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"All diese "Ichs" sind in der Schrift miteinander verwoben, ergeben ein schillerndes Muster, je nachdem, wie man sie liest, welchen Aspekt man in den Vordergrund stellt."

(Roland Barthes, Die Vorbereitung des Romans, Frankfurt 2008)

Despina Stokous Collagen sind ein dichtes Gewebe künstlerischer Ausdrucksformen und diverser Materialitäten, eingebettet in die Vielschichtigkeit zeitgenössischer Themen. Durch Aneignung medialer Materialien wie Bilder und Texte aus Zeitungen und dem Internet, schneidert Despina Stokou ihre Bildthemen zusammen. Der Inhalt der angeeigneten Zitate und Bilder bestimmt oder kommentiert den Inhalt des Arbeit. Despina Stokou ist eine Künstlerin, deren Lebensform, nicht zeitgemäßer sein könnte. Ihre Rolle als Künstlerin, Kuratorin und Herausgeberin vereint und verarbeitet sie im Crossover der Themen und Arbeitsweisen ihrer Werke. Die Vielschichtigkeit der Inhalte scheinen die Collage als probates Mittel zur Wiedergabe ihrer subjektiven Realitätserfahrung zu machen. So werden Ausstellungsrezensionen ihrer eigenen und von ihr kuratierten Ausstellungen, Interviews und virtuelle Repräsentationen markanter Themen, wie Freud und sein „Madonna/ Whore Split“, als Cut Ups ihrer eigentlichen Information beraubt, um in den Collagen verarbeitet und untersucht zu werden. Klassische Themen, werden in einen Kontext gegenwärtiger Popkultur oder Kunst gestellt und auf ihre Aktualität und Bezüge zur Gegenwart hin überprüft. Das Gewebe dieser unterschiedlichen Themen, welches die Ausstellung vereint, besteht in der Auseinandersetzung mit der urbanen Kultur und dem Künstlerdasein. Als Material dient neben ihren Cut Ups eigener Emails und Zeitungsartikel, auch die zur alltäglichen Praxis gewordene Suche nach Informationen im Internet. Die Nutzung der Internetplattform Google fungiert dabei als ein virtueller Filter in der Repräsentation der gesuchten Stichworte, dessen Ergebnisse Despina Stokou dann in ihren Collagen verarbeitet. Die Schichtung von Bildern und Schriften finden sich in einer Ästhetik der Schnelligkeit und expressiven Farbigkeit wieder, die gleichzeitig aber, durch den klassischen Duktus der Malerei, in ihrer Geschwindigkeit gedrosselt wird. Die Arbeiten begegnen einem als eine schwindelerregende Achterbahnfahrt im materiellen und inhaltlichen Sinn. Wirft man einen ersten Blick auf die Leinwände, wird man meist hineingezogen in die Wortarchitekturen, die sich aus der Ferne als amorphe Konstruktionen geben. Tritt man näher, sieht man, dass die Schraffuren fein säuberlich ausgeschnittene Buchstaben sind, die einen mäandernden Text in halluzinogener Aura bilden. Die Schrift ist dabei das markante Merkmal, welches den Collagen auf eigentlich widersinnige Weise erst ihre Bildlichkeit und Räumlichkeit verleiht. Der scheinbaren Schnelligkeit und dem chaotischen Charakter der Bilder liegt eine Akribie im Sammeln, Ausschneiden und Aufkleben der Buchstaben aus Zeitungspapier zugrunde. Dabei spielt die Zeitung nicht nur als bildkonstituierendes Material, sondern auch in Ihrer Wesenheit, als schnelllebiges Medium eine Rolle. So findet man die Zeitung auch auf inhaltlicher Ebene als Text- Bild im Bild wieder. Die übernommenen Zeitungsausschnitte sind so ein Zitat innerhalb der bildnerischen Komposition, welche die Aussage des Bildes manifestieren und von Despina Stokou, in ihren Buchstabencollagen, formell aufgelöst und inhaltlich kommentiert werden. Demnach schließt die Verwendung von Medien als Material, sowie als inhaltliche Reflektion, den Bildinhalt und die Bildkomposition zusammen. Die Reflektion über die Position des Künstlers und der Kuratoren, weisen Despina Stokou als feinfühlige Seismographin der gegenwärtigen Diskussionen in der Kunstwelt, aber auch ihrer eigenen Position als Künstlerin aus. So ist ihr eigener Brief an die anonyme Galerie eine augenzwinkernde, aber durchaus ehrliche Beobachtung der Gegenwart der Kunstwelt aus der Sicht der Künstlerin.

Text: Christina Lehnert

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Despina Stokou