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Es muss Mitte Oktober 1995 gewesen sein, als ich zum ersten Mal von Ellen Cantor hörte, und das kam so: In der Schweizer-News-Sendung 10vor10 sah ich plötzlich den sprechenden Kopf meines Freundes Simon Maurer und die Geschichte, dass die von ihm kuratierte Ausstellung im Helmhaus Zürich wegen Zensur abgesagt wurde. Dazu war im Bericht eine Künstlerin zu sehen, die mit feinem Strich mit Bleistift, Neonmarkern und Tipp-Ex an erotischen Zeichnungen arbeitete.

Bald darauf lernte ich Ellen Cantor persönlich kennen und war sofort fasziniert und hypnotisiert von ihr. Die Idee, die abgesagte Ausstellung in meiner Galerie nachzuholen, kam auf. Gesagt, getan: Simon Maurer, Iwan Wirth und ich planten die Ausstellung in meiner damaligen Galerie arsFutura zur Saisoneröffnung im August 1996. Da Ellen sich mit Simon und mir gut verstand, ist die Idee entstanden, mit Ellen, die aus dem amerikanischen Zentrum für Motoren- und Automobilherstellung Detroit stammte, im Sommer 1996 eine kleine Schweizer Reise durch die Engadiner-Alpen zu machen um ihr die Schönheit der Schweiz zu zeigen. So sind wir (Ellen, Simon, seine Frau Ute und ich) in meinem weissen Subaru Legacy im Juli 1996 von Zürich aus aufgebrochen. Ohne wirkliches Ziel und doch getrieben von Lust und Freude. Harry Belafonte und Barry White dröhnte aus dem Autolautsprecher, manchmal auch Kraftwerk oder harter Hip-Hop. Die Autofenster immer sperrangelweit geöffnet. Mitgegrölt haben wir immer und alle, sogar die Kühe haben sich erschrocken. An uns zog wie in einem Film, die unwirklich karge und dennoch gespenstig schöne Landschaft des Engadins vorbei. Viel gewandert sind wir und viel gelacht haben wir auch. Wir waren in der Viamala Schlucht, wir haben im höchsten Hotel der Schweiz, in Juf übernachtet, wir sind durch die magischen Wälder von Maloja und Sils gewandert, unter dem heiligen Wasserfall von haben in den Bergseen im Gletscherwasser gebadet.

Ich hatte meine Kamera dabei und habe viele Fotos Reise gemacht, so auch dieses, wie Ellen mit rosa leuchtendem Silberabschluss durch den Märchenwald. Und in dem Märchenwald gab es auch einen See, in dem wir gebadet haben.

Oder Ellen Cantor in Cunter. Dann kann ich mich noch an eine Staumauer erinnern, wo wir erst durch einen langen einspurigen Tunnel fahren mussten. Zurück in Zürich hat Ellen dann eine unvergessliche Ausstellung in meiner damaligen Galerie arsFutura eingerichtet. Die Galerie wurde zum Zaubergarten. Direkt an die Wand gezeichnete, erotische Bildergeschichten waren ergänzt mit Zeichnungen, Fotos und Videos der Künstlerin.

Rückblickend waren dies mit von den schönsten Tagen als Galerist für mich.

Die Wandzeichnungen waren so gekonnt und einzigartig, dass ich sie irgendwie retten wollte. Die nächste Ausstellung nach Ellen gestaltete Maurizio Cattelan. Er wollte die Galerie zu dem roten Raum umbauen, in dem die Sonnentemplersekte Massenselbstmord beging. Da dies nur den halben Raum benötigte und der Rest der Galerie mit roten Tüchern verhängt war, habe ich mich dazu entschlossen, die Galerie auseinanderzunehmen, sprich Ellens Wände zu retten. Mit einer Säge habe ich sorgfältig die Wände herausgetrennt und die geretteten Wandzeichnungen dann unter Glas gerahmt. Während Maurizios Ausstellung wurden die Löcher in den Wänden der Galerie geflickt und neu gebaut. Seit 23 Jahren schlummert diese Ausstellung in Luftpolsterfolie verpackt - und jetzt ist die Zeit gekommen, diese historische Ausstellung möglichst identisch nochmals zu zeigen.