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Galerie Judin freut sich The Hour of the Gods, Edouard Baribeauds zweite Einzelausstellung mit der Galerie zu präsentieren.

Baribeaud lässt in seinen Werken Reales und Imaginäres aufeinanderprallen. Die daraus entstandenen Szenerien bestechen durch einen besonderen Effekt: obschon sie statisch sind, scheint es, als könne man sie mit nur einem Stups zu Leben erwecken. Affen, Tropenvögel und Bäume fliegen durch die Lüfte. Ein opulenter Bühnenvorhang wird zur Seite geschoben und gibt einen gewaltigen, eruptierenden Vulkan preis.

Der Titel der Ausstellung verweist auf die Abenddämmerung, in Indien bekannt unter dem Namen „godhuli bela“ (wörtlich übersetzt: „Zeit des Kuhstaubs“), wenn auf dem Rückweg ins Dorf der Staub unter den Hufen der Tiere aufgewirbelt wird. Die ausgestellten Aquarelle und Malereien sind von einer Reise nach Indien inspiriert, die Baribeaud zwischen November und Dezember 2014 aus Anlass eines laufenden Filmprojekts unternommen hat.

Inspiriert von der traditionellen indischen Miniaturenmalerei, begann Baribeaud, einzelne Elemente auf Zeichnungen und Gemälde anzuwenden. Darunter kompositorische, wie der rote gemalte Rahmen, der die Arbeiten Le déclin und Der Sturz, sowie The Mouth of the Cow und Day After Day (alle 2015) umgrenzt. Oder der in der indischen Mythologie omniprästente Schöpfungsgedanken, der sich durch die Serie zieht – ebenso wie die Entscheidung, Vegetation auf durchweg plastische Art und Weise darzustellen. Hervorzuheben sind dabei vor allem Popol Vuh's Garden und La fuite du sauvage (beide 2015).

Zum zentralen Thema von The Hour of the Gods wird auch der Orientalismus, sowohl in seiner kunsthistorischen Ausprägung im 19. Jahrhundert, als auch im von Edward Said geprägten Begriff. Baribeaud wiederum, der sich bereits in seiner früheren Serie Hic sunt leones (2011/2012) mit verschiedenen Auffassungen von Heimat, und in besonderem Maße mit seiner doppelten kulturellen Identität, beschäftigt hatte, wendet sich nun orientalistischen Vermächtnissen zu. So geht es in The Hour of the Gods auch darum, herauszufinden, wie sich vorgefasste Vorstellungen über den Osten möglicherweise auf eigene gewählte Repräsentationen niederschlagen.

Die Ausstellung markiert außerdem zwei Entwicklungen in Edouard Baribeauds künstlerischer Praxis. So sind Malereien in The Hour of the Gods nicht nur erstmals auf Leinwand zu sehen – der Künstler präsentiert hier ebenfalls seine erste Installation. Gewohnt, großflächige Arbeiten in Gouache aufs Papier zu bringen, wendet sich Baribeaud jetzt altertümlichen und technisch anspruchsvolleren Techniken zu, indem er auf Eitempera zurückgreift.

Eine Einladung zum Eintauchen in eine von Baribeauds Fantasie-Szenen ist die begehbare Installation The Divine Wrath (2015). Das Vulkan-Motiv aus Empedocles at Mount Semuru (2015) ist mittels ausgeschnittenen und bedruckten Kulissenelementen nachvollzogen, welche annäherungsweise an die Perspektive eines Bühnenraums erinnern. Die Anspielung auf das Theater setzt sich indessen andernorts fort. In Kathputli's Dream (2015) etwa drückt Baribeaud seine anhaltende Faszination für traditionelle indische Kathputli-Puppen aus, die ebenfalls eine Rolle in seinem kommenden Film spielen werden.

Ohnehin nimmt Baribeaud starken Bezug auf das indische Puppentheater, einer über 1000 Jahre alten Kunst, fest verankert in der Rajasthani-Kultur. So ist die Geschichte der Hindu-Gottheit Hanuman im gleichnamigen Gemälde Hanuman und im Aquarell The Lifting of the Sacred Mountain (beide 2015) nachempfunden. Eine wesentliche Inspirationsquelle für die Serie war außerdem Jean Philippe Rameaus Ballett „Les Indes galantes“ (1735), insbesondere dessen Schlussakt „Les sauvages“. Aber auch ohne das Wissen um diese Referenzen, sprechen Baribeauds Arbeiten zum Betrachter. Figuren werden dann einfach zu Geistern und Rittern, Banditen und Kostümierten. Eine Offenheit, die sich durch das gesamte Œuvre des Künstlers zieht. Seine Werke sind geistige Momentaufnahmen – zu Leben erweckt.

Edouard Baribeaud ist in 1984 in Versailles geboren. Der Sohn eines französischen Vaters und einer deutschen Mutter wuchs in Frankreich auf und besuchte in Paris die École Nationale supérieure des Arts Décoratifs, wo er zum Buchillustrator ausgebildet wurde und Drucktechniken studierte. Er lebt und arbeitet seit 2010 in Berlin.