Getty Museum in Los Angeles, das Museo del Prado in Madrid, das Museo Thyssen- Bornemisza in Madrid, das Metropolitan Museum of Art in New York, das Musée du Louvre in Paris, die Staatliche Eremitage in St. Petersburg, die National Gallery of Art in Washington und das Kunsthistorische Museum in Wien.

Für das Städel Museum, das selbst eine der bedeutendsten Altniederländer-Sammlungen der Welt besitzt, ist diese Ausstellung ein Meilenstein innerhalb der Altniederländer-Forschung, die am Hause seit vielen Jahren intensiv betrieben wird.

Eine Ausstellung des Städel Museums, Frankfurt, und der Gemäldegalerie der Staatlichen Museen zu Berlin.

Die Ausstellung steht unter der gemeinsamen Schirmherrschaft von Seiner Majestät Albert II., König der Belgier, und von Bundespräsident Horst Köhler.

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Der Meister von Flémalle und Rogier van der Weyden
Die Geburt der neuzeitlichen Malerei

Kurator: Jochen Sander

Künstler: Robert Campin, Rogier van der Weyden

Stationen:
21.11.08 - 22.02.09 Das Städel
20.03.09 - 21.06.09 Gemäldegalerie Berlin