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Elisabeth Stumpf. Lightning Frightening
Kunstverein Wolfsburg
Eröffnung: 21.05.2015, 19 Uhr
Ausstellung: 22.05.–23.08.2015

In ihrer ersten großen Einzelausstellung wird die junge Braunschweiger Bildhauerin Elisabeth Stumpf das Magisch-Rätselhafte in den thematischen Mittelpunkt ihrer theatralen Kulissen setzen, deren Ursprung und Zweck nicht klar benennbar zu sein scheinen: Sind wir Teil einer kindlichen Traumvision? Bewachen die Wächter einer kultischen Gemeinschaft hier eine sagenumwobene Reliquie? Werden wir Zeugen eines magischen Moments?

In der Ausstellung „Lightning Frightening“ im Kunstverein Wolfsburg entwickelt Elisabeth Stumpf die vorhandene Spur des Zauberhaft-Magischen und des Mystisch-Zeremoniellen weiter. Die begehbaren Installationen die Arbeiten von der Landschaft als Mittel zur Welterfahrung und -anschauung ausgehen, wird der Begriff der Landschaft hier komplexer verhandelt. Zwar tauchen auch in ihren aktuellen Arbeiten Zitate und Fragmente von Landschaftsformen, wie Felswände oder Höhleneingänge auf, doch im Zentrum steht der magische Ort und das religiöse Zeremoniell: festliche Gewänder finden sich neben Elementen der Ikonodulie, jener Bilderverehrung, die den Glauben an Heilige, Engel und andere göttliche Gestalten in den Vordergrund stellt. Diese werden in den Installationen zusammengebracht mit Totems, ethnologisch anmutendem, buntem Federschmuck oder einer Jahrmarktsatmosphäre aus übergroßen Fantasiegestalten, die uns in die Perspektive eines Kindes (zurück-)versetzt. Oft schweben immateriell erscheinende Gestalten durch die Luft und bewachen oder bedrohen die Szenerien. Sehnsucht und (Ehr-)Furcht wechseln sich angesichts der hier vorgestellten Welten ab, die dem Betrachter den Glauben an die Existenz von Geistern, an die Kraft der Magie und der „Beseelung“ der uns umgebenden Welt vermitteln.

Die Ernsthaftigkeit der Darstellungen wird jedoch immer wieder radikal gebrochen. In Elisabeth Stumpf Arbeiten löst das Banale die Illusion der Erhabenheit auf und führt zum Einbruch der Realität. Bei näherem Hinsehen erkennen wir die Materialien wieder: bunte Luftballons, hölzernen Dachlatten, künstliche Blumen und knisternde Plastikplanen. Die Kunst selbst wird nicht mystifiziert, sondern erscheint als etwas „gemachtes“, der handwerkliche Do-it-yourself-Charakter tritt klar hervor. Hinzu kommt, dass Elisabeth Stumpf mit dem Begriff des Kitsch spielt. Die Simplizität der Materialien, ihre schrille Farbigkeit und die Verwendung von Glitzer und Flitter rufen eine Nähe zur Alltags- und zur Discoästhetik der Popkultur auf. Die Mystik von Naturvölkern und die Religion mit ihren Wunscherfüllungs- und Allmachtsfantasien, wie Freud sie in Totem und Tabu beschreibt, werden hier als Klischees wiederholt und verankern die Arbeiten damit bewusst im 21. Jahrhundert. Mit dem Ausstellungstitel, einem Song von David Bowie, verweist Elisabeth Stumpf auf die längst stattgefundene Verschiebung des menschlichen Bedürfnisses nach Ekstase, Magie und Ritual in ein anderes gesellschaftliches Feld: das der Popmusik. Eindringlich wie eine Beschwörungsformel oder ein Gebet wiederholt sich hier oft die Textstruktur:

I'll give you back my farm and I'll give you back my house
I'll give you back my right to be free
I've got moon, I've got sun
(I've got) Lightning, lightning, lightning
I've got me, I've got you
(It's) Frightening, frightening, frightening …