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23. Juli – 10. Oktober 2011 Eröffnung 22.07.2011 19.30 Uhr Führungen 04.08.2011 / 18.08.2011

„Das heißt, die Wirklichkeit, die wir sehen, existiert überhaupt nicht?“ „Im Gegenteil: es existieren unendlich viele Wirklichkeiten. Und sie schließen sich gegenseitig nicht aus.“

Egill Sæbjörnsson erfindet „unmögliche“ Situationen und testet die Grenzen unserer Vorstellungskraft. Er lässt Handtaschen und Ping-Pong Bälle tanzen oder bringt Steine zum Singen und Sprechen. Für einen Augenblick werden die starren Dinge lebendig, offenbaren ihr inneres Wesen und erhalten übernatürliche Fähigkeiten. In seinen Arbeiten verwendet der isländische Künstler häufig Alltags-objekte, die er in kleine Bühnen für Video- und Klangprojektionen verwandelt. Auf diese Weise werden die Objekte animiert und unser Blick auf sie ändert sich. Denn gerade die Wahrnehmung unserer Welt und deren Verschiebung sind unglaublich faszinierend. Es ist die Frage nach der Wirklichkeit, nach deren Ausbildung und Betrachtung, die Egill Sæbjörnsson antreibt und ihn stets neue Wege des Perspektivwechsels ersinnen lässt. Ist Realität das, was wir tatsächlich sehen oder ist es das, was uns zu sehen vorgegeben wird? Ist ein Stein ein Stein oder doch nur ein Objekt aus Pappmaché? Die Befragung des Verhältnisses verschiedener Realitätsebenen zuein-ander sowie die Enttarnung der Welt als inszeniert, ziehen sich durch sein gesamtes Werk. Mittels der Kombination einer Vielzahl künstlerischer Medien testet Egill Sæbjörnsson immer wieder neue Formate aus. Er vereint Sound, Installation, Performance, Video und Theater. So überlagern sich in seiner genre-übergreifenden Arbeitsweise die verschiedenen Elemente und es entstehen phantastische Welten. Für seine Einzelausstellung im Künstlerhaus Bremen schafft Egill Sæbjörnsson eine raum-greifende, mehrteilige Installation. Auch hierbei handelt es sich um eine Fusion aus Video, Sound und im Ausstellungsraum positionierten Objekten, die durch das auftreffende Licht der Projektionen Bildfigurationen im Raum entstehen lassen. Steine sind hier die Protagonisten und gewähren uns einen Einblick in ihre verborgene Welt. Sie führen Gespräche, singen, verändern ihr Aussehen. Die Verschränkung mit der Musik rückt hierbei weiter in den Vordergrund, denn die Steine sind auch als Pseudo-Instrumente lesbar. Ein Pseudo-Instrument gibt den Ton lediglich mittels Lautsprechern von sich, erzeugt aber keinen eigenen Klang. Gleichzeitig vermittelt die Erscheinung des Pseudo-Instruments durch seine Objekthaftigkeit und die ausgestrahlten Klänge den Eindruck, ein echtes Ton-werkzeug zu sein. Die Pseudo-Instrumente sind im Künstlerhaus Bremen die Steine selbst und Egill Sæbjörnsson wird innerhalb einer Performance mit diesen imaginierten Mitspielern agieren. Das Wunderbare an diesen Pseudo-Instrumenten ist, dass bei ihrer Entwicklung und Rezeption der Fantasie keinerlei Grenzen gesetzt sind. Der Gedanke der historischen Entwicklung von Klangkörpern sowie der Entstehung neuer Varianten schwingt dabei ebenso mit wie die Vielschichtigkeit der Musik. So wie die Musik eine organisierte Form von Schallereignissen ist, funktionieren auch Sæbjörnssons Werke, die ganz unterschiedliche Ebenen miteinander verbinden und eine Fülle von Erlebnissen erzeugen. Seine Arrangements reagieren mit ihrer Umwelt und es formiert sich ein Bühnenstück, bei dem profane Objekte zu Protagonisten universeller Erzählungen werden. Er lässt den Zuschauer in seine magischen Raum- und Klangwelten eintauchen, eine verschwommene Zone zwischen Realität und Imagination erleben.

Egill Sæbjörnsson (*1973) lebt in Berlin und Reykjavík. Neben seiner Arbeit als Bildender Künstler ist er auch als Musiker bekannt und hat mehrere Alben veröffentlicht. Jüngste Ausstellungen und Performanceprojekte führten ihn in die Kunstvereine in Frankfurt und Göttingen, zur Biennale für Internationale Lichtkunst, ins Watermill Center New York oder den Hamburger Bahnhof, Berlin.

Die Ausstellung wird gefördert von der Karin und Uwe Hollweg Stiftung, der Stiftung der Sparkasse Bremen und der Karin Abt Straubinger Stiftung.