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Eine Ausstellung des Albertinum

Fast alle Gäste des Albertinum dürften Oskar Zwintschers faszinierendes „Bildnis einer Dame mit Zigarette“ aus dem Max Klinger-Saal kennen, das der Autor Florian Illies eine „Ungeheuerlichkeit“ nannte - „ungeheuerlich“ bei einem Entstehungsjahr 1904 für die stupende Modernität, die schon die Neue Sachlichkeit der 1920er Jahre vorweg nahm. Ebenso beliebt ist Emil Noldes Ölbild „Segler im Gelben Meer“ von 1914; es gehört zu den relativ wenigen Werken von „Brücke“-Künstlern in der Galerie Neue Meister.

Diese beiden faszinierenden Gemälde gehörten, wie mehrere Dutzend weitere, zu einer großen privaten Sammlung, die sich einst in Bautzen und dann, ab den 1930er Jahren, in einer Villa auf dem Weißen Hirsch, Bautzner Landstraße 44, befunden hatte. Die Eigentümer der Villa, Rudolf und Dorothea Weigang, flohen 1945 vor der sowjetischen Besatzungsmacht aus Dresden, ein Gutteil der Einrichtung blieb zurück. Nachdem die Villa einige Zeit von Offizieren der Roten Armee bewohnt gewesen war, überwies die Dresdner Stadtverwaltung 1948 ein Konvolut von 48 Objekten – neben den beiden Gemälden auch weitere u.a. von Robert Sterl, Gotthardt Kuehl und Hans Unger, aber auch Porzellane und Keramikkrüge - an die Staatlichen Kunstsammlungen. Deren Direktor, Wolfgang Balzer, hatte zuvor kurzfristig die Gelegenheit bekommen, sich die Stücke auszusuchen.

Im Rahmen der Provenienzforschungen des „Daphne“-Projekts wurde die Liste wieder entdeckt, auf der Wolfgang Balzers Auswahl genau verzeichnet war. Nun hatte man den Schlüssel zur Identifikation der Werke in den Museen der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, Markierungen auf den entsprechenden Stücken konnten nun zugeordnet werden. Innenaufnahmen der Villa an der Bautzner Landstraße, die einen Eindruck von der prächtigen Ausstattung vermittelten und etliche Kunstwerke zweifelsfrei erkennen ließen, ermöglichten schließlich den erfolgreichen Abschluss der Recherchen.

Zur Verfügung gestellt hatten die in einem Album versammelten Fotoaufnahmen die Nachfahren der Sammler, mit denen inzwischen Kontakt aufgenommen worden war. Nun ließ sich auch die genaue Geschichte der Sammlung rekonstruieren. Die Familie Weigang war seit dem 19. Jahrhundert Eigentümer einer großen, prosperierenden Druckerei in Bautzen gewesen, der „Chromolithographische Kunstanstalt und Steindruckerei Gebrüder Weigang“. Dort ist auch der ehemalige Familiensitz erhalten, im Bautzner Stadtmuseum befinden sich zahlreiche Werke, die auf Stiftungen und Schenkungen der kunstinteressierten Familie zurück gingen.

Als Glücksfall für die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden erwies es sich, dass die Nachfahren bereit waren, über den Verbleib der Kunstwerke in Dresden zu verhandeln. Die Gespräche waren letztendlich erfolgreich und den Staatlichen Kunstsammlungen gelang es, das gesamte Konvolut zu erwerben und – auch ganz im Sinne der Familie Weigang - dauerhaft für die Öffentlichkeit zu sichern. So können also beispielsweise - neben den beiden eingangs erwähnten Meisterwerken der Malerei im Albertinum - im Zwinger weiterhin zwei Porzellanschüsseln der Edo-Zeit (17. Jahrhundert) bewundert werden, die zu den frühesten Beispielen mit kobaltblauem Unterglasur-Dekor zählen.