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DOK 2006 | Die Wettbewerbe

+++ Internationaler Wettbewerb Dokumentarfilm Traditionen, Familiengeschichten und Politisches

mit Hosup Lee, Mikala Krogh, Sergej Loznica, Mark Verkerk, Erich Langjahr, Arash, Heddy Honigmann, Cindy Stillwell, Stanley Nelson, Sonja Lindén, Marko Skop, Lucie Králová, Tali Shemesh, Marina Razbezhkina, Uruphong Raksasad, Wojciech Kasperski, Tarja Mattila, Edgar Bartenev, Hans-Dieter Grabe, Allan King

In den Internationalen Wettbewerb Dokumentarfilm haben es in diesem Jahr insgesamt 19 Filme aus 15 Ländern geschafft. Darunter für den Dokumentarfilm so ungewöhnliche Produktionsländer wie Myanmar oder Thailand („Buddha's Lost Children“, „The Longest Day“). Die Auswahlkommission für den Bereich Dokumentarfilm bestand wie bereits 2005 aus Festivaldirektor Claas Danielsen, Filmemacher Matthias Heeder, Dramaturgin Cornelia Klauss , Autorin Dr. Grit Lemke, Filmpublizist Ralf Schenk und Filmwissenschaftlerin Barbara Wurm.

Die ausgewählten Wettbewerbsfilme spiegeln sowohl inhaltlich als auch stilistisch die enorme Bandbreite des vergangenen Produktionsjahres wieder. Dennoch lassen sich durchaus thematische Verdichtungen innerhalb der nominierten Produktionen herauslesen: So beschäftigen sich allein vier der Filme mit den Motiven Einsamkeit und Tod: Die niederländische Regisseurin Heddy Honigmann (1994 Goldene Taube für „Metall und Melancholie“) trifft leidenschaftliche Verehrer verstorbener Künstler auf dem Pariser Friedhof „Pére Lachaise“ und erfährt durch diese 'morbiden' Begegnungen einiges über das Universum menschlichen Lebens („Forever“). In unmittelbarer Nachbarschaft zum Friedhof treffen sich auch die Mitglieder des „Cemetery Club“ in Jerusalem: Allesamt Rentner, diskutieren sie lebhaft über elementare Fragen des Lebens und des Sterbens – und hören auch nicht damit auf, als der Clubsitz krankheitsbedingt ins Pflegeheim verlegt werden muss (Tali Shemesh, Israel). Die Einsamkeit im Angesicht des eigenen Alters spüren zwei alte Frauen im sehr poetischen thailändischen Wettbewerbsbeitrag „The Longest Day“ von Uruphong Raksasad. Auch der finnische Film „No Man is an Island“ von Sonja Lindén thematisiert den bevorstehenden Tod und begleitet einen alten Mann bei der minutiösen Vorbereitung seiner Hinterlassenschaft.

Die schwierige Situation traditioneller Lebensweisen und Kulturen in der heutigen Zeit stehen im Mittelpunkt der tschechisch/slowakischen Koproduktion „Other Worlds“: Regisseur Marko Skop zeigt das Neben- und Miteinander unterschiedlicher Volks- und Religionsgruppen und ihrer jeweiligen Traditionen in einem karpatischen Dorf mit viel hintergründigem Humor. Das zumindest noch teilweise funktionierende Bewahren indigener Lebensweise ist auch das Thema der visuell beeindruckenden Produktion „Yaptik-Hasse“ von Edgar Bartenev aus Russland. Einen Ausweg aus Armut und Perspektivlosigkeit bietet ein thailändischer Mönch Kindern im von Drogenkämpfen geprägten „Goldenen Dreieck“, die er in unermüdlicher Mission in sein Kloster holt, dort fördert, betreut und ihnen die Chance auf ein anderes Leben gibt: „Buddha’s Lost Children“, aufwändig gefilmt von Mark Verkerk (Niederlande/Myanmar/Thailand). „The Holiday“ von Marina Razbezhkina, in Szene gesetzt von der renommierten russischen Kamerafrau Irina Uralskaja, begleitet ein Mädchen, das nur in den Schulferien in ihr sibirisches Dorf zurückkehrt. Doch die dortigen Traditionen sind größtenteils zerstört, Armut und Hoffnungslosigkeit bestimmen den Alltag. Eine bildgewaltige Würdigung aussterbender bäuerlicher Welten zeigt der Schweizer Erich Langjahr, ebenfalls bereits mit einer Leipziger Taube geehrt, in „Das Erbe der Bergler“. Persönliche Geschichten und familiäre Beziehungen setzen einen Dokumentarfilmtrend der letzten Jahre fort: „The Seeds“, zurückhaltend und eindringlich gefilmt von Nachwuchsregisseur Wojciech Kasperski (Polen), zeigt eine von Alkohol und Armut zerstörte russische Familie, „Beth’s Diary“ zeichnet die Leidensgeschichte einer ehemaligen Prostituierten in der Beziehung zu ihrer Mutter nach, die sie schon als Kind auf den Strich geschickt hatte (Mikala Krogh, Dänemark) und „Exile Family Movie“ dokumentiert das konfliktreiche und dennoch zutiefst liebevolle Familientreffen einer in die ganze Welt verstreuten iranischen Familie vor dem Hintergrund der Auseinandersetzung mit der islamischen Lebensweise. Mit viel Humor und dem Blick fürs Abseitige mitten im Alltag porträtiert Lucie Králová in „Sold“ (Tschechien) ein altes Mietshaus und seine Bewohner. Eine ziemlich schwierige Beziehung steht im Mittelpunkt von „And Thereafter II“: Regisseur Hosup Lee, der 2004 in Leipzig die Silberne Taube gewann, erzählt die dramatische Geschichte einer Koreanerin in den USA, thematisiert auf selbstreflexive Weise jedoch eine weitere Ebene: Die für fast jeden Dokumentarfilmer herausfordernde Beziehung des Filmemachers zu seinen Protagonisten. Die überraschende und beeindruckende Fusion zwischen künstlerischer Handschrift und politischem Thema zeigen zwei ganz unterschiedliche Produktionen dieses Wettbewerbsjahrgangs: In dem konzeptionell angelegten „A Day To Remember“ stellt Regisseur Liu Wei eine ganz simple Frage – und zeigt dadurch gleichzeitig die enorme Dimension politischer Tabuisierung in China. Sergej Loznica, mehrfacher Taubengewinner in Leipzig, bearbeitet und montiert auf beeindruckende Weise teilweise bislang unveröffentlichtes Archivmaterial der Leningrader Blockade – und schafft damit ein intensiv verdichtetes Dokument des Grauens während der damaligen deutschen Belagerung. Künstlerisch und experimentell ist auch „High Plains Winter“, ein Kurzfilm von Cindy Stillwell (USA) über die jahreszeitlichen Veränderungen einer Landschaft im amerikanischen Westen. Der zweite Beitrag aus den USA, „Jonestown – the Life and Death of Peoples Temple“ dokumentiert Aufstieg und grausamen Niedergang einer Utopie, einer charismatischen und tief gestörten Persönlichkeit und eines zeitgeschichtlichen Phänomens. Regisseur Stanley Nelson gelingt dies anhand noch nie gezeigter Aufnahmen und sehr persönlicher Interviews ehemaliger Mitglieder und Angehöriger der Opfer des „größtem Massenselbstmordes der Geschichte“ im Dschungel von Guyana. Die Internationale Jury Dokumentarfilm entscheidet über die Vergabe der Goldenen und Silbernen Tauben im Bereich Dokumentarfilm sowie über die Talent-Taube der Medienstiftung der Sparkasse Leipzig und damit insgesamt über Preise in Gesamthöhe von 28.000 Euro. In diesem Jahr konnten wir folgende internationale Kollegen für die Mitwirkung in der Jury gewinnen: Ulla Jacobsen (Filmwissenschaftlerin und DOXChefredakteurin, Dänemark), Arunas Matelis (Filmemacher und letztjähriger Gewinner der Goldenen Taube bei DOK Leipzig, Litauen), Chris McDonald (Festivaldirektor „Hot Docs“, Kanada), Zoran Popovi? (Filmemacher, Festivaldirektor und Leiter der Filmschule „Kvadrat“, Serbien) und Ilana Tsur (Filmemacherin und Festivaldirektorin „Docaviv“, Israel).

+++ Deutscher Wettbewerb Dokumentarfilm Frauen auf dem Vormarsch

mit Lars Barthel, Gerd Kroske, Karin Jurschick, Ulrike Franke, Michael Loeken, Heidi Specogna, Rainer Komers, Olaf Winkler, Susanna Salonen, Kirstin Krüger, Marion Kainz

Bereits im Internationalen Wettbewerb Dokumentarfilm wird mit acht Filmen deutlich, was sich im deutschen Wettbewerb (mit sechs von zehn Produktionen) als Trend verfestigt: Die Frauen sind auf dem Vormarsch! Nicht nur als Protagonistinnen, auch als Regisseurinnen. Persönliche Geschichten sind dabei thematisch stark vertreten, jedoch nicht ausschließlich - und stehen übrigens auch im Zentrum der Aufmerksamkeit männlicher Filmemacher. Ulrike Franke und Michael Loeken eröffnen das diesjährige Festival mit der Weltpremiere des Globalisierungsfilms „Losers and Winners“: Chinesische Schichtarbeiter demontieren eine gigantische Industrieanlage im Ruhrpott – das geht nicht ohne skurrile Momente vonstatten. Heidi Specogna zeichnet mit ihrem politischen Film-Essay „Das kurze Leben des José Antonio Gutierrez“ Puzzle-artig die fast unglaubliche Geschichte des ersten toten GI’s im Irak-Krieg nach. In „Der Anfang war gut“ spürt Susanna Salonen mit leichter Handschrift der komplizierten Beziehung zu ihrer Hippie-Mutter nach; den Tod des eigenen Vaters verarbeitet Karin Jurschick per Video – und berührt in der Art, den Toten zu filmen, durchaus nicht nur persönliche, sondern auch ethische Grenzen („Nicht mehr“). Tod ist auch das Thema von Lars Barthel. Er spürt der Beziehung zur Mutter seiner Tochter, der Zeit als Filmstudent in der DDR, einem längst vergangenen Lebensgefühl und der indischen Herkunft seiner Ex-Frau auf ganz unterschiedlichen Ebenen nach: „Mein Tod ist nicht dein Tod“. Wenn die Eltern sterben, ist das für alle Familien ein enormer Einschnitt. Wie das fragile Gleichgewicht der Lebensorganisation in einer kinderreichen Familie aus Sachsen-Anhalt dadurch ins Wanken gerät, zeigt Kirstin Krüger in „Geld und Angst haben wir nicht gekannt“. Ebenfalls in der Region, mitten in Leipzig, ist „Kehraus, wieder“ angesiedelt. Wie auch schon die beiden ersten Teile der Trilogie (1990, 1997) begleitet der Film die - traurigen - Schicksale von Leipziger Straßenkehrern. Lange Zeit begleitete auch Marion Kainz ihre Protagonistin. Oft schmerzhaft nah dran ist sie an Johanna, die alles hat und doch nicht weiß, wohin mit sich („Johanna sucht das Glück“/ Arbeitstitel). Dass einer eigentlich desolaten Situation, so wie die des ehemaligen NVA-Stützpunktes Eggesin in Mecklenburg-Vorpommern, auch mit Mut, Ideen und schrägem Optimismus begegnet werden kann, zeigt „Eggesin Möglicherweise“ von Olaf Winkler: Schrumpfende Städte mal anders! Eine Stadt, die ebenfalls aber auf ganz anderer Ebene ihr Selbstverständnis überdenken musste, porträtiert Rainer Komers in „Kobe“: Ohne Kommentar, visuell und klanglich intensiv, rhythmisch und kunstvoll. Die Deutsche Jury entscheidet über den „Discovery Channel Filmpreis“, dotiert mit 10.000 Euro und besteht in diesem Jahr aus Produzent Thomas Kufus und Regisseurin Frauke Sandig. Aufgrund einer Absage steht das dritte Jury-Mitglied noch nicht endgültig fest.

+++ Internationaler Wettbewerb Animationsfilm Deutsche Filme im Aufwind

mit Jan Bitzer, Ilija Brunck, UrumaDelvi, Mikhail Aldashin, Oleg Uzhinov, Isabelle Favez, Matthew Walker, Michael O’Sullivan, Catherine McIntyre, Andrey Tsvetkov, Isabel Herguera, Alexey Demin, Ju-Young Ban, Anna Blaszczyk, Michaela Pavlátová, Eddie White, James Calvert, Steven Woloshen, Vuk Jevremovic, Gabriela Gruber, Florence Miailhe, Dmitri Geller, Hyekung Jung, Joanna Quinn, Louis Blaise, Roger Lagache, Dana Dorian, Ian W. Gouldstone, Ramil Usmanov, Marek Skrobecki, Mati Kütt, Simon Bogojevic-Narath, Joe Hsieh, Anastasia Zhuravleva, Alexandre Petrov, Mike Grimshaw, Jan Koester, Georges Schwizgebel, Gitanjali Rao, Run Wrake, Svetlana Filippova, Leigh Hodgkinson, Marv Newland, Dustin Rees, Mahmood Fakhrinejad, Benji Davies, Simone Massi, Pierre Delarue, Aurélie Charbonnier, Hanna Nordholt, Fritz Steingrobe, Theodore Ushev, Regina Pessoa, Guilherme Marcondes

Insgesamt ist für den Animationsfilm in Leipzig 2006 eine große Vielfalt charakteristisch: Viele unterschiedliche Themen, viele verschiedene Handschriften und Techniken sowie eine große Bandbreite an Produktionsländern finden sich dieses Jahr im Internationalen Wettbewerb. Gespannt darf das Publikum bei der Filmauswahl auch auf den speziellen Blick von Jacqueline Zeitz sein: Die Kulturwissenschaftlerin kuratierte in diesem Jahr das erste Mal die Animationsfilmsektion und folgt damit Otto Alder, der den Animationsfilm seit 1993 geleitet hatte. Insgesamt wetteifern in diesem Jahr 48 Filme (gezeigt in fünf Programmen) aus 24 Ländern um die Preise. Die vielfältigen Themen und Stile der Filmemacher entfalten sich in Geschichten von einem Tag in der Moskauer Metro – erzählt mittels gelegter Knöpfe – in „Mind the Gap!“ von Anastasia Zhuravleva (Russland) über eine im Doku-Soap-Stil liebevoll-ironisch begleitete englische Katastrophenfamilie („Dreams and Desires - Family Ties“, Joanna Quinn, Großbritannien), bis zur Puppenanimation „Ichthys“ von Marek Skrobecki (Polen), die die Frage nach dem Sein, dem Werden und dem Warten ganz anders erzählt oder dem – in 3D – endlich gelüfteten metaphysischen Geheimnis eines Plumpsklos („Boitel“, Russland). Vielfalt, aber kein Trend? Doch: Der Deutsche Animationsfilm ist nach langen eher schwachen Jahren wieder ganz vorne dabei! Und die sechs Filme deutscher Produktion versprechen einiges: Gabriela Gruber zeigt mit ihrer wunderschön gemalten experimentellen Produktion „Come on Strange“ einen ungewöhnlichen Blick aufs Leben, die renommierten Animationsfilmer Hannah Nordholt und Fritz Steingrobe arbeiteten in „Drei Grazien“ mit der aufwändigen und ungewöhnlichen Rotoskop-Technik, Jan Bitzer und Ilija Brunck zeigen in „458 nm“ per 3D-Animation, wie spannungsreich ein Flirt zwischen zwei Schnecken sein kann und Vuk Jevremovic bleibt seinem fein gezeichneten Stil auch im hervorragend produzierten schwarz-weiß-Film „Schließ die Augen und atme nicht“ treu. Jan Koester aus Potsdam vereint ein jugendliches Thema mit klassischer Silhouettenfilm-Ästhetik („Our Man in Nirvana“) und Hyekung Jung zeigt die dramatische Geschichte eines Zwangsneurotikers („Drawing the Line“). Auch die großen Stars des Animationsfilms sind im vergangenen Jahr wieder produktiv gewesen und bringen ihre neuesten Produktionen nach Leipzig: neben Vuk Jevremovic kommen auch Mikhail Aldashin mit „About Ivan the Fool“ und Dmitri Geller („Declaration of Love“) aus Russland, Matti Kütt aus Estland mit „Institute of the Dream“ und der Schweizer Georges Schwizgebel mit „Play“ zum Festival.

In der Internationalen Jury für den Animationsfilm wirken 2006 Filmemacherin Bärbel Neubauer (Deutschland), Fachjournalist Stanislav Ulver (Tschechien) und Filmemacher Priit Pärn (Estland). Die Jury entscheidet über die Goldene (5.000 Euro) und Silberne (2.000 Euro) Taube sowie den mephisto 97,6- Publikumspreis. Besonders freut das Festival dabei die Unterstützung durch den Filmverband Sachsen e.V.: Gemeinsam mit DOK Leipzig stiftet der Filmverband die Goldene Taube, den Hauptpreis der Sektion Animationsfilm.

+++Sonderreihen & Retrospektiven 2006

mit Hans Fischinger, Romeo Grünfelder, Wolfgang Kaskeline, Franz Schömbs, Oskar Fischinger, Herbert Seggelke, Hans Richter, Walter Ruttmann, Hans Fischerkoesen, Edgar Reitz, Guido Seeber, László Moholy-Nagy, Rotraut Pape, Klaus Partzsch, ürgen Böttcher, Vlado Kristl, Lutz Dammbeck, Helmut Herbst, Viking Eggeling, Jochen Kraußer, Ella Bergmann-Michel, Werner Nekes, Matthias Müller

Grobkörnige, unscharfe Bilder. Menschen, die nach oben sehen. Einer hat eine Videokamera dabei und filmt das Gesehene. Eine Frau flüchtet in die Arme ihres Mannes. Finger zeigen nach oben. Wer sieht da was? Das diesjährige Festivalmotiv ist anders: Es ist Kunst, es ist politisch, es ist dokumentarisch und zugleich fiktiv, es ist subjektiv, es verwirrt, macht neugierig und befremdet zugleich. Die Plakatmotive sind Ausschnitte aus dem Buch- und Filmprojekt „Terror Terra Errata“, der Diplom-Arbeit des Fotografen Martin Willner. Er greift das Thema vom Blick auf den Terror auf und verfremdet mediale Schlüsselbilder. Willners Bilder jedenfalls sind echt, aber die Wahrhaftigkeit projiziert der Betrachter selbst in sie hinein: Der nach oben gerichtete, vermeintlich entsetzte Blick der Menschen auf dem diesjährigen Festivalmotiv ist nicht auf die brennenden Türme des World Trade Centers am 11. September 2001 gerichtet, sondern auf die Fahrgeschäfte eines Volksfestes.

Bilder nicht einfach zu konsumieren, sondern zu hinterfragen, ist auch Anliegen des künstlerischen Dokumentarfilms und des Leipziger Festivals – und damit schlägt das Motiv Martin Willners auch inhaltlich die Brücke zu zwei unserer aktuellen Sonderreihen: Das Spiel mit der vermeintlichen Realität und der Frage, ob wir nur das sehen, was wir sehen wollen, steht im Mittelpunkt unserer diesjährigen Sonderreihe „Fake! Trick me if you can“, in der 'gefälschte Dokumentarfilme' gezeigt werden. Die Filme dieser Reihe führen uns als Betrachter an der Nase herum, wenn die Codes des vermeintlich Authentischen mit ihren eigenen Methoden entlarvt werden. Ein gut gemachtes 'Fake' parodiert nicht nur die dokumentarischen Formen, sondern wirft auch einen ironischen Blick auf seine Themen und Produktionsprozesse. Mit einem Blick in die Welt der 'Fakes' werfen wir ein Blick mitten ins Herz des Dokumentarfilms.

Der Frage nach der Blickrichtung geht die diesjährige Sonderreihe „Tausendundein Bild - Arabischer Dokumentarfilm im Aufbruch“ nach – entscheidend ist nicht nur, worauf sich der Blick richtet, sondern auch, aus welcher Richtung er kommt. Während unzählige Dokumentationen nach dem 11. September 2001 versuchten, dem Phänomen des islamistischen Fundamentalismus näherzukommen, wird mit diesen Produktionen die Innenperspektive gezeigt: Jenseits ideologischer Schranken und vorgefertigter Bilder zeigen arabische Filmemacher auf sehr persönliche Weise die Lebenswirklichkeit der Menschen in der Region. DOK Leipzig möchte mit diesem Sonderprogramm eine Welt zugänglich machen, die sich dem westlichen Fernsehzuschauer und Kinogänger sonst weitgehend verschließt.

Aufregende Bilder und ungewöhnliche Perspektiven verspricht auch unsere diesjährige vom Bundesarchiv-Filmarchiv konzipierte Retrospektive: Die Reihe „Lichtspiele“ wird sich mit der klassischen deutschen Filmavantgarde beschäftigen und deren Spuren im Experimentalfilm der DDR und der Bundesrepublik Deutschland weiterverfolgen und umspannt die Jahre zwischen 1921 und 1987. Gezeigt werden Filme u.a. von Walter Ruttmann, Hans Richter, Oskar Fischinger, Laszlo Moholy-Nagy, ergänzt werden soll die Retrospektive durch Abstecher in den filmischen 'Underground' mit Werken von Lutz Dammbeck oder Jürgen Böttcher.

Eine Retrospektive widmet das Festival auch dem baltischen Dokumentar- und Animationsfilm der letzten 15 Jahre. Obwohl: "Den“ baltischen Film gibt es so nicht. In Estland, Lettland und Litauen haben sich bereits vor der Unabhängigkeit ganz eigene künstlerische Handschriften entwickelt. Die unterschiedlichen Stile setzen sich fort, doch die nachwachsenden Künstlergenerationen der drei Länder eint eine poetische, mitunter sehr persönliche Sicht auf Themen, die in der Region fest verwurzelt sind: Geschichten über die sowjetische Unterdrückung, Suche nach Identität in der post-sowjetischen Konsumgesellschaft und den Menschen in seinem Kampf um ein würdiges Leben. Verfolgen Sie mit uns „Die Poesie des Realen“ und die rasante Entwicklung der Region in den vergangenen 15 Jahren - in Geschichten, Bildern und Diskussionen.

Pressetext

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49. INTERNATIONALES LEIPZIGER FESTIVAL FÜR DOKUMENTAR- UND ANIMATIONSFILM

mit Marko Skop, Mary Jordan, Hosup Lee, Mikala Krogh, Sergej Loznica, Mark Verkerk, Erich Langjahr, Arash, Heddy Honigmann, Cindy Stillwell, Stanley Nelson, Sonja Lindan, Lucie Kralova, Tali Shemesh, Marina Razbezhkina, Uruphong Raksasad, Wojciech Kasperski, Tarja Mattila, Edgar Bartenev, Hans-Dieter Grabe, Allan King, Lars Barthel, Gerd Kroske, Karin Jurschick, Ulrike Franke, Michael Loeken, Heidi Specogna, Rainer Komers, Olaf Winkler, Susanna Salonen, Kirstin Krüger, Marion Kainz, Jan Bitzer, Ilija Brunck, UrumaDelvi, Mikhail Aldashin, Oleg Uzhinov, Isabelle Favez, Matthew Walker, Michael O’Sullivan, Catherine McIntyre, Andrey Tsvetkov, Isabel Herguera, Alexey Demin, Ju-Young Ban, Anna Blaszczyk, Michaela Pavlátová, Eddie White, James Calvert, Steven Woloshen, Vuk Jevremovic, Gabriela Gruber, Florence Miailhe, Dmitri Geller, Hyekung Jung, Joanna Quinn, Louis Blaise, Roger Lagache, Dana Dorian, Ian W. Gouldstone, Ramil Usmanov, Marek Skrobecki, Mati Kütt, Simon Bogojevic-Narath, Joe Hsieh, Anastasia Zhuravleva, Alexandre Petrov, Mike Grimshaw, Jan Koester, Georges Schwizgebel, Gitanjali Rao, Run Wrake, Svetlana Filippova, Leigh Hodgkinson, Marv Newland, Dustin Rees, Mahmood Fakhrinejad, Benji Davies, Simone Massi, Pierre Delarue, Aurélie Charbonnier, Hanna Nordholt, Fritz Steingrobe, Theodore Ushev, Regina Pessoa, Guilherme Marcondes, Hans Fischinger, Romeo Grünfelder, Wolfgang Kaskeline, Franz Schömbs, Oskar Fischinger, Herbert Seggelke, Hans Richter, Walter Ruttmann, Hans Fischerkoesen, Edgar Reitz, Guido Seeber, László Moholy-Nagy, Rotraut Pape, Klaus Partzsch, Jürgen Böttcher (Strawalde ), Vlado Kristl, Lutz Dammbeck, Helmut Herbst, Viking Eggeling, Jochen Kraußer, Ella Bergmann-Michel, Werner Nekes, Matthias Müller ...