press release only in german

Vernissage: Freitag, 28. März 2008, 18 bis 20 Uhr

Verkleiden, verschleiern, verhüllen, verdecken – das englische Wort disguise lässt sich vielfältig ins Deutsche übersetzen. Während in unserer heutigen Gesellschaft praktisch alles schonungslos offen gelegt und analysiert wird, das Private ans grelle Licht der Öffentlichkeit gezerrt wird und auch die letzten Tabus zu fallen drohen, ist als Gegenbewegung vermehrt ein Rückzug - als Verteidigung und Schutz, als alternatives Lebensmodell oder als Form der Kritik – zu beobachten. In der Ausstellung „Disguised“ stellt Rotwand verschiedene Positionen vor, welche sich mit dieser Thematik auseinandersetzen: auf politische, gesellschaftliche oder private Weise. Die mit Tusche gezeichneten, kleinformatigen Figuren von Laylah Ali (1968, Buffalo NY) haben etwas Stereotypes und Cartoonhaftes. Versteckt hinter dem leicht abstrahierten, mitunter „naiven“ Zeichnungsstil werden Geschichten angedeutet, aber nicht zu Ende erzählt. Verhüllt in den exotisch anmutenden, mit reichhaltigen Details gezeichneten Gewändern und Haarprachten der Figuren sind die Charaktere nicht wirklich lesbar, bleiben leer und kommen uns gleichwohl seltsam vertraut vor. Alis Arbeiten oszillieren oft zwischen Zuneigung und Gewalt und handeln von Fragen der Rassen-, Klassen- und Geschlechterzugehörigkeit sowie der Machtverteilung. Melanie Bonajo (1978, Heerlen) und Kinga Kielczynska (1972, Warschau) dokumentieren in ihrem gemeinsamen Projekt „Modern Life of the Soul“ mit Fotografien die Existenz eines fiktiven, heiligen Kultes an der Ostgrenze Polens. Im Glauben, dass sich die heutige Leistungsgesellschaft mit dem Recht des Stärkeren und des in Egoismus sich wandelnden Individualismus auf dem Irrweg befindet, wenden sich die Anhänger des Kultes von der gängigen Darwin’schen Evolutionstheorie ab. Sie sind der Überzeugung, dass die Menschheit eigentlich von den Pflanzen abstammt und leben darum wie diese zurückgezogen in einem urzeitlichen Wald. Verborgenes, teilweise Intimes bringt Heidi Bucher (1926 Winterthur, †1993 Brunnen) in den präsentierten Arbeiten an die Oberfläche. Ein Bettlaken mit Kopfkissen, ein Negligé, ein Zierkissen wurden von der Künstlerin in Latex getaucht und dadurch einbalsamiert, verhüllt, konserviert – ein Einfrieren der Zeit, doch zugleich flüchtig und vergänglich durch die Wahl des nicht für die Ewigkeit gemachten Materials. Vergangenes bleibt und wird dennoch abgestreift, in permanenter Metamorphose. Mitten in der Galerie steht ein aufgewinkeltes Fenster exemplarisch für ihre gehäuteten Wohnräume. Das Fenster ist noch verhüllt, die Latexhaut noch nicht abgezogen, das Geheimnis vergangener Zeiten klebt fest an den Gläsern. Yael Davids (*1968, Kibbutz Tzuba) isoliert in ihren Arbeiten oft einen bestimmten Körperteil, bringt ihn in ungewohnte, manchmal komisch skurrile Situationen und löst dadurch beklemmende Gefühle und Assoziationen aus. In der gezeigten Videoarbeit „Face“ steht das Gesicht im Mittelpunkt. Ganz langsam, fast unmerklich bewegt sich die Haarpracht um das Gesicht, verdeckt die Augen, den Blick, gibt ihn wieder frei, verhüllt ihn wieder – in einer endlosen 360º-Schlaufe. So sehr man auch versucht die Person zu erfassen, sie entschwindet wieder und wieder durch die Bewegung der Haare. Das rotierende Haar gibt immer wieder andere Blicke auf das Gesicht frei, löst viele Assoziationen aus und lässt dennoch nicht zu, es ganz zu begreifen.

ROTWAND Sabina Kohler & Bettina Meier-Bickel Rotwandstrasse 53, CH-8004 Zürich, T/F +41 44 240 30 55 www.rotwandgallery.com, info@rotwandgallery.com

Disguised 29. März – 9. Mai 2008

only in german

Disguised

Künstler: Laylah Ali, Melanie Bonajo & Kinga Kielczynska, Heidi Bucher, Yael Davids