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The Swing (after after Fragonard), 2009

Donna Kukamas im Jahr 2009 entstandene Videoarbeit »The Swing (after after Fragonard)« hat sich, wie der Titel nahelegt, von seiner ursprünglichen Quelle, dem Gemälde »The Swing« [Org.: Les heureux hasards de l’escarpolette] von Jean-Honoré Fragonard aus dem Jahr 1767, in zweifacher Hinsicht entfernt. Einmal steht sie in Bezug zu Yinka Shonibares bekannter Skulptur »The Swing (after Fragonard)«, damit nahm der Künstler im Jahr 2001 auf Fragonard’s Gemälde und damit auf ein Werk Bezug, das im Schatten der sich anbahnenden Französischen Revolution zum Sinnbild der Frivolität und der moralischen Verwerflichkeit der französischen Aristokratie wurde. Shonibares Arbeit befasst sich mit Themen wie Authentizität, Herkunft und Macht sowie den parallel existierenden Lebenswelten der Ersten und der Dritten Welt.

Kukamas Reaktion darauf ist eine Umsetzung der dritten Generation. Ähnlich wie bei Shonibare verweist der Titel auf die Abstammungsgeschichte der Arbeit - trotz der Jahrhunderte, die zwischen den beiden Werken liegen, hat sie sich von ihrer Quelle nicht allzu weit entfernt. Obwohl sie einen Filter durchläuft, der stark durch den Kontext ihrer Entstehung aus einer ortsbezogenen Intervention heraus geprägt ist.

Von oben gefilmt zeigt die Videoarbeit im Zeitlupentempo, wie Kukama in einem weißen Kleid heiter in den Bildausschnitt hinein und daraus heraus schaukelt. Auf dem Boden, der sich etwa sieben Meter unter ihr befindet, versammelt sich immer wieder eine erwartungsvolle Gruppe von Menschen , die sich um die Zehnrandnoten (jede einzelne Note entspricht einem Gegenwert von einem Euro) balgt, welche die Künstlerin ab und zu fallen lässt. Als die Schaukel ohne ihren Körper wieder in das Blickfeld der Kamera eintritt, ist sofort ein Gefühl von Verlust, Hoffnungslosigkeit und Unzufriedenheit spürbar.

Es handelt sich in verschiedener Hinsicht um eine kritische Arbeit. In erster Linie geht sie auf die Problematik ortsbezogener Interventionen ein und beschäftigt sich mit der Frage nach dem Publikum. Insbesondere beleuchtet sie die Kluft, die zwischen einem eigens anreisenden und dem zufälligen Publikum vor Ort besteht, das in diesem Fall auch zum »möglichen“ Teilnehmer wird. Im Kontext der Entstehung dieses Werks, das als Teil eines wandernden Kunstprojekts mit einem festen, von Ort zu Ort mitreisenden Publikum konzipiert wurde, befasst sich Kukama kritisch mit dem Abstand, der zwischen den jeweiligen Publikumsteilnehmern herrscht, indem sie ihre disparaten Lebenserfahrungen zur Debatte stellt.

»Anfangs habe ich mich dafür interessiert,« erklärt Kukama, »was für eine Art von Publikum bei so einer Veranstaltung entstehen würde, und wie weit die meisten Teilnehmer im Allgemeinen von der alltäglich in der Stadt Johannesburg gelebten Wirklichkeit entfernt waren. Es war so, als würde ein Raumschiff voller Geld in der Stadt landen, nur an bestimmten, vorgegebenen Plätzen, um ohne jede Interaktion mit den Bewohnern der Stadt etwas davon auszuschütten.“

Kukamas »Swing« übersetzt also eine (persönliche) Lebenserfahrung, die im Zentrum von Johannesburg gesammelt wurde. Die beiden vorhergehenden Werke von Fragonard and Shonibare sind, obwohl Welten zwischen ihnen liegen, Produkte von ‚Kunstgeschichten’, innerhalb derer Frauen durch Männer dargestellt werden. Kukama platziert sich strategisch inmitten dieser ‚Kunstgeschichten’, um so das Unvermögen der Kunst zu hinterfragen, zu einer Veränderung der Lebensbedingungen in der Welt beizutragen – und macht auf diese Weise schließlich deutlich, dass Macht (wirtschaftliche, politische, sexuelle etc.) als Thema zeitlos ist. So stellt Kukama fest:

»In unserer Generation wird es immer sonnenbebrillte 'Kunstliebhaber' geben, die sich in Gucci kleiden, an Martinis nippen und neben den Extremen unserer Wirklichkeit existieren, ganz genau wie es zu Fragonards Zeit der Fall war. Es gibt kaum einen Unterschied zwischen dem, was heute vor sich geht und was vor all diesen vielen Jahren geschah.«

Text: Gabi Ngcobo im Gespräch mit Donna Kukama.

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Donna Kukama
The Swing (after after Fragonard)
Eingeladen von Gabi Ngcobo