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Eröffnung, Freitag, 24. August von 18.00 bis 21.00 Uhr Der Künstler wird anwesend sein.

Im Rahmen von Suzie Q Projects freuen sich Birgid Uccia und Bob van Orsouw erstmals in der Schweiz eine Einzelausstellung mit den skulpturalen Arbeiten von Edward Lipski zu realisieren. Lipski wurde 1966 als Sohn paraguayisch-polnischer Eltern in London geboren, wo er von 1989-1994 am Chelsea College of Art and Design studierte.

Die Wahl des Ausstellungstitels „Bobadillia“ erfolgte aufgrund seines lautmalerischen Klanges. Fast fühlt man sich an „Gullivers Reisen“ erinnert, die den Protagonisten in das phantastische Land Houyhnhnms führen, wo er auf eine befremdliche Tierart, die Yahoos, trifft. Yahoos sind hybride Wesen, deren Pferdekörper mit menschlicher Vernunft und Gebärdensprache ausgestattet sind. Analog dazu weisen auch Lipskis Tierskulpturen häufig menschliche Merkmale auf und oszillieren so „between the grotesque and the magical, the fearful and the comforting.“ Der Künstler stellt Tierkörper aus unterschiedlichen Materialien her und verfremdet dabei Bekanntes solange, bis der Zustand der „perfect wrongness“ erreicht ist. So schuf er ein auf dem Rücken liegendes lebensgrosses Krokodil mit den Geschlechtsmerkmalen einer Frau, das auf einer schwarzen, als Sockel dienenden Ledercouch präsentiert wurde.

„Bobadillia“ steht nicht nur für unsere Ausstellung, sondern für das künstlerische Universum Lipskis, das jenseits der Grenzen von eindeutigen Zuordnungen und Sinnschöpfungen liegt. Durch den Einsatz vorgefundener Objekte, die komplexe Oberflächenbearbeitung und die virtuose Verfremdung der Formen schafft der Künstler Skulpturen, die sich einem sprachlichen Diskurs nur bedingt erschliessen: „What I want to capture is something that we do not have a name for“.

So ruft die mit Blattgold überzogene Skulptur „King“ den Gedanken an eine ägyptische Statuette wach, deren Gesicht vollständig mit voluminösem schwarzem Kunsthaar überzogen ist, das wiederum an Black Panther Frisuren der 70iger Jahre erinnert. Wurden in den Tierskulpturen menschliche und animalische Charakteristika nur soweit verfremdet, dass eine Identifizierung möglich blieb, dominieren in der Ausstellung „Bobadillia“ Werke, die wie ein Amalgam verschiedener Kulturen wirken. Die verwendeten Materalien und Formen sind kulturell konnotiert und entstammen einem kollektiven Gedächtnis, dessen mnemotechnischer Raum sich über alle Epochen der Menschheitsgeschichte erstreckt.

Die Skulptur „Chinese Gods“ besteht aus kreisförmig angeordneten asiatischen Porzellangottheiten. Ihre Oberkörper lässt der Künstler in einer in die Höhe wachsenden Pyramide versinken, die aus Symbolen der chinesischen Mythologie besteht. Bei der Skulptur „African Mask Child“ fühlt man sich durch die fetischähnlichen Materialien an das Ritualobjekt einer afrikanischen Ethnie erinnert, das magisch beseelt scheint. Assoziationen mit Trophäen, die westliche Kolonisatoren im Zeichen des Sieges der Zivilisation in privaten und öffentlichen Sammlungen präsentierten, liegen nahe. Indem Lipski seine Skulpturen durch die sorgfältige Wahl ihrer Sockel wie Schaustücke inszeniert, drängt sich nicht nur der Gedanke an derartige Sammlungen, sondern auch eine kritische Lesart auf. Denn mit der Aneignung von Bildsprachen anderer Kulturen werden nicht nur unterschiedliche Referenzsysteme zueinander in Beziehung gesetzt. Der Künstler weist auch auf das Abgründige unserer Zivilisation hin, das diese im Lichte der Vernunft für überwunden glaubte. Lipski spricht denn auch von „primitive versions of civilisation“. Damit scheint er Gewalt, Unterdrückung und Ausbeutung immer noch als Grundpfeiler unserer Gesellschaft zu erachten und Theodor Adornos Diktum „dass Schrecken und Zivilisation untrennbar sind“ künstlerisch auf authentische Weise zu legitimieren.

Birgid Uccia

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Edward Lipski "BOBADILLIA"
Kuratoren: Birgid Uccia, Bob van Orsouw