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The Welfare Show ist von Michael Elmgreen & Ingar Dragset als Ausstellungsreihe und fortlaufendes Katalogprojekt konzipiert. Das Projekt begann im Mai 2005 in der Kunsthalle Bergen, Norwegen, und wird im März 2006 im Powerplant, Toronto, seinen Abschluss finden. Vom 16. September bis 26. November 2005 ist The Welfare Show in der BAWAG FOUNDATION zu sehen. The Welfare Show ist keine der üblichen Wanderausstellungen, sondern von Station zu Station unterschiedlich konzipiert und dem jeweiligen Charakter und Kontext der Institution angepasst.

Mit The Welfare Show werfen Michael Elmgreen & Ingar Dragset einen persönlichen und verqueren Blick auf Themen, die im Zentrum der Diskussion um Globalisierung und aktuelle politische Debatten stehen: den verbreiteten modischen Reformismus und neoliberale Diskurse wie wir sie heute in einem Großteil westlicher Demokratien vorfinden.

Für die BAWAG FOUNDATION haben die beiden Künstler eine ortsspezifische Installation geschaffen, die die Grenzen zwischen Innen und Außen, Peripherie und Zentrum, Inklusion und Exklusion verwischt. Der eigentliche Ausstellungsraum ist verriegelt; über eine Treppe erreicht das Publikum einen Raum, der normalerweise das Büro der Direktorin ist. Von dort kann es mit Ferngläsern einen Performer beobachten, der eine soziale Situation nachspielt, die den meisten von uns nur aus der Bilderwelt der Massenmedien geläufig ist. Dieser Szene gegenübergestellt wird das reale Leben der Umgebung - nämlich der Luxus "Einkaufszone Tuchlauben" - , das sich, ähnlich wie die inszenierte Situation von Armut, durch im Foyer aufgestellte Ferngläser beobachten lässt. Durch gezielte Eingriffe werden in den Räumen der BAWAG FOUNDATION ästhetische und soziale Produktionen der Kunst in Beziehung und Konkurrenz zum umgebenden gesellschaftlichen Feld gesetzt.

Alles in allem erinnert die Installation an ein Verhaltensexperiment im Labor. Einen Moment lang übernimmt der Zuschauer die Rolle des Wissenschafters und kann eigene Diagnosen der Situation stellen. Oder werden wir bloß in einem obskuren Vergnügungspark gefangen gehalten und zu Voyeuren einer gesellschaftlichen Groteske gemacht?

Der Katalog ist als eine Art "Welfare State Reader" konzipiert, der verschiedene Auffassungen zum Wohlfahrtsstaat, seine Visionen, Missverständnisse, sein Scheitern, seine Herausforderungen und seine Zukunftsfähigkeit beleuchtet. Was waren die politischen, öknomischen und philosophischen Ideen hinter dem Phänomen mit dem Label Wohlfahrtsstaat, und welche Entwicklung nahm er in Skandinavien, Deutschland, Österreich und in Kanada? Was geschah mit dem Wohlfahrtsstaat im Prozess der Globalisierung? Autoren des Österreichteils im Katalog sind u. a. Karl Öllinger, Thomas Rothschild, Stephan Schulmeister, Armin Thurnher und Werner Vogt.

Seit Mitte der neunziger Jahre arbeiten Elmgreen & Dragset an den Powerless Structures, einer fortlaufenden Reihe von Installationen und Performances, in denen sie die kulturellen, gesellschaftlichen und politischen Funktionen öffentlicher Räume untersuchen. Auf spielerische, offene und niemals didaktische Weise hinterfragen sie das konventionelle Verständnis von sozialen Räumen und kommentieren die zunehmend als prekär empfundene Ökonomisierung sozialer Beziehungen.

Die Kritik am "White Cube" stellt seit den sechziger Jahren eine verbreitete künstlerische Praxis dar. Elmgreen & Dragset setzen diese Praxis fort, indem sie mit meist einfachen räumlichen Interventionen die Vorraussetzungen von Kunsträumen als öffentliche Räume hinterfragen und kommentieren. Ihre Arbeitsmethode basiert zu einem großen Teil darauf, Räume in ihrer Funktion zu verändern und zu ersetzen und damit etablierte Strukturen zu hinterfragen.

Im Hamburger Bahnhof ließen die beiden Künstler einen Galerieraum an zwei riesigen Ballons in der Höhe schweben. In Mailand richteten sie mithilfe eines Loches in der Galeriedecke einen tatsächlichen Übergang zwischen dem halb öffentlichen Ausstellungsraum und der darüber liegenden Privatwohung ein. Auf der Biennale in São Paulo 2002 schufen sie eine Gefängniszelle aus Beton im Maßstab 1:1. Im Portikus in Frankfurt legten sie eine Riesenwelle in den Ausstellungsraum, sodass es aussah, als würde der gesamte Raum sich zusammenziehen. Bei anderen Gelegenheiten war ihr räumlicher Eingriff ein eher bescheidener, wie in der Tate Modern, wo sie einen realistisch aussehenden Spatz zeigten, der hinter einem Fenster des Museums gefangen war. Kürzlich haben die beiden Künstler den unteren Ausstellungsbereich der Bohen Foundation in New York (im Meat Packing District) in eine U-Bahn-Station mit 30 Meter langen Plattformen verwandelt, mit Ziegelwänden, Bänken, U-Bahn-Schienen, Mülleimern und einer stehen gebliebenen Uhr - eine Art Geisterstation, die niemals existiert hat, aber aussah, als wäre sie irgendwann in den späten achziger Jahren zurückgelassen worden.

Michael Elmgreen (geb. 1961 in Dänemark) und Ingar Dragset (geb. 1969 in Norwegen) arbeiten seit 1995 zusammen und leben in Berlin. Mit Performances, Installationen und raumbezogenen Arbeiten fanden sie internationale Aufmerksamkeit. Einzelausstellungen in der Tate Modern, London, im Statens Museum for Kunst, Kopenhagen, im Hamburger Bahnhof, Berlin, und vor kurzem in der Bohen Foundation, New York. Teilnahme an zahlreichen Gruppenausstellungen, darunter MCA in Chicago, Manifesta 3 und Biennalen in Venedig, São Paulo und Berlin.

The Welfare Show is initiated by Bergen Kunsthall, Norway and produced in collaboration between Bergen Kunsthall, BAWAG FOUNDATION, Vienna, and The Power Plant, Toronto.

Pressetext

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Michael Elmgreen & Ingar Dragset "The Welfare Show"
initiiert von Bergen Kunsthall
Kooperation: Bergen Kunsthall; BAWAG Foundation; The Power Plant

Stationen:
26.05.05 - 21.08.05 Bergen Kunsthall, Bergen
16.09.05 - 26.11.05 BAWAG Foundation, Wien