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Elaine Reichek. Now If I Had Been Writing This Story
13.04.2018 – 03.06.2018
Eröffnung: Donnerstag, 12.04.2018 19:00 Uhr

Seit mehr als vierzig Jahren arbeitet Elaine Reichek an einer kritischen und feministischen Lesart von Geschichte(n). Die analytische Auseinandersetzung mit historischen Texten und Bildern aus Mythen und Literatur sowie die Reflexion ihrer gesellschaftlichen Funktion für den kulturellen Zusammenhalt ziehen sich durch das Werk der Künstlerin wie der Faden, den Ariadne Theseus überreichte, damit er aus dem Labyrinth des Minotaurs herausfand.

In ihrer ersten Einzelausstellung in Österreich zeigt die aus New York stammende Künstlerin Arbeiten der letzten elf Jahre, die den „Mädchen aus Minos“ und den mit ihnen verknüpften Erzählungen von Lust, Verführung, Grausamkeit und Verrat gewidmet sind: Europa, Pasiphaë, Phädra und Ariadne – Frauen, deren tragische Schicksale in der Erzählung zwar von zentraler Bedeutung sind, die aber trotzdem zugunsten der männlichen Helden im Hintergrund stehen. Anders bei Reichek – sie stellt die Frauen in den Mittelpunkt und nähert sich ihnen und ihrer Komplexität, indem sie Interpretationen und Darstellungen kompiliert und mittels eklektischer Arrangements aus bildender Kunst und Literatur die Charaktere von allzu engen Zuschreibungen befreit: Appropriation wird bei Reichek zu emanzipatorischer Strategie.

Textile Techniken wie Sticken und Stricken zählen neben der konzeptuellen Arbeit, Fotografie und verschiedenen Drucktechniken seit den 1970er-Jahren zu Reicheks bevorzugten künstlerischen Mitteln. Das formale und konzeptuelle Bindeglied der gezeigten Arbeiten ist bezeichnenderweise der Faden – im übertragenen wie im wörtlichen Sinn: Der Faden der Ariadne, anhand dessen sich die Geschichte vom Labyrinth abwickelt und der Stickfaden, mit dem Reichek Bilder und Textpassagen zu flirrenden Bildkompositionen verwebt.

So wie ein Pixel ist auch der einzelne Stich der Grundbaustein der visuellen Übertragung im künstlerischen Werk von Elaine Reichek: Ein gepixeltes Bild erinnert an ein Stickdiagramm, so wie die Stiche einer handgefertigten Stickerei auf ein JPEG rückverweisen, das dem Internet entnommen oder von einer gedruckten Quelle gescannt wurde. Obwohl die digitale Technologie die Möglichkeiten für Recherche, Übersetzung und Produktion beschleunigt und erweitert hat, bleiben Reicheks Arbeiten materielle Objekte, die in der Geschichte des Fadens als Medium verwurzelt sind.

Elaine Reichek, geboren 1943 in New York, lebt und arbeitet in New York.