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Eröffnung: Samstag, 07.07.2007

Floris M. Neusüss, Professor für experimentelle Fotografie an der Kunsthochschule Kassel gründete und leitete über zehn Jahre das Fotoforum. Kassel wurde dadurch zu einem Zentrum und internationalen Schnittpunkt einer zweiten Avantgarde in der Photographie. Die Ausstellung der Stiftung Moritzburg greift zurück auf das Archiv des Fotoforums, das Floris M. Neusüss 2006 an die Sammlung Photographie der Stiftung Moritzburg übergeben hat. Es dokumentiert eine entscheidende Phase in der Entwicklung der Photographie als Kunst, die Neusüss gemeinsam mit Studenten, mit Gastkünstlern und -wissenschaftlern in Ausstellungen, Publikationen und Tagungen mit dem Ziel voran getrieben hat, das Verhältnis von Photographie und Kunst zu untersuchen und grundlegend zu verändern.

Während sich die erste Avantgarde der Photographie im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts als "Neues Sehen" mit einer strikten Orientierung auf Eigenheiten des technischen Bildmediums Photographie etablierte, also auf Detailgenauigkeit, Durchzeichnung, Kontrastreichtum, Kameraperspektive und eine Fülle von experimentellen Verfahren abzielte, erweitert die zweite Avantgarde seit 1968, besonders aber in den siebziger Jahren die Nutzung des Mediums radikal.

Künstler arbeiten mit Photographie, Photographen machen Kunst. Konzeptuelle Serien, Selbst- und Bildinszenierungen, Bild-Text-Gefüge, Medienreflexion, -kritik und -erweiterung sind Ansätze dieser internationalen Bewegung im Zusammenhang und Wechselspiel mit concept art, body art, land art, performance und copy art. Es entsteht Photographie über Photographie, Photographie als Kunst, Kunst als Photographie. Der Wandel im Medium Photographie verläuft vom angewandten zum freien Arbeiten, vom Einzelbild zu Serien, Sequenzen, Tableaus und Installationen, vom Abbild zum Bild.

Anfang der achtziger Jahre ist die Medienreflexion für die zweite Avantgarde gleichsam durchbuchstabiert, nun gibt es den Hunger nach Farbe und ganz unterschiedliche Weisen des Inszenierens wetteifern miteinander.

In der jetzigen Situation digitaler Beliebigkeit, in der das analoge Bild beinahe zu verschwinden scheint, lohnt der Blick (zurück) auf die Selbstvergewisserung und -befragung des Mediums seit den siebziger Jahren.

Zu sehen sind Werke u.a. von Floris M. Neusüss, B. u. H. Becher, B.J. Blume, C. Boltanski, G. Brus, R. Cieslewicz, V. Export, K. Feldmann, J. Le Gac, J. Gerz, R. Heinecken, J. Hilliard, A. Kaprow, J. Klauke, U. Lüthi, U. Mulas, A. u. P. Poirier, S. Polke, A. Rainer, T. Rautert, W. Schürmann, C. Wilp

Ein Begleitbuch zur Ausstellung erscheint im Mitteldeutschen Verlag. Es enthält einen 120seitigen Bildessay, ein Gespräch mit Herbert Molderings sowie Texte von Laura Gieser, T.O.Immisch, Anja Jackes, Lech Lechowicz, Maria Meinel und Floris M. Neusüss mit zahlreichen Abbildungen.

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Die zweite Avantgarde
Das Fotoforum Kassel 1972-1982

mit Floris M. Neusüss, Bernd und Hilla Becher, Bernhard Blume, Christian Boltanski, Günter Brus, VALIE EXPORT, Jean Le Gac, Jochen Gerz, Robert Heinecken, John Hilliard, Allan Kaprow, Jürgen Klauke, Urs Lüthi, Anne & Patrick Poirier, Sigmar Polke, Arnulf Rainer, Timm Rautert, Charles Wilp ...