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Zum ersten Mal überhaupt sind die Buchillustrationen des Petrarca–Meisters, der zu den bedeutendsten Graphikern der Dürer–Zeit zählt, in einer Einzelausstellung im Backnanger Grafik–Kabinett zu sehen. Der aus Augsburg stammende Künstler, der seine Werke nicht signiert hat und daher bereits im frühen 17. Jh. nicht mehr namentlich bekannt war, ist schon damals als "dem Dürer wohl zu vergleichen" eingeschätzt worden. Er hat in den Jahren von 1514 bis 1522 Hunderte von Holzschnitten zur Illustration humanistischer Moraltraktate und Tugendspiegel geschaffen, die seinen Zeitgenossen in den politischen Wirren der Reformationszeit eine Anleitung zum Meistern des Alltags liefern sollten. Vom Autor des wichtigsten und meistgelesenen dieser Bücher – Petrarcas "Trostspiegel", der um 1520 ins Deutsche übersetzt wurde – leitet sich auch die Notbenennung des Künstlers als "Petrarca-Meister" ab. Parallel zum Abschluß der "Trostspiegel"–Illustrationen fertigte der Künstler in seinen letzten Lebensjahren außerdem die Holzschnitte zum Regentenspiegel "Officia. Ein Buch, so Marcus Tullius Cicero der Römer […] von den tugendsamen Ämtern und Zugehörungen eines wohl und recht lebenden Menschen in Latein geschrieben" an, der ebenfalls in diesen Jahren ins Deutsche übersetzt wurde.

Die Backnanger Ausstellung, die sich aus dem Bestand der Riecker–Sammlung konstituiert, zeigt rund 45 Blätter aus dem "Trostspiegel" und den "Officia". Sie setzt ein mit der Gegenüberstellung von den Kardinallastern und der Tugend, die in der Personifikation einer Greisin mit Spinnrocken unter dem nächtlichen Himmelsgewölbe unermüdlich arbeitet. Es folgen Darstellungen zu Schicksalen und Geschehnissen des Alltagslebens, die einen großen Bogen von sportlichen Vergnügungen (Fechten, Ballwerfen) über die Brautwerbung und Familiengründung bis hin zum Alter und Tod spannen. Dabei lassen die Holzschnitte auch volkstümliche deutsche Sprichwörter wiedererkennen, wie z.B. "etwas an die große Glocke hängen", das hier die menschliche Hoffnung auf Ruhm nach dem Tod illustriert. Dieser ist angesichts der "bösen Sitten des Menschen", die sich in herrscherlicher Willkür manifestieren, jedoch ebenso vergänglich wie der Schall der Glocke – provozieren sie doch den "Hass des Volkes", das sich unter der Bundschuh–Fahne zum Aufstand rüstet. So gemahnt der Petrarca–Meister in seinen Holzschnitten auch an ein bedachtsames Leben, das er im Sinnbild eines Mannes zeigt, der rasch über einen kaum fußbreiten Steg schreitet – dieser ist allerdings so hoch angesetzt, daß das darunter liegende Dorf miniaturhaft klein erscheint. Ein Fehltritt des Mannes genügt, um sprichwörtlich "tief zu fallen".

Pressetext

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Der Petrarca-Meister
Buchillustrationen des 16. Jahrhunderts
Städtisches Grafik-Kabinett Backnang