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Wir freuen uns sehr, mit Erik Schmidt unsere neuen Räume in der Markgrafenstrasse zu eröffnen. Nachdem sich Erik Schmidt in den zurückliegenden Jahren mit dem Thema der Jagd und der Ästhetik ihrer gesellschaftlichen Formen beschäftigt hat, wendet er sich mit der Ausstellung „Working the landscape“ der archaischen Symbolik von „Wein, Oliven und Hirten“ im Heiligen Land zu.

Im Jahr 2007 besuchte Erik Schmidt mehrmals das Ella Valley, ein Weingut zwischen Jerusalem und Tel Aviv. Als Künstler auftretend, bewegte er sich dort, wie schon beim Thema der Jagd als Fremder in einer kleinen, funktionierenden Gesellschaft aus thailändischen Gastarbeitern, Beduinen und israelischen Weinbauern. Erik Schmidt beobachtete dabei die Landschaft, die Menschen bei ihrer Bewirtschaftung des Landes und fokussierte dabei das Nicht-Spektakel, die archaisch anmutende Arbeit auf dem Weingut. Es sind Motive, die sich in ihrer Normalität verlieren würden, wenn sie nicht gemalt wären. Vor Hitze flirrende Landschaft, welche Weinanbaugebiete umschließt, Schafherden, verdorrte Sträucher oder Olivenpflücker bei der Arbeit sind die konzentrierten Blicke des Fremden in einem Land, dessen Bild durch die Medien als vorgeprägt gilt. Das Heilige Land wird zu einer Landschaft, durch welche sich Erik Schmidt als Beobachter des eigenen Blicks bewegt, der den Widerschein des romantischen Denkens, welches auf die Welt fällt, aufnimmt und in Malerei übersetzt. Seine Malerei als Rekonstruktion dieses Blicks und ihr Sujet, das Heilige Land als Verortung religiöser und politischer Sehnsucht kreisen um denselben distanzierten Gegenstand von Glauben, Begehren oder Fetisch. Die Motive verwandeln sich durch die Malerei in interpretierbare Codes der gegenwärtigen Welt und fügen den assoziations¬reichen Ort ihrer Entstehung mit Erik Schmidts satter Ölmalerei zusammen.

Die Arbeiten von „Working the landscape“ schimmern zwischen der figurativen Erfassung ihres Motivs und dem abstrahierenden Kontrollverlust über die Farbe, die in schweren Schlieren auf der Leinwand aufgeschichtet, ineinander gezogen und gespachtelt wird. Das geordnete, maschinelle Öl-Pointillé der früheren Arbeiten verändert sich zu hoch verdichteten räumlichen Farbmassen, die sich mit monochromen Farbflächen abwechseln. Das Motiv löst sich immer häufiger in seiner Farbe auf und setzt sich erst mit der Neuordnung des Blicks wieder zu dem zusammen, was als Dornbusch, Weinpflücker oder Schafherde identifizierbar ist. Erik Schmidt evoziert ein historisches Paradigma der Malerei, in dem er sie als physisch erfahrbar zeigt, in ihrem multiplen Charakter aus permanentem Täuschungsversuch, Projektionsfläche und Fetisch des begehrenden Blicks.

Gleichzeitig reflektiert Erik Schmidt über den Status des eigenen Künstlertums. Er entwickelt sein Künstlerselbstverständnis von einer autonomen und reflektierenden Randfigur des gesellschaftlichen Geschehens konzeptuell weiter, was sich in der Genealogie seiner Themen von den Anzugträgern und Großstadtarchitekturen, über die Rituale der Jagd bis nun zu den aktuellen orientalen Landschaften zeigt. Dass es dabei immer um den Code des Bildes geht, der etwas aus den Stereotypen seines Ursprungs hinüber in die zeitgenössische Ikonographie des Künstlers transportiert, der seine eigene künstlerische Schicht über das Bild legt, ist eines der wesentlichen Momente in Erik Schmidts Arbeit. Wie das Heilige Land selbst, das als Schmelztiegel und Brennpunkt dreier Weltreligionen, als eine Konstruktion des Glaubens, der Phantasie und der politischen Sehnsucht funktioniert, entwickelt Erik Schmidt eine Malerei, welche mit diesen archaischen Kräften spielt und zugleich ihren romantischen Code repräsentiert.

Nach Erik Schmidts Einzelausstellung im Museum MARTa Herford 2007 und Soloauftritten in Madrid, Paris und New York ist „Working the landscape“ die vierte Einzelausstellung bei carlier | gebauer. Zur Ausstellung erscheint eine Künstlerpublikation mit einem Beitrag von April Elizabeth Lamm.