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HAUS SALVE HOSPES

Eröffnung: 11. März 2016, 19 Uhr
Filmscreening: Mittwoch 23. März, 19.30 Uhr: Henrik Boëtius' Film "Light, Darkness, and Colors" (1993). Der Film wird im Original in englischer Sprache gezeigt.

Ebbe Stub Wittrup betreibt Wahrnehmungsstudien und rückt ins Bewusstsein, wie Realität gesehen und gelernt wird zu sehen. Fraglos findet Wahrnehmung nicht nur über die Retina unseres Auges statt, sondern ist ein komplexer, dynamischer Prozess, der durch individuelle wie gesellschaftliche, historisch wie kulturell geprägte Wahrnehmungsmuster beeinflusst ist. Dafür bedient sich Wittrup Phänomenen der Wahrnehmungspsychologie, mythischen Erzählungen oder der Kunstgeschichte – nicht selten verflicht er das Eine mit dem Anderen. Mit den monochromen Fotoarbeiten der Serie After Matyushin’s Guide to Color (2014) nimmt er Bezug auf die Farbenlehre des Malers und Komponisten der russischen Avantgarde, Mikhail Matyushin. Durch Wittrups filmische Arbeit Mary Rose – A Play in Three Acts (2011) kommen Fragen danach auf, wie etwas ins Bild gesetzt werden kann, was sich diesem im selben Moment entzieht – ähnlich einer mythologischen Erzählung, die gleichermaßen allem rationalen Denken widerstrebt und doch immer wieder dazu verführt, sich mit ihr auseinander zu setzen.

Seine Recherchen setzt Ebbe Stub Wittrup in Objekten, Filmen, Fotografien und Installationen um, spürt Geheimnissen der Wahrnehmung nach, ohne sie schließlich aufzulösen. Durch und durch beherrscht Wittrup das Feld der Inszenierung und des Verklärens, wobei Sinnes- und inhaltliche Ebene eng miteinander verzahnt sind. Wirkliche und unwirkliche Phänomene gleiten ineinander und fordern damit den Betrachter zu einer bemüht gründlichen Wahrnehmung dessen heraus, was er sieht, liest oder hört. Ebbe Stub Wittrups Werke zu betrachten heißt, sich auf einen ständig aktiven Wahrnehmungs- und Reflexionsprozess einzulassen. Mittels einer optischen Täuschung, wie sie das Video Ropes vorführt, indem eine aufwärts strebende Bewegung von Seilen suggeriert wird, bekräftigt der Künstler in der Arbeit The Indian Rope Trick (2012) ein Phänomen, das sich so in Indien zugetragen haben soll. Seine künstlerische Strategie – den tatsächlichen Seheindruck mit dem Mythos zu verquicken – lässt an eindeutigen Antworten zweifeln.

Wittrups Ausgangsmedium, die Fotografie, ist in den meisten der Werke immer noch präsent. Als vermeintlich neutrales Aufzeichnungsinstrument lädt dieses immer wieder dazu ein, das Verhältnis zwischen Realität und Abbild zu hinterfragen. So verleiten die Fotografien Perception Figures (2015) dazu, auf der zweidimensionalen Oberfläche räumliche Tiefe zu erkennen.

Immer wieder stößt der Besucher auf formale wie inhaltliche Verknüpfungen innerhalb der Ausstellung. Gezielt im Grundriss der Villa Salve Hospes positioniert, spielt Ebbe Stub Wittrup mit Symmetrien und Sichtachsen von Werken und Räumen. Wo formale Präzision und irrationale Geschichten aufeinander treffen, lassen sich weitere Bedeutungsebenen – ein dritter Raum oder ein Bild dahinter – enthüllen. Kunstverein Braunschweig | Lessingplatz 12 | 38100 Braunschweig Tel.:+49 (0)531 – 49556 | info@kunstverein-bs.de | www.kunstverein-bs.de

Ebbe Stub Wittrup (*1973 in Aarhus, Dänemark) lebt und arbeitet in Kopenhagen.
2014 widmeten ihm das ARoS Aarhus Art Museum, Aarhus, 2013 das Kirchner Museum in Davos und 2012 das Overgaden Institute of Contemporary Art in Kopenhagen Einzelausstellungen. 2016 wird Ebbe mit einer Einzelpräsentation in der Kunsthalle São Paulo vertreten sein. Darüber hinaus nahm er an zahlreichen Gruppenausstellungen teil, u.a. Kunsthal Charlottenborg, Kopenhagen, Overgaden Institute of Contemporary Art, Kopenhagen und im Sorø Kunstmuseum, Sorø. Seine Werke sind in verschiedenen Sammlungen international präsent, darunter SMK Statens Museum for Kunst National Gallery of Denmark, Kopenhagen, ARoS Aarhus Art Museum, Aarhus und Thyssen-Bornemisza Contemporary Art Foundation, Wien. Seit 2013 unterrichtet er als assoziierter Professor an der Jutland Academy of Fine Arts.